Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK wegen Schutzes des Privatlebens für gut integrierte Jugendliche; fehlende Sicherung des Lebensunterhalts von Kindern und Jugendlichen schließt Aufenthaltserlaubnis nicht aus; Leistungsbezug der Eltern schließt Schutz der Kinder nicht zwingend aus, ist aber bei der Abwägung zu berücksichtigen; Zeiten mit nur geduldetem Aufenthalt können außer bei besonders intensiven Bindungen an das Bundesgebiet kein Aufenthaltsrecht vermitteln; ein Ausreisehindernis nach § 25 Abs. 5 AufenthG liegt auch bei Unzumutbarkeit der Ausreise vor, insbesondere bei grundrechtlich begründeten Abschiebungshindernissen.
Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 8 EMRK wegen Schutzes des Privatlebens für gut integrierte Jugendliche; fehlende Sicherung des Lebensunterhalts von Kindern und Jugendlichen schließt Aufenthaltserlaubnis nicht aus; Leistungsbezug der Eltern schließt Schutz der Kinder nicht zwingend aus, ist aber bei der Abwägung zu berücksichtigen; Zeiten mit nur geduldetem Aufenthalt können außer bei besonders intensiven Bindungen an das Bundesgebiet kein Aufenthaltsrecht vermitteln; ein Ausreisehindernis nach § 25 Abs. 5 AufenthG liegt auch bei Unzumutbarkeit der Ausreise vor, insbesondere bei grundrechtlich begründeten Abschiebungshindernissen.
(Leitsatz der Redaktion)
III. Die Kläger haben einen Anspruch auf die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach § 25 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) bzw. Art. 6 des Grundgesetzes (GG).
1. Den Klägern, die seit dem Abschluss ihrer Asylverfahren vollziehbar ausreisepflichtig sind (vgl. § 50 Abs. 1 und § 58 Abs. 2 AufenthG), ist die Ausreise unmöglich im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG.
Von der Unmöglichkeit der Ausreise im Sinne dieser Vorschrift kann nur dann ausgegangen werden, wenn sowohl die freiwillige Ausreise als auch die zwangsweise Rückführung des Ausländers (Abschiebung) aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist (dazu eingehend VG Braunschweig, Urt. vom 29.06.2005 - 6 A 171/05 - m. w. N., juris; im Ergebnis ebenso Vorläufige Nds. Verwaltungsvorschrift zum Aufenthaltsgesetz - Stand: 30.11.2005 -, Nrn. 25.5.2 und 25.5.2.1). Dies ist hier der Fall. Die Abschiebung der Kläger ist aus rechtlichen Gründen - für die Kläger zu 3) und 4) im Hinblick auf ihre Rechte aus Art. 8 EMRK (a) und für die Kläger zu 1) und 2) im Hinblick auf ihre Rechtsstellung nach Art. 6 GG (b) - unmöglich. Infolgedessen ist auch eine freiwillige Ausreise der Kläger als unmöglich im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG anzusehen (c).
a) Die Abschiebung der Kläger zu 3) und 4) würde ihre aus Art. 8 EMRK resultierenden Rechte verletzen und ist daher aus rechtlichen Gründen unmöglich.
aa) Das Recht auf Achtung des Privatlebens im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EMRK ist weit auszulegen und umfasst seinem Schutzbereich nach u. a. das Recht auf die Entwicklung der Person und das Recht darauf, Beziehungen zu anderen Personen und zur Außenwelt anzuknüpfen und zu entwickeln und damit auch die Gesamtheit der im Land des Aufenthalts gewachsenen Bindungen (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. vom 11.05.2006, InfAuslR 2006, 329, 330). Aufenthaltsbeendende Maßnahmen können daher zu einem Eingriff in das Recht des Ausländers auf Achtung des Privatlebens führen, wenn er in dem Staat seines Aufenthalts über intensive Bindungen verfügt. Das Recht des Ausländers wird nicht verletzt, wenn der Eingriff sich als eine gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahme darstellt und damit dem in dieser Vorschrift geregelten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Die Abschiebung kann danach zu einer Rechtsverletzung führen, wenn der Ausländer aufgrund eines langjährigen Aufenthalts in der Bundesrepublik gesellschaftlich integriert und die Aufenthaltsbeendigung nicht aus überwiegenden Gründen gerechtfertigt ist (vgl. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte - EGMR -, Urt. vom 16.06.2005, InfAuslR 2005, 349 f.; Niedersächsisches OVG, Beschl. vom 11.05.2006, aaO., S. 330 f.; VG Braunschweig, Beschl. vom 10.01.2006 - 6 B 432/05 -). Auf die Rechte aus Art. 8 EMRK können sich auch Minderjährige - wie die Kläger zu 3) und 4) - berufen (Grabenwarter, EMRK, 2. Aufl., § 22 Rn 3).
Die Abschiebung eines sich über einen langen Zeitraum in der Bundesrepublik aufhaltenden Ausländers ist eine im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK notwendige Maßnahme, wenn die erforderliche Interessenabwägung ergibt, dass das gesetzlich legitimierte öffentliche Interesse, die Zuwanderung von Ausländern unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Bundesrepublik zu begrenzen, das Interesse des Ausländers an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegt. Das ist nicht der Fall, wenn der Ausländer aufgrund einer vollständigen Integration in die Gesellschaft der Bundesrepublik faktisch zu einem Inländer geworden ist und ihm ein Leben im Staat seiner Staatsangehörigkeit daher nicht zugemutet werden kann (vgl. z. B. OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. vom 24.02.2006, InfAuslR 2006, 274, 275 m. w. N.). Ob von einer derart weitreichenden Integration des Ausländers auszugehen ist, hängt von einer Vielzahl von Faktoren und damit von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab. Insbesondere ist dafür grundsätzlich von Bedeutung, inwieweit der Ausländer soziale Kontakte im Bundesgebiet auch zu Personen außerhalb seiner Familie unterhält, inwieweit er aufgrund seiner Kenntnisse der deutschen Sprache zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik fähig ist, in welchem Umfang er erwerbstätig ist und war und seinen Lebensunterhalt ohne die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann und wie lange er bereits im Bundesgebiet lebt (vgl. z. B. VG Braunschweig, Beschl. vom 10.01.2006 - 6 B 432/05 -; Marx, ZAR 2006, 261, 267 m. w. N.). Daneben ist zu berücksichtigen, über welche Beziehungen der Ausländer zu dem Staat verfügt, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, aaO., S. 275 f.). Liegt der Schwerpunkt seiner sozialen Kontakte noch im Herkunftsstaat und sind intensive soziale Kontakte im Bundesgebiet nicht zu erkennen, so kann dies darauf hindeuten, dass es dem Ausländer an dem für eine erfolgreiche Integration erforderlichen Integrationswillen fehlt.
bb) Das Gericht ist unter Berücksichtigung dieser Kriterien und der besonderen Umstände des vorliegenden Falles - insbesondere auch nach dem persönlichen Eindruck, den es in dem Erörterungstermin von den Klägern gewinnen konnte - zu der Überzeugung gelangt, dass die Kläger zu 3) und 4) als faktische Inländer anzusehen sind und ihre Abschiebung nach Art. 8 EMRK nicht zu rechtfertigen ist.
Die Kläger zu 3) und 4) sind zur Überzeugung des Gerichts vollständig in die Gesellschaft der Bundesrepublik integriert. Sie reisten als Kleinkinder - im Alter von 15 Monaten bzw. drei Jahren - in die Bundesrepublik ein, sind hier aufgewachsen und nicht straffällig geworden. Seit 14 Jahren leben sie im Bundesgebiet und sind seither nicht mehr in Serbien gewesen. Beide Kläger beherrschen die deutsche Sprache akzentfrei. Die Schule haben sie nur im Bundesgebiet besucht.
Die Kläger zu 3) und 4) haben zusammen mit ihren Eltern in besonderem Maße soziale Bindungen zu ihren deutschen Mitbürgerinnen und Mitbürgern aufgebaut.
Die Beziehungen der Kläger zu 3) und 4) in das Kosovo sind demgegenüber nach den glaubhaften Angaben der Kläger derart geringfügig, dass sie unter Berücksichtigung ihrer abgeschlossenen Integration in die Gesellschaft der Bundesrepublik in Bezug auf den Staat ihrer Staatsangehörigkeit als "entwurzelt" anzusehen sind und eine Reintegration dort unzumutbar ist.
Da nach allem davon auszugehen ist, dass die Kläger zu 3) und 4) zu faktischen Inländern geworden sind und ihnen eine Rückkehr in das Kosovo nicht zumutbar ist, kann das Gericht offen lassen, ob im Falle einer abgeschlossenen Integration von Kindern oder Jugendlichen in die Gesellschaft der Bundesrepublik für einen Anspruch aus Art. 8 EMRK noch geprüft werden muss, inwieweit eine Integrationsfähigkeit in Bezug auf das Herkunftsland gegeben ist (siehe dazu einerseits VG Karlsruhe, Beschl. vom 23.11.2005, AuAS 2006, 50, 51; andererseits Niedersächsisches OVG, Beschl. vom 11.04.2006 - 10 ME 58/06 -; Hessischer VGH, Beschl. vom 15.02.2006, AuAS 2006, 182, 184; weitere Nachweise bei Marx, ZAR 2006, 261, 267).
Im Rahmen der nach Art. 8 Abs. 2 EMRK erforderlich werdenden Interessenabwägung kann nach den besonderen Umständen des vorliegenden Falles nicht entscheidend zu Lasten der Kläger zu 3) und 4) darauf abgestellt werden, dass ihre Eltern während des Aufenthalts im Bundesgebiet überwiegend öffentliche Mittel in Anspruch genommen haben, um den Lebensunterhalt der Familie zu sichern, und derzeit nicht erwerbstätig sind. Art. 8 EMRK gewährt dem einzelnen Ausländer ein Recht auf Achtung des Privatlebens. Ob der Ausländer zu einem faktischen Inländer geworden und seine Abschiebung daher nicht nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt ist, hängt daher von seinen individuellen Möglichkeiten ab, die entscheidend von seinem Lebensalter mitbestimmt werden. Auf dieser Grundlage kann bei Kindern und Jugendlichen, die ihren Lebensunterhalt aufgrund ihres Lebensalters noch nicht selbst durch Erwerbstätigkeit sicherstellen können und dürfen, für die Verwurzelung in die Gesellschaft des Bundesrepublik nur die Integration in eine Schul-, Hochschul- oder Berufsausbildung und nicht die Innehabung eines Arbeitsplatzes verlangt werden. Im Allgemeinen wird aus denselben Gründen für die Frage nach der Verwurzelung minderjähriger Ausländer daher im Allgemeinen auch nicht entscheidend darauf abgestellt werden dürfen, ob die Familie von öffentlichen Mitteln lebt (im Ergebnis ebenso OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. vom 24.02.2006, InfAuslR 2006, 274, 276; Marx, aaO., S. 267; anderer Ansicht im Ergebnis VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 18.01.2006, ZAR 2006, 142, 144 f.; Hoppe, ZAR 2006, 125, 129 f.). Dem kann nicht entgegengehalten werden, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleiste das Familienleben als "paralleles Schutzgut" mit der Folge, dass es für die Frage nach der Integration eines Kindes oder Jugendlichen stets darauf ankomme, inwieweit sich seine Familie in die Lebensverhältnisse im Bundesgebiet integriert habe (so aber VGH Baden-Württemberg, aaO.). Denn nach Art. 8 Abs. 1 EMRK werden die Rechte auf Achtung des Privatlebens und des Familienlebens unabhängig voneinander garantiert.
Allerdings darf die wirtschaftliche Integration der Familie bei der Frage nach einem Schutzanspruch der Kinder gemäß Art. 8 EMRK nicht völlig unberücksichtigt bleiben (so im Ergebnis auch VGH Baden-Württemberg, aaO. und Hoppe, aaO., S. 130). Da Kinder und Jugendliche ohne eigenes Erwerbseinkommen ihren Lebensunterhalt in der Bundesrepublik nicht selbstständig sichern können, liegt es grundsätzlich im legitimen öffentlichen Interesse, bei der Entscheidung über die Aufenthaltsbeendigung die Erforderlichkeit öffentlicher Mittel zur Finanzierung des Lebensunterhalts der Familie zu berücksichtigen. Das Kriterium einer aktuell bestehenden Hilfebedürftigkeit der Familie darf in diesem Zusammenhang jedoch nicht schematisch gehandhabt werden. Es handelt sich um einen Gesichtspunkt, der im Rahmen der nach Art. 8 Abs. 2 EMRK durchzuführenden Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles gegen die für einen Verbleib im Bundesgebiet sprechenden Kriterien, insbesondere eine abgeschlossene Integration in die Gesellschaft der Bundesrepublik, abzuwägen ist. Danach wird der Tatsache, dass die Familie gegenwärtig auf öffentliche Mittel zur Sicherstellung des Lebensunterhalts angewiesen ist, regelmäßig jedenfalls dann keine entscheidende Bedeutung für den Schutzanspruch von aufgrund besonderer sozialer Bindungen faktisch zu Inländern gewordener Kinder zukommen, wenn ein Elternteil erhebliche Anstrengungen unternommen hat, um den Lebensunterhalt aus eigenem Erwerbseinkommen zu bestreiten, diese Bemühungen aber auch aufgrund aufenthaltsrechtlicher Beschränkungen nicht zu einem fortdauernden Arbeitsverhältnis geführt haben und die begründete Aussicht besteht, dass nach der mit der Erteilung eines Aufenthaltstitels verbundenen Verfestigung des Aufenthalts eine unterhaltspflichtige Person Erwerbseinkommen erzielen wird. So ist es hier.
Der Kläger zu 1) hat sich um die erforderlichen Arbeitserlaubnisse bemüht. Wiederholt wurden seine Anträge jedoch abgelehnt. Soweit er Arbeitserlaubnisse erhalten hat, ist der Kläger erwerbstätig gewesen. Hinzu kommt, dass er die unbefristete Einstellungszusage einer Trockenbaufirma vorgelegt hat.
Angesichts dieser Besonderheiten, nach denen die begründete Aussicht besteht, dass der Kläger zu 1) im Fall der Erteilung eines Aufenthaltstitels ein Erwerbseinkommen erzielen wird, und unter Berücksichtigung der besonderen Bindungen der Kläger zu 3) und 4) im Bundesgebiet, derentwegen sie als faktische Inländer anzusehen sind, kann der Tatsache, dass die Familie in der Vergangenheit weitgehend auf öffentliche Mittel angewiesen war und derzeit ein Erwerbseinkommen in der Familie nicht erzielt wird, daher jedenfalls keine maßgebliche Bedeutung zukommen. Dass die Kläger zu 3) und 4) aufgrund ihrer bisherigen Ausbildung keinen Arbeitsplatz im Bundesgebiet finden werden, ist nach gegenwärtigem Sachstand nicht mit der für die Ablehnung eines Schutzanspruchs nach Art. 8 EMRK erforderlichen Sicherheit vorauszusehen.
cc) Dem Schutzanspruch aus Art. 8 EMRK steht nicht entgegen, dass die Kläger sich nur bis zum Ende des Asylerstverfahrens rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, in der Folgezeit aber lediglich im Besitz von Duldungen und damit rechtlich zur Ausreise verpflichtet gewesen sind (vgl. § 56 Abs. 1 AuslG, § 60a Abs. 3 AufenthG).
Aufenthaltszeiten, in denen der Aufenthalt des Ausländers lediglich geduldet war, müssen bei der Prüfung eines Schutzanspruchs nach Art. 8 EMRK nicht von vornherein unberücksichtigt bleiben (im Ergebnis ebenso VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 18.01.2006, ZAR 2006, 142, 144; Niedersächsisches OVG, Beschl. vom 11.04.2006 - 10 ME 58/06 -; VG Darmstadt, Beschl. vom 21.12.2005, Asylmagazin 1-2/2006, 39, 40; VG Stuttgart, Urt. vom 11.10.2005, InfAuslR 2006, 14, 15; Marx, ZAR 2006, 261, 264, 265 f.; anderer Ansicht VG Karlsruhe, Urt. vom 07.09.2005 - 4 K 4704/02 -). Die Ausreisepflicht des Ausländers als zwingendes Ausschlusskriterium anzusehen, wäre nicht mit der weiten Auslegung vereinbar, die der Begriff des "Privatlebens" in Art. 8 Abs. 1 EMRK durch die Konventionsorgane erfahren hat und nach der die Regelung sowohl den Kernbereich der Persönlichkeit als auch die Beziehungen zu anderen Menschen schützt (vgl. dazu Grabenwarter, EMRK, 2. Aufl., § 22 Rn 6). Darüber hinaus ließe sich ein zwingendes Ausschlusskriterium dieser Art nicht mit Art. 8 Abs. 2 EMRK vereinbaren, der eine am Einzelfall orientierte Interessenabwägung erfordert. Ob der Ausländer als faktischer Inländer anzusehen ist, ist anhand faktischer Gesichtspunkte zu beurteilen. Dass ein unerlaubter Aufenthalt eine faktische Verwurzelung in die Gesellschaft der Bundesrepublik nicht begründen kann, ist nicht durch empirisch nachprüfbare Tatsachen belegt. Dementsprechend hat auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Verfahren da Silva und Hoogkamer entschieden, ein unrechtmäßiger Aufenthalt könne einen aus Art. 8 EMRK herzuleitenden Anspruch "im Allgemeinen" nicht begründen, und unter Berücksichtigung der Besonderheiten des konkreten Falles eine Ausnahme zugelassen (vgl. Urt. vom 31.01.2006, InfAuslR 2006, 298, 299). Auch in der Rechtssache Sisojeva hat der Gerichtshof einen ungerechtfertigten Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens angenommen, ohne darauf einzugehen, dass der Aufenthalt der Berechtigten nach dem maßgeblichen staatlichen Recht zeitweise unrechtmäßig gewesen ist ("temporary residence permits" in der englischen Originalfassung der Entscheidungsgründe, EGMR, Urt. vom 16.06.2005, InfAuslR 2005, 349, 350; siehe dazu auch VG Darmstadt, aaO., S. 40).
Andererseits darf aber auch nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben, dass der Ausländer während seines Aufenthalts zur Ausreise verpflichtet gewesen ist. Grundsätzlich kann auf der Grundlage eines unrechtmäßigen, die Ausreisepflicht unberührt lassenden Aufenthalts ein schutzwürdiges Vertrauen des Ausländers auf einen dauerhaften Verbleib im Bundesgebiet nicht entstehen. Es besteht in diesen Fällen regelmäßig ein gesteigertes öffentliches Interesse daran, den Aufenthalt unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie der wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen der Bundesrepublik zu beenden (vgl. § 1 Abs. 1 AufenthG und VG Braunschweig, Beschl. vom 10.01.2006 - 6 B 432/05 - m. w. N.). Bei unbegrenzter Berücksichtigung derartiger Aufenthaltszeiten wäre der auch unter dem Blickwinkel der Europäischen Menschenrechtskonvention legitime gesetzliche Zweck der Einwanderungskontrolle nicht effektiv zu verwirklichen.
Ein unerlaubter Aufenthalt kann einen Schutzanspruch des Ausländers auf der Grundlage seines Rechts auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 EMRK daher in der Regel nicht begründen (ebenso Niedersächsisches OVG, Beschl. vom 11.04.2006 - 10 ME 58/06 -; VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 18.01.2006, ZAR 2006, 142, 144; VG Oldenburg, Urt. vom 03.05.2006 - 11 A 2646/05 -; siehe auch Hessischer VGH, Beschl. vom 15.02.2006, AuAS 2006, 182, 184). Im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung ergibt sich ein Schutzanspruch in einem solchen Fall jedoch ausnahmsweise, wenn der Ausländer nach den Umständen des Einzelfalles aufgrund besonders intensiver Bindungen im Bundesgebiet gleichwohl faktisch zum Inländer geworden ist und ihm damit eine andere Entscheidung als die Legitimation seines Aufenthalts nicht zumutbar wäre (im Ergebnis ebenso VG Oldenburg, aaO.). So ist es hier.
Die bereits im Kleinkindalter eingereisten Kläger zu 3) und 4) haben während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet soziale Bindungen in einem derart außergewöhnlichen Umfang und einer Intensität aufgebaut, dass die Bundesrepublik faktisch zu ihrer Heimat geworden ist und sie selbst eine gesellschaftliche Stellung erreicht haben, die sich nicht mehr von der gleichaltriger Inländer unterscheidet. Aufgrund der abgeschlossenen Integration greift das öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle, das im Hinblick auf ausreisepflichtige Ausländer sonst grundsätzlich für eine Aufenthaltsbeendigung spricht, im vorliegenden Fall nicht mehr durch.
Anders ist der Fall auch nicht etwa deshalb zu beurteilen, weil es den ausreisepflichtigen Klägern seit einiger Zeit möglich gewesen ist, freiwillig in das Kosovo zurückzukehren (vgl. dazu Niedersächsisches OVG, Beschl. vom 01.09.2006 - 8 LA 101/06 -, juris; siehe auch Hoppe, ZAR 2006, 125, 128). Für ein zwingendes Ausschlusskriterium dieser Art bieten die Regelungen in Art. 8 EMRK nach Wortlaut, Zweck und Systematik keine Grundlage (im Ergebnis ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 07.02.2006, NVwZ-RR 2006, 576, 577). Ob ein Ausländer als faktischer Inländer anzusehen und die Aufenthaltsbeendigung daher unter Berücksichtigung auch der öffentlichen Interessen unzumutbar ist, lässt sich nur durch eine wertende, die besonderen Umstände des Einzelfalles berücksichtigende Abwägung der gegenläufigen Interessen beurteilen. Die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise kann dabei insbesondere im Hinblick auf minderjährige Ausländer nicht von entscheidendem Gewicht sein: Ob der Ausländer als faktischer Inländer anzusehen ist, bestimmt sich nach den faktischen Integrationsleistungen, insbesondere nach den im Bundesgebiet entstandenen Bindungen. Aus diesen Gründen steht auch die Ausreisepflicht als solche einem Schutzanspruch aus Art. 8 EMRK nicht zwingend entgegen (s. o.). Dem Erfordernis einer wertenden Interessenabwägung wird es nicht gerecht, wenn der Schutzanspruch ausreisepflichtiger Ausländer nach Art. 8 EMRK zwingend im Falle der "Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise" verneint und dafür lediglich verlangt wird, dass die Ausreise technisch möglich ist. Nicht alles was technisch möglich ist, darf von den Betroffenen aus rechtlichen Gründen gefordert werden. Dementsprechend hat auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seiner Rechtsprechung zu den Ausländerrechten aus Art. 8 EMRK nicht auf die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise abgestellt. So hat der Gerichtshof beispielsweise im Verfahren Sisojeva ebenso wie im Rechtsstreit da Silva und Hoogkamer die Rechte aus Art. 8 EMRK ohne auf dieses Kriterium einzugehen als verletzt angesehen, obwohl die Beschwerdeführer sich (teilweise) unrechtmäßig in den Aufnahmestaaten aufgehalten hatten, einer freiwilligen Ausreise jedoch keine Hindernisse entgegenstanden (vgl. EGMR, Urt. vom 16.06.2005, InfAuslR 2005, 349 f. und vom 31.01.2006, InfAuslR 2006, 298 f.).
Die vorliegende Entscheidung weicht damit jedenfalls im Ergebnis auch nicht von einer Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts ab. Der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat in seinem Beschluss vom 1. September 2006 (8 LA 101/06) - wie durch den Leitsatz der Entscheidung klargestellt wird - die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise nicht als zwingendes Ausschlusskriterium angesehen, sondern Raum gelassen für eine am Einzelfall orientierte Gewichtung dieses Gesichtspunktes.
b) Die Abschiebung der Kläger zu 1) und 2) würde im Hinblick darauf, dass die zwangsweise Rückführung der Kläger zu 3) und 4) nach Art. 8 EMRK rechtlich unmöglich ist, zur Trennung der Eltern von ihren minderjährigen Kindern führen und damit die Grundrechte der Eltern aus Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GG verletzen.
c) Den Klägern ist auch die freiwillige Ausreise unmöglich.
Nicht nur objektive Hindernisse können zur Unmöglichkeit der Ausreise i. S. des § 25 Abs. 5 AufenthG führen, sondern auch so genannte subjektive Gründe. Eine subjektive Unmöglichkeit (Unvermögen) in diesem Sinne ist auch gegeben, wenn es dem Ausländer unzumutbar ist, in sein Heimatland zurückzukehren; die Möglichkeit, bei entsprechendem Willen tatsächlich in den Herkunftsstaat zurückkehren zu können (Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise), steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht entgegen (VG Braunschweig, Urt. vom 29.06.2005 - 6 A 171/05 -, juris; Urt. vom 24.03.2006 - 8 A 415/05 -; ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 07.02.2006, NVwZ-RR 2006, 576, 577 und Ls. 1; VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 18.01.2006, ZAR 2006, 142, 143; VG Stuttgart, Urt. vom 22.11.2005, NVwZ-RR 2006, 577, 578; VG Darmstadt, Urt. vom 22.11.2005, Asylmagazin 1-2/2006, 40; VG Karlsruhe, Urt. vom 10.08.2006 - 6 K 1981/05 -, juris; VG Hannover, Urt. vom 02.03.2005 - 10 A 1020/04 -; Hoppe, ZAR 2006, 125, 126 Fn. 11; Marx, ZAR 2006, 261, 262; Göbel-Zimmermann, ZAR 2005, 275, 278; Heinhold, Asylmagazin 11/2004, 7, 13; Benassi, InfAuslR 2005, 357, 361; entsprechend auch Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: August 2006, § 25 Rn. 100 und Bundesministerium des Innern, Vorläufige Anwendungshinweise zum AufenthG und zum Freizügigkeitsgesetz/EU, Nr. 25.5.1.2 Satz 2; anderer Ansicht Niedersächsisches OVG, Urt. vom 29.11.2005 - 10 LB 84/05 -, teilweise abgedr. in AuAS 2006, 74 f.; Beschl. vom 24.10.2005 - 8 LA 123/05 -, teilweise abgedr. in ZAR 2006, 31; Beschl. vom 15.11.2005 - 13 LA 356/05 -; VG Oldenburg, Urt. vom 11.05.2005 - 11 A 2574/03 -; VG Osnabrück, Urt. vom 05.04.2005 - 5 A 595/04 -; Nds. Ministerium für Inneres und Sport, Vorläufige Nds. Verwaltungsvorschrift zum AufenthG, Stand 30.11.2005, Nr. 25.5.2).
Dies ergibt sich bereits aus § 25 Abs. 5 Satz 3 und 4 AufenthG. Die dort genannten Verschuldenselemente knüpfen ersichtlich an die Möglichkeit der Zurechnung zu dem betroffenen Ausländer an und setzen einen entsprechend weit gefassten Begriff der Unmöglichkeit der Ausreise voraus. Im Übrigen hebt die Begründung des Regierungsentwurfs ausdrücklich hervor, dass bei der Frage, ob eine Ausreisemöglichkeit bestehe, auch die subjektive Möglichkeit und damit die Zumutbarkeit der Ausreise zu prüfen sei (Bundestags-Drucksache 15/420, S. 80). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Vorgaben im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens aufgegeben worden sind und für die Auslegung der Vorschrift damit nicht zugrunde gelegt werden dürfen. Ziel des Gesetzgebers war es, durch die Regelungen in § 25 Abs. 5 AufenthG sicherzustellen, dass die Praxis der "Kettenduldungen" beendet und der unter dem Ausländergesetz verbreiteten Praxis der Ausländerbehörden entgegengewirkt wird, Ausländern über einen langen Zeitraum zeitlich nur beschränkt gültige Duldungen als Rechtsgrundlage für den Aufenthalt im Bundesgebiet zu erteilen. Diese Verfahrensweise hatte zur Folge, dass die betroffenen Ausländergruppen trotz lang andauernden, zum Teil jahrelangen Aufenthalts im Bundesgebiet und fehlender Aussicht auf den Wegfall der Abschiebungshindernisse nicht in eine gefestigte Aufenthaltsposition kommen konnten. Das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel ließe sich nicht erreichen, wenn die Unmöglichkeit der Ausreise allein nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen wäre. Für die zahlreichen Fälle, in denen die Abschiebung objektiv unmöglich, die freiwillige Ausreise jedoch unzumutbar ist, bliebe es dann bei der Erteilung einer Duldung (s. § 60a Abs. 2 AufenthG). Da eine freiwillige Ausreise in den Anwendungsfällen fast immer objektiv möglich ist, würde die Regelung bei einer dahin gehenden Auslegung nahezu leer laufen.
Darüber hinaus ist die Gegenansicht nicht konsequent, weil sie bei bestimmten zwingenden Abschiebungshindernissen vielfach einen Anspruch nach § 25 Abs. 5 AufenthG wegen einer "rechtlich begründeten" Unzumutbarkeit der freiwilligen Ausreise gewährt und damit einräumt, dass für die Frage nach der Unmöglichkeit der freiwilligen Ausreise eben nicht allein auf die objektive, rein technische Möglichkeit abgestellt werden kann, sondern auf wertende Gesichtspunkte zurückgegriffen werden muss, um den Aufenthalt dauerhaft schutzwürdiger Ausländer zu legalisieren (s. dazu Marx, aaO., S. 262).
Die von der Gegenansicht vorgetragenen Einwände überzeugen nicht. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass das Ziel der Abschaffung von Kettenduldungen im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens aufgegeben und damit nicht Gesetz geworden ist. Es trifft zwar zu, dass eine ausländerrechtliche Duldung, die nach der im Regierungsentwurf zum Ausdruck gekommenen Absicht abgeschafft werden sollte (Bundestags-Drucksache 15/420, S. 79), aufgrund der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses (Bundestags-Drucksache 15/3479, S. 10) auch nach dem Aufenthaltsgesetz möglich bleibt. Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass das Ziel, der schon unter der Geltung des Ausländergesetzes weitgehend einhellig kritisierten Praxis der Kettenduldungen entgegenzuwirken, im Gesetzgebungsverfahren gänzlich aufgegeben wurde. Die Vorschriften über die Duldung wurden nur deswegen auf Anregung der CDU/CSU-Gruppe im Vermittlungsverfahren eingefügt, weil der Regierungsentwurf im Hinblick auf die rechtliche Behandlung von ausreisepflichtigen Ausländern, deren Abschiebung unmöglich ist und die die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht erfüllen, als lückenhaft angesehen wurde (vgl. die Änderungsvorschläge der CDU/CSU-Fraktion zum Regierungsentwurf, abgedr. in: Bundestags-Drucksache 15/955, S. 6, 26). Schließlich gibt es nach den Gesetzesmaterialien auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Begründung des Regierungsentwurfs mit der Erwähnung des Zumutbarkeitskriteriums lediglich die herrschende Rechtsprechung zu § 30 Abs. 3 und 4 AuslG in Bezug nehmen wollte, nach der Zumutbarkeitsgesichtspunkte nur in engen Grenzen zu berücksichtigen gewesen seien. Für eine derartige Einschränkung gibt es weder im Begründungstext noch im Gesetz eine Grundlage. Der Regierungsentwurf spricht nur davon, dass der "Ansatz", auch auf die Zumutbarkeit der freiwilligen Ausreise abzustellen, bereits in den genannten Vorschriften des Ausländergesetzes enthalten sei. Ob diese Interpretation der seinerzeit herrschenden Rechtsprechung entsprach, kann offen bleiben. Denn das Gesetz übernimmt nicht lediglich die Formulierungen des Ausländergesetzes. Die Begründung fordert vielmehr ausdrücklich, im Rahmen der Frage nach der Möglichkeit einer Ausreise auch die subjektive Möglichkeit und damit die Zumutbarkeit der Ausreise zu prüfen.
Nach diesen Maßstäben ist den Klägern die freiwillige Ausreise (subjektiv) unmöglich. Liegt - wie hier - ein objektives rechtliches Abschiebungshindernis vor, so ist grundsätzlich auch von der Unzumutbarkeit der freiwilligen Ausreise auszugehen. Schon mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip, die daraus resultierende Bindung der Behörden an Gesetz und Recht sowie - im Falle eines grundrechtlich begründeten Abschiebungshindernisses - die Grundrechtsbindung aller staatlichen Gewalt besteht in diesen Fällen in aller Regel kein überwiegendes öffentliches Interesse der Ausländerbehörde an einer Ausreise des Ausländers. Das Interesse des Ausländers an einem Verbleib im Bundesgebiet ist in einem solchen Fall rechtlich geschützt (dazu bereits eingehend VG Braunschweig, Urt. vom 29.06.2005 - 6 A 171/05 -).
Die Gegenansicht dürfte im vorliegenden Fall aber zu keinem anderen Ergebnis führen. Soweit dies den der Gegenansicht zuzurechnenden Entscheidungen zu entnehmen ist, wird jedenfalls bei einem Abschiebungshindernis nach Art. 6 Abs. 1 GG bzw. Art. 8 EMRK auch die freiwillige Ausreise als rechtlich unmöglich angesehen (vgl. z. B. Niedersächsisches OVG, Urt. vom 29.11.2005, AuAS 2006, 74, 75: "Ausnahmefall einer rechtlichen Unmöglichkeit der Ausreise"; Marx, aaO., S. 262).
Bei den aus den Bindungen der Kläger im Bundesgebiet resultierenden Ansprüchen aus Art. 8 EMRK bzw. Art. 6 GG handelt es sich um so genannte inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, die einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG begründen können (vgl. dazu Benassi, InfAuslR 2005, 357, 361 m. w. N. und VG Braunschweig, Urt. vom 29.06.2005 - 6 A 171/05 -).
IV. Die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen ist auch nicht nach den allgemeinen Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes ausgeschlossen. Zwar dürften die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 und 2 AufenthG nicht erfüllt sein. Es handelt sich dabei jedoch nicht um zwingende Anforderungen. Die Ausländerbehörde kann von ihnen absehen (vgl. § 5 Abs. 3 Halbs. 2, Abs. 2 Satz 2 AufenthG); bei den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG handelt es sich zudem nur um Regelversagungsgründe. Das der Ausländerbehörde damit grundsätzlich eingeräumte Ermessen ist aber jedenfalls dann auf die Erteilung der Erlaubnis reduziert, wenn die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG erfüllt sind und die Ausreisehindernisse sich aus Art. 8 EMRK bzw. Art. 6 GG ergeben (sog. Ermessensreduzierung auf Null).
Insbesondere kann die Ausländerbehörde den Klägern ihre derzeit bestehende Mittellosigkeit (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG) insoweit nicht entgegenhalten. Da die Ausreise der Kläger aus den dargelegten Gründen rechtlich unmöglich ist und ihr Verbleiben im Bundesgebiet damit feststeht, würde die Versagung der Aufenthaltserlaubnis die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel nicht verhindern können. Weil der Kläger zu 1) im Übrigen dargelegt hat, dass er sich um eine Erwerbstätigkeit bemüht hat, und die unbefristete Einstellungszusage eines Arbeitgebers vorliegt, ist ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Versagung der Aufenthaltserlaubnisse gegenwärtig jedenfalls nicht ersichtlich. Vielmehr ist ein Arbeitsplatz nach allen Erfahrungen leichter zu finden, wenn der Ausländer im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist und sein Aufenthalt nicht lediglich geduldet wird (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. vom 24.02.2006, InfAuslR 2006, 274, 277; VG Stuttgart, Urt. vom 11.10.2005, InfAuslR 2006, 14, 16; Göbel-Zimmermann, ZAR 2005, 275, 281).