OVG Niedersachsen

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Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 24.07.2006 - 5 LA 306/05 - asyl.net: M9065
https://www.asyl.net/rsdb/M9065
Leitsatz:
Schlagwörter: Verfahrensrecht, Berufungszulassungsantrag, Darlegungserfordernis, Verfahrensmangel, rechtliches Gehör, Dolmetscher, Übersetzungsfehler, Verlust des Rügerechts
Normen: AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 3; VwGO § 138 Nr. 3; GG Art. 103 Abs. 1; VwGO § 55; GVG § 185 Abs. 1; AsylVfG § 78 Abs. 4 S. 4
Auszüge:

In Bezug auf das Begehren nach Abschiebungsschutz (§ 60 AufenthG) ist der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der Gehörsversagung (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO) ebenfalls nicht hinreichend dargelegt.

Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ist nur dann verletzt, wenn das Urteil auf Tatsachen- und Beweisergebnisse gestützt wird, zu denen die Beteiligten sich nicht äußern konnten (§ 108 Abs. 2 VwGO) oder wenn das Gericht das (entscheidungserhebliche) tatsächliche oder rechtliche Vorbringen der Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen und nicht erwogen hat (BVerfG, Beschl. v. 30. 01. 1985 - 1 BvR 393/84 -, BVerfGE 69, 141 [143]). Gemäß den §§ 55 VwGO, 185 Abs. 1 Satz 1 GVG ist ein Dolmetscher zuzuziehen, wenn unter Beteiligung von Personen verhandelt wird, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Hierbei handelt es sich um eine spezielle Form der Gewährleistung des durch Art. 103 Abs. 1 GG garantierten rechtlichen Gehörs, das verkürzt wird, wenn Übersetzungsfehler des Dolmetschers in entscheidungserheblichen Punkten zu einer unrichtigen, unvollständigen oder sinnentstellenden Wiedergabe der Erklärungen des Asylsuchenden geführt haben (BVerwG, Beschluss v. 29. 04. 1983 - BVerwG 9 B 1610.81 -, NVwZ 1983, 668; Nds. OVG, Beschluss v. 07. 04. 2006 - 5 LA 108/05 -). Letzteres ist jedoch gemäß § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG (ebenso wie es im Zuge der Bezeichnung des entsprechenden Verfahrensmangels nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlich wäre) im Einzelnen schlüssig darzulegen. Es muss also aufgezeigt werden, in welchen - entscheidungserheblichen - Punkten die Erklärungen infolge des geltend gemachten Übersetzungsfehlers im Sitzungsprotokoll unrichtig oder sinnentstellend wiedergegeben werden und welche entscheidungserheblichen Angaben wegen Fehler der Übersetzung das Sitzungsprotokoll nicht wiedergibt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29. 01. 2004 - BVerwG 1 B 16/04 -, Buchholz 310 § 133 n. F. VwGO Nr. 70, zitiert nach JURIS, RdNr. 3 des Langtextes). Daran fehlt es hier insoweit, als der Kläger in seinem Zulassungsantrag lediglich pauschal behauptet, dass sich die angeblichen Übertragungsfehler zu seinem Nachteil ausgewirkt hätten, aber keine näheren Ausführungen dazu macht, weshalb sie sich auf entscheidungserhebliche Punkte bezogen hätten und ihr Unterbleiben zu einer ihm günstigeren Entscheidung hätte führen können (vgl. Bader, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/v. Albedyll, VwGO, 3. Aufl. 2005, RdNr. 49 zu § 138).

Hinzu kommt, dass der Kläger weder darlegt noch ohne weiteres aus der Sitzungsniederschrift ersichtlich ist, dass er die von ihm geltend gemachten Übersetzungsmängel schon in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, und zwar in dem seiner Befragung nachfolgenden Verhandlungsabschnitt, gerügt habe. Ist dies aber nicht geschehen, so hat er - selbst wenn die Mängel vorliegen sollten - sein Rügerecht gemäß den §§ 173 Satz 1 VwGO, 295 Abs. 1 ZPO verloren, es sei denn, die behaupteten Übersetzungsmängel wären ihm nicht bekannt geworden und hätten ihm auch nicht bekannt sein müssen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 29. 04. 1983 - BVerwG 9 B 1610.81 -, a. a. O., [669]).