Kann die Abschiebung wegen Passlosigkeit und fehlender Bereitschaft des Ausländers, an der Beschaffung eines Heimreisedokuments mitzuwirken, nicht vollzogen werden, besteht kein Anordnungsgrund für eine einstweilige Anordnung gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, mit der dieses verpflichtet werden soll, seine Mitteilung nach § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG über das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG gegenüber der Ausländerbehörde zu widerrufen. Eine mögliche Verbesserung der Rechtsposition des Asylfolgeantragstellers hinsichtlich der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz reicht in diesem Fall für die Annahme eines Anordnungsgrundes nicht aus.
Kann die Abschiebung wegen Passlosigkeit und fehlender Bereitschaft des Ausländers, an der Beschaffung eines Heimreisedokuments mitzuwirken, nicht vollzogen werden, besteht kein Anordnungsgrund für eine einstweilige Anordnung gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, mit der dieses verpflichtet werden soll, seine Mitteilung nach § 71 Abs. 5 Satz 2 AsylVfG über das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG gegenüber der Ausländerbehörde zu widerrufen. Eine mögliche Verbesserung der Rechtsposition des Asylfolgeantragstellers hinsichtlich der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz reicht in diesem Fall für die Annahme eines Anordnungsgrundes nicht aus.
(Amtliche Leitsätze)
Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Ergeht bei Ablehnung eines Asylfolgeantrags mit der Begründung, die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG lägen nicht vor, keine erneute Abschiebungsandrohung - nach Streichung der Zweijahresfrist in § 71 Abs. 5 Satz 1 AsylVfG nun der Regelfall -, so kann einstweiliger Rechtsschutz grundsätzlich nur gegen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gemäß § 123 VwGO mit dem Ziel begehrt werden, das Bundesamt zu verpflichten, seine Mitteilung gemäß § 71 Abs. 5 Satz 2 VwVfG zu widerrufen bzw. der Ausländerbehörde mitzuteilen, dass vorläufig nicht aufgrund der früheren Mitteilung abgeschoben werden darf (inzwischen wohl allgemeine Meinung, vgl. Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, Stand Juni 2006, II - § 71 Rn. 239; Marx, AsylVfG, 6. Aufl. 2005, § 71 Rn. 399; HmbOVG, Beschl. v. 14.8.2000 - 4 Bs 48/00.A - AuAS 2001, 10 ff; alle m.w.N.).
2. Soweit mit dem vorliegenden Antrag einstweilen eine Abschiebung der Antragstellerin verhindert werden soll, fehlt dem Antrag der Anordnungsgrund.
a) Unter "Abschiebung" im Sinne von § 71 Abs. 5 AsylVfG, § 58 Abs. 1 AufenthG ist die Anwendung unmittelbaren Zwangs als tatsächliches Mittel der Verwaltungsvollstreckung zur Durchsetzung der Ausreisepflicht zu verstehen (Funke-Kaiser in GK-AufenthG, Stand Mai 2006, II - § 58 Rn. 59; Hailbronner, AuslR, Stand Juni 2006, § 58 AufenthG Rn. 2). Maßnahmen, die zur Vorbereitung einer etwaigen Abschiebung ergriffen werden, wie die Aufforderung, sich einen Nationalpass zu besorgen, gehören nicht zur Abschiebung als solcher. (Wie ein Antrag auf richterliche Anordnung der Sicherungshaft gemäß § 62 Abs. 2 AufenthG zu werten wäre, kann offen bleiben, da eine solche Maßnahme hier nicht in Rede steht.)
b) Der Antragstellerin droht derzeit die Abschiebung unabhängig vom Ausgang des vorliegenden einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht. Sie kann nämlich unabhängig davon, ob das Bundesamt seine Mitteilung über das Nichtvorliegen der Wiederaufgreifensvoraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG widerruft, derzeit nicht abgeschoben werden, da sie nach ihren Angaben nicht über einen gültigen iranischen Nationalpass oder ein iranisches Heimreisedokument verfügt. Iranische Grenzbehörden erkennen bei iranischen Staatsangehörigen seit längerem nur iranische Nationalpässe oder von iranischen Stellen ausgestellte Heimreisedokumente an; iranische Auslandsvertretungen in Deutschland stellen Heimreisedokumente grundsätzlich nur dann aus, wenn die betreffende Person persönlich vorspricht und dabei zu erkennen gibt, dass sie freiwillig nach Iran zurückkehrt (vgl. zuletzt Iran-Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 24.3.2006, Seite 37). Es ist nicht erkennbar, dass die Antragstellerin ihrer Mitwirkungspflicht (§ 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylVfG) in absehbarer Zeit nachkommen und die Ausstellung eines Nationalpasses oder eines Heimreisedokuments beantragen wird. Damit steht fest, dass eine Abschiebung der Antragstellerin jedenfalls gegenwärtig nicht möglich bzw. von ihrer eigenen Mitwirkungsbereitschaft abhängig ist. Eine besondere Dringlichkeit für eine einstweilige Anordnung ist daher nicht gegeben (ebenso VG Osnabrück, Beschl. v. 10.5.2006 - 5 B 82/06 -, juris; vgl. auch Marx, aaO., § 71 Rn. 405, 408). - Die Situation ist insofern derjenigen vergleichbar, in der die Ausländerbehörde mitgeteilt hat, dass (zunächst) keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen vorgesehen seien; auch in einem solchen Fall besteht kein Grund für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. HmbOVG, Beschl. v. 17.5.2006 - 1 Bs 77/06; VG Regensburg, Beschl. v. 12.4.2005 - RO 13 E 05.30085 - juris, Abs. 33).
c) Ein Anordnungsgrund kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass die Antragstellerin sich im Fall einer Stattgabe eine bessere Position bei der Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) erhofft. Dies ist nicht Gegenstand bzw. Inhalt der begehrten einstweiligen Anordnung, sondern wäre allenfalls eine indirekte Folge hiervon.
Es erscheint aber nicht zwingend, dass die Antragstellerin nach der Entscheidung des Bundesamtes, kein weiteres Asylverfahren durchzuführen, nur in eingeschränktem Umfang Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten kann, wenn die erstrebte einstweilige Anordnung nicht ergeht. Die Einschränkungsmöglichkeit gemäß § 1a Nr. 2 AsylbLG setzt voraus, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus Gründen nicht vollzogen werden können, die ausschließlich dem Verantwortungsbereich des Leistungsberechtigten zuzurechnen sind (vgl. Hohm, aaO., III - § 1a Rn. 104 f. m.w.N.). Ist die Weigerung, sich zwecks Ausstellung von Heimreisepapieren an die Auslandsvertretung des Heimatstaates zu wenden, nicht der einzige Grund, der einer Aufenthaltsbeendigung entgegensteht, sondern kommen z.B. auch Abschiebungsverbote in Betracht oder ist die Beschaffung von Heimreisepapieren nicht zumutbar, so ist eine Leistungskürzung nicht zulässig (vgl. VG Leipzig, Beschl. v. 3.3.1999 - 2 K 409/99 - NVwZ 1999, Beilage Nr. 7, S. 76). Die noch nicht bestandskräftige Entscheidung des Bundesamtes bindet die für die Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes zuständige Stelle nicht. Die Berechtigung der etwaigen Leistungskürzung ist daher von der zuständigen Sozialbehörde auf der Grundlage einer umfassenden Einzelfallprüfung, u.U. sogar unter Beiziehung der einschlägigen Ausländer- und Asylakten, zu prüfen (Hohm, aaO., III - § 1a Rn. 109 und Rn. 50 f.; BVerwG, Urt. v. 4.6.1992 - BVerwG 5 C 22.87 - BVerwGE 90, 212) und kann ggf. vor dem Sozialgericht in einem eigenen Rechtsstreit überprüft werden.