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VG Hamburg

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Zitieren als:
VG Hamburg, Beschluss vom 12.10.2006 - 10 E 2519/06 - asyl.net: M9002
https://www.asyl.net/rsdb/M9002
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Studenten, Arbeitssuche, Aufenthaltszweck, Aufenthaltserlaubnis, Antrag, Verfahrensgegenstand, Arbeitsplatz, Folgenbeseitigungsanspruch, Arbeitsbedingungen, außergewöhnliche Härte, Verlängerung, Aufenthaltsdauer, alleinstehende Personen, vorläufiger Rechtsschutz (Eilverfahren)
Normen: AufenthG § 16 Abs. 4; AufenthG § 18 Abs. 2; AufenthG § 18 Abs. 5; AufenthG § 39 Abs. 2 S. 1; AufenthG § 25 Abs. 4 S. 2; VwGO § 80 Abs. 5
Auszüge:

1. Der vorliegende Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist zulässig, soweit damit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Ablehnung der Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis begehrt wird.

Der Antrag hat indes keinen Erfolg.

b) Derzeit ist nicht ersichtlich, dass dem Antragsteller eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18 Abs. 2 AufenthG erteilt werden könnte. Voraussetzung für die Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels ist ein konkretes Arbeitsplatzangebot (§ 18 Abs. 5).

Es kann dahinstehen, ob das Arbeitsplatzangebot der Fa. K. vom 9.8.2006 schon deshalb im jetzigen Stadium des Verfahrens außer Betracht bleiben muss, weil - so die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 19.9.2006 - das Widerspruchsverfahren lediglich dazu diene, die Versagung der Aufenthaltserlaubnis zur Aufnahme der Tätigkeit bei der Fa. G. zu überprüfen. Für diese Annahme spricht jedenfalls § 18 Abs. 5 AufenthG. Gerade im Hinblick auf diese Vorschrift kann das verfahrensrechtliche Argument herangezogen werden, dass der von einem Ausländer ausweislich seines Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis angestrebte konkrete Aufenthaltszweck den Verfahrensgegenstand bestimmt und begrenzt, so dass hierdurch sowohl der ausländerbehördliche als auch der nachfolgende gerichtliche Prüfungs- und Entscheidungsgegenstand konkretisiert wird (siehe hierzu auch Hess VGH, Beschl. v. 5.2.2004 - 9 TG 2664/03 - InfAuslR 2004, 185/188 f.). Die "Auswechslung" des Arbeitsplatzangebots wäre demnach eine Auswechslung des Verfahrensgegenstandes. Über den geänderten Antrag hat die Antragsgegnerin noch gar nicht entschieden, davon abgesehen dass insoweit vielleicht noch nicht einmal ein an die Behörde gerichteter Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels (§ 81 Abs. 1 AufenthG) vorliegt. Jedenfalls kann sich der Antragsteller aber deshalb nicht auf das Angebot der Fa. K. berufen, weil es keinerlei Angaben hinsichtlich der Arbeitskonditionen enthält. § 18 Abs. 5 AufenthG verlangt aber, wie auch § 39 Abs. 2 Satz 3 AufenthG zeigt, ein nach Arbeitskonditionen prüfbares Angebot.

c) Der Antragsteller wird auch nicht verlangen können, dass ihm wegen angeblichen behördlichen Fehlverhaltens - sei es als Schadensersatz, sei es aus den Gesichtspunkten des Folgenbeseitigungsanspruchs oder der Folgenbeseitigungslast - eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Dabei mag dahinstehen, ob aus diesen Gesichtspunkten überhaupt ein Anspruch auf den Erlass eines Verwaltungsakts (hier Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis) abgeleitet werden kann (vgl. hierzu Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 113 Rn. 83, 227 jeweils m.w.N.; siehe auch BVerwG, Urt. v. 21.8.2003 - BVerwG 2 C 14.02 - DVBl. 2004, 317 ff.). Jedenfalls liegen die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs im vorliegenden Fall nicht vor.

aa) Die dem Antragsteller am 27.1.2005 erteilte Aufenthaltserlaubnis dürfte zwar rechtswidrig gewesen sein. Sie war, obwohl der Antragsteller eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18 Abs. 2 AufenthG beantragt hatte, auf § 16 Abs. 4 AufenthG gestützt und entsprach damit schon nicht dem gestellten Antrag. Dieses Handeln der Antragsgegnerin hat den Antragsteller aber nicht belastet und auch nicht geschädigt. Bei rechtmäßigem Handeln hätte das Bezirksamt ... dem Antragsteller nämlich schon damals weder eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 16 Abs. 4 AufenthG erteilen dürfen - die in dieser Vorschrift enthaltene Jahresfrist war schon vor dem Inkrafttreten des Gesetzes abgelaufen, eine dem Antragsteller günstige Übergangsfrist für einen solchen Fall enthält das Aufenthaltsgesetz nicht -, noch hätte es bei einer durch die Beigeladene durchzuführenden Prüfung der Arbeitsplatzkonditionen des damaligen Beschäftigungsverhältnisses mit der Fa. G. zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 18 Abs. 2 und 4 AufenthG kommen dürfen.

Nach Auffassung des Gerichts dürfte die im Juli 2005 von der Beigeladenen abgegebene Beurteilung, der Antragsteller werde bei der Fa. G. zu ungünstigeren Arbeitsbedingungen als vergleichbare deutsche Arbeitnehmer beschäftigt (§ 39 Abs. 2 Satz 1 am Ende AufenthG), zutreffend gewesen sein. Gerade die vom Antragsteller-Bevollmächtigten mit Schriftsatz vom 28.9.2006 im vorliegenden Verfahren vorgetragenen Zahlen belegen überdeutlich, dass die Arbeitskonditionen des Antragstellers bei der Fa. G. eben nicht orts- und branchenüblich waren. Selbst wenn die dort genannte niedrigste Zahl, nämlich das Jahresbruttogehalt eines angestellten Ingenieurs ohne Berufserfahrung bei Vollzeitbeschäftigung (34.000 EUR), zum Vergleich herangezogen wird, blieb das Gehalt des Antragstellers erheblich unter diesem Betrag.

d) Das Gericht vermag auch nicht erkennen, dass das Verlassen des Bundesgebiets für den Antragsteller aufgrund besonderer Umstände eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde und daher eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG angezeigt wäre.

In diesem Zusammenhang kann nicht übersehen werden, wie es zu der für den Antragsteller sicher nicht einfachen Situation gekommen ist, nach nunmehr 17-jährigem Aufenthalt und im Alter von fast 43 Jahren die Bundesrepublik Deutschland verlassen zu müssen. Er hat sein Studium, für das allein er Aufenthaltsgenehmigungen hatte, nicht eben mit der größten Beschleunigung betrieben; er hat - worauf er in seiner Eingabe an den Eingabenausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft hinwies - sein Studium sogar über mehrere Jahre (1997 bis 2001) nicht betrieben, was er den Ausländerbehörden gegenüber verschwiegen hatte. Letztlich hätte er auf der Grundlage des bis Ende 2004 geltenden Ausländergesetzes nach dem Abschluss des Studiums (Ende August 2003) die Bundesrepublik Deutschland verlassen müssen, da nach den damaligen Vorschriften (§ 28 Abs. 3 Satz 2 AuslG) die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im unmittelbaren Anschluss an eine Aufenthaltsbewilligung grundsätzlich ausgeschlossen war.

Der Umstand, dass der Antragsteller nach seinen Angaben im Iran keine Angehörigen mehr hat - seine Eltern seien verstorben; seine Geschwister lebten alle in Deutschland -, reicht schon angesichts des Alters und der Ausbildung des Antragstellers, der immerhin 25 Jahre im Iran gelebt hat, nicht aus, um die Rückkehr dorthin als außergewöhnliche Härte erscheinen zu lassen.