OVG Saarland

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Zitieren als:
OVG Saarland, Beschluss vom 26.05.2006 - 3 Q 6/06 - asyl.net: M9389
https://www.asyl.net/rsdb/M9389
Leitsatz:
Schlagwörter: Verfahrensrecht, Berufungszulassungsantrag, Verfahrensmangel, rechtliches Gehör, Beweisantrag, Ausforschungsbeweisantrag, Beweiswürdigung, fachärztliche Stellungnahmen, psychische Erkrankung, posttraumatische Belastungsstörung, Willkür
Normen: AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 3; VwGO § 138 Nr. 3; GG Art. 103 Abs. 1
Auszüge:

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, den er auf denjenigen Teil des angefochtenen Urteils beschränkt, mit dem sein auf Aufhebung der Nr. 2 des Bescheides vom 3.6.2003 - Ablehnung der Feststellung von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG - abzielendes Begehren abgewiesen worden ist, beruft sich der Kläger auf den Zulassungstatbestand des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG und führt näher aus, das Verwaltungsgericht habe in mehrfacher Hinsicht seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt.

Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs schützt einen Verfahrensbeteiligten nicht vor jeder seiner Meinung nach sachlich unrichtigen Ablehnung eines von ihm gestellten Beweisantrages. Vielmehr kann eine Verletzung des Prozessgrundrechts aus Art. 103 Abs. 1 GG in einem solchen Fall erst dann angenommen werden, wenn die Ablehnung des Beweisantrages unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr eine Stütze im Prozessrecht findet, sich das Gericht mit dem Vorbringen des Beteiligten in völlig unzulänglicher Form auseinandergesetzt hat und die Ablehnung des Beweisersuchens daher erkennbar willkürlich erscheint (vgl. beispielsweise OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 31.5.2002 - 1 Q 60/01 -, vom 25.8.2005 - 2 Q 19/05 - und vom 21.9.2005 - 2 Q 18/05 -).

Diese - qualifizierten - Voraussetzungen für die Annahme eines Gehörsverstoßes sind vorliegend nicht erfüllt.

Anerkannt ist, dass ein Beweisantrag unter anderem dann abgelehnt werden darf, wenn er einer sachlichen Grundlage entbehrt und der Ausforschung dient (OVG Schleswig, Beschluss vom 14.10.2002 - 4 L 200/02 -, zitiert nach Juris).

Es gibt keinen Grundsatz, dass ein Gericht die Vorlage einer fachärztlichen oder psychologischen Äußerung über das Bestehen einer posttraumatischen Belastungsstörung bei einem um Abschiebungsschutz nachsuchenden Ausländer keiner kritischen Würdigung unterziehen dürfte oder diesen Umstand stets zum Anlass für die Einholung von (zusätzlichen) Sachverständigen-Gutachten zu nehmen hätte. Auch in Fällen, in denen das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung geltend gemacht wird, haben die Gerichte die Aufgabe, vorliegende sachverständige Äußerungen nicht einfach zu übernehmen, sondern die darin getroffenen Feststellungen und Schlussfolgerungen unter Berücksichtigung aller Umstände, der eigenen Sachkunde sowie der allgemeinen Lebenserfahrung mit Blick auf ihre Schlüssigkeit und Tragfähigkeit zur Begründung des von den Verfahrensbeteiligten geltend gemachten Anspruches zu würdigen. Daher ist eine inhaltliche Auseinandersetzung des Gerichts mit einer geltend gemachten Traumatisierung zu fordern, die zumindest eine hinreichende Einbeziehung in die Würdigung und die Inanspruchnahme eigener Sachkunde erkennen lässt.