1. Eine im Iran zu befürchtende Bestrafung aufgrund außerehelichen Geschlechtsverkehrs stellt keine politische Verfolgung nach Art. 16 a Abs. 1 GG bzw. § 60 Abs. 1 AufenthG dar.
2. Partner einer wegen des Vorhandenseins eines Kindes nicht zu verheimlichenden nichtehelichen familiären Lebensgemeinschaft haben im Iran eine unmenschliche und erniedrigende Bestrafung nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK von bis zu 99 Peitschenhieben zu befürchten.
3. Vor dem Hintergrund des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG sowie der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG kann dem Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht angesonnen werden, eine für den Fall einer Rückkehr in sein Heimatland bestehende Gefährdung im Wege einer Eheschließung zu verringern.
1. Eine im Iran zu befürchtende Bestrafung aufgrund außerehelichen Geschlechtsverkehrs stellt keine politische Verfolgung nach Art. 16 a Abs. 1 GG bzw. § 60 Abs. 1 AufenthG dar.
2. Partner einer wegen des Vorhandenseins eines Kindes nicht zu verheimlichenden nichtehelichen familiären Lebensgemeinschaft haben im Iran eine unmenschliche und erniedrigende Bestrafung nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK von bis zu 99 Peitschenhieben zu befürchten.
3. Vor dem Hintergrund des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG sowie der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG kann dem Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht angesonnen werden, eine für den Fall einer Rückkehr in sein Heimatland bestehende Gefährdung im Wege einer Eheschließung zu verringern.
(Amtliche Leitsätze)
Zur Begründung seines Asylfolgeantrags hat sich der Kläger allein darauf berufen, in Deutschland eine nichteheliche Beziehung mit einer Frau eingegangen zu sein, die, wie er auch, die iranische Staatsangehörigkeit besitzt und die auch in Deutschland um die Gewährung von Asyl nachgesucht hat. Aus dieser Verbindung sei am 01.06.2004 das Kind XXX, seine Tochter, hervorgegangen, deren Vaterschaft er vor dem zuständigen Jugendamt anerkannt habe. Das Führen einer nichtehelichen Beziehung stehe indes im Iran unter Strafe, weshalb er im Falle einer Gefährdung in den Iran etwa eine Steinigung zu befürchten habe.
Dieser Vortrag ist nicht geeignet, einen der Wiederaufgreifensgründe des § 51 Abs.1 VwVfG (i.V.m. § 71 Abs.1 AsylVfG) im Hinblick auf die mit ihm geltend gemachte politische Verfolgung zu begründen. Im Gegenteil ist er von vornherein nach jeder vernünftigerweise vertretbaren Betrachtungsweise ungeeignet, dem Kläger zu einer Asylberechtigung oder zu der Rechtsstellung nach der Genfer Flüchtlingskonvention gem. § 60 Abs.1 AufenthG zu verhelfen.
Zutreffend hat bereits das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in seinem Bescheid vom 12.10.2004 ausgeführt, dass die von dem Kläger befürchtete Bestrafung im Iran wegen unerlaubten Geschlechtsverkehrs keine politische Verfolgung im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG bzw. nach der Regelung des § 60 Abs. 1 AufenthG darstellt. Die entsprechenden einschlägigen Vorschriften des islamischen Strafrechtes bezwecken den Schutz der öffentlichen Moral und Sitte. Dabei lässt sich eine Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale bzw. die von § 60 Abs.1 AufenthG erfassten Gesichtspunkte gerade nicht feststellen. Die im Islam vorgesehenen Strafen wegen außerehelichen Geschlechtsverkehrs knüpfen an ein den islamischen Wertvorstellungen widersprechendes individuelles Verhalten und nicht an eine eine Person schicksalhaft prägende asylrelevante Eigenschaft an (vgl. etwa VG Münster, Urt. v. 10.12.2002 - 5 K 3970/98.A - <Juris>).
Dem Kläger kommt indes ein Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Aussetzung einer Abschiebung in den Iran nach § 60 Abs. 5 AufenthG zu.
Einer Entscheidung zugunsten des Klägers nach § 60 Abs.5 AufenthG steht zunächst entgegen der Auffassung der Beklagten nicht eine Versäumung der Drei-Monats-Frist des § 51 Abs. 3 VwVfG entgegen. Das Gericht folgt insoweit der Auffassung des Klägers, wonach sich gerade durch die Geburt seiner Tochter am ... 2004 die der ursprünglichen Entscheidung des Bundesamts vom 04.02.2000 zugrunde gelegte Sachlage nachträglich zu seinen Gunsten geändert hat. Denn aufgrund der Geburt der Tochter ist es für den Kläger wesentlich schwerer geworden, die von ihm gelebte nichteheliche Beziehung zu seiner Lebensgefährtin nicht nach außen hin in Erscheinung treten zu lassen.
Die Konsequenzen der Führung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft im Iran, die der Kläger dort insbesondere wegen seiner Tochter nicht verheimlichen könnte, sind in mehreren dem Verwaltungsgericht zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen dargestellt (vgl. etwa Auswärtiges Amt, Auskunft v. 06.06.2002 an das VG Köln, Deutsches Orient-Institut, Stellungnahmen v. 04.11.1998 an das VG Augsburg, v. 08.04.2002 an das VG Wiesbaden und vom 27.02.2003 an das VG Darmstadt). Hiernach besteht für den Kläger für den Fall seiner nunmehrigen Rückkehr in den Iran die beachtliche Wahrscheinlichkeit, einer unmenschlichen und erniedrigen Bestrafung durch Peitschenhiebe wegen illegalen Geschlechtsverkehrs ausgesetzt zu werden.
Die angesprochenen Erkenntnisquellen lassen sich dahingehend zusammenfassen, dass der Kläger zunächst den Straftatbestand des Art. 88 des islamischen Strafgesetzbuches verwirklicht hat, der eine sog. Hadd-Strafe in Höhe von 100 Peitschenhieben vorsieht, bei welcher es sich um eine aus dem Koran abgeleitete absolute "Gottesstrafe" handelt. Wegen der für die sog. Hadd-Strafen geltenden sehr hohen Beweisanforderungen, die auch dann gelten, wenn, wie im vorliegenden Fall, offensichtlich ist, dass ein unerlaubter Geschlechtsverkehr stattgefunden hat, weil die Lebensgefährtin des Klägers ein Kind geboren hat, dürfte allerdings die Verwirklichung des Tatbestands des Art. 88 des islamischen Strafgesetzbuches gegenüber dem Kläger nicht nachgewiesen werden können. Jedoch käme für diesen Fall eine Bestrafung des Klägers aufgrund des sog. "gewöhnlichen" Tazir-Strafrechtes nach den Art. 637 ff. des islamischen Strafgesetzbuches in Betracht. So sieht insbesondere Art. 637 für eine ungesetzliche Beziehung oder eine sittenlose Tat eines Mannes und einer Frau außer Unzucht eine Strafe von bis zu 99 Peitschenhieben vor. Im Rahmen des sog. Tazir-Strafrechtes gelten nicht die sehr hohen Beweisanforderungen des Hadd-Strafrechtes, welches im Grundsatz einen Nachweis der Tathandlung durch mehrere Zeugen erfordert. Das Tazir-Strafrecht sieht auch den bloßen Indizienbeweis vor. Der Umstand, dass eine Tazir-Strafe nach dem Ermessen des zuständigen Richters - ohne dass hierauf ein Rechtsanpruch besteht - abgekauft werden kann, kann nach der Auffassung des Gerichts wegen der diesbezüglichen Ungewissheit nicht dazu führen, die angenommene Gefährdung des Klägers für den Fall seiner Rückkehr in den Iran als weniger hoch einzuschätzen (vgl. ebenso VG Darmstadt, Urt. v. 16.02.2004, NVwZ-RR 2004, 615, VG Münster, Urt. v. 10.12.2002 - 5 K 3970/98.A - und Urt. v. 16.01.2004 - 7 K 1778/98.A - <jeweils nachgewiesen bei juris>).
Der von dem Gericht angenommenen Gefährdungslage nach § 60 Abs.5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegen halten, es sei dem Kläger unbenommen, durch eine Heirat im Bundesgebiet seine Beziehung zu der Lebensgefährtin zu legalisieren und auf diese Weise jedenfalls einer erhöhten Aufmerksamkeit für den Fall einer Rückkehr in den Iran zu entgehen. Denn die Entscheidung des Klägers und seiner Lebensgefährtin, derzeit noch keine Ehe einzugehen und ihre Verbindung als nichteheliche Lebensgemeinschaft weiterzuführen, entspricht deren allgemeinem Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG sowie auch deren allgemeiner Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG. Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund kann dem Kläger aber seitens staatlicher Stellen nicht angesonnen werden, seine persönlichen Lebensverhältnisse in einer bestimmten Weise - etwa durch die Führung einer Ehe - zu gestalten. Der Kläger ist daher nicht verpflichtet, die für seinen Fall angenommene Gefährdung seiner Person für den Fall einer Rückkehr in den Iran im Wege einer Eheschließung zu verringern. Die Beklagte hat insoweit vielmehr die Entscheidung des Klägers zur Ausgestaltung seiner persönlichen Lebensverhältnisse zu respektieren.
Für den Kläger besteht nach allem für den Fall seiner Rückkehr in den Iran zusammen mit seiner Partnerin und seinem nichtehelichen Kind die beachtliche Wahrscheinlichkeit, alsbald zu der unmenschlichen und erniedrigenden Strafe von bis zu 99 Peitschenhieben verurteilt zu werden. Bei dieser Sachlage aber ist seine Abschiebung nach § 60 Abs. 5 i.V.m. Art. 3 EMRK unzulässig, was zu der Verurteilung der Beklagten entsprechend der tenorierten Entscheidung führt.