BVerwG

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Zitieren als:
BVerwG, Beschluss vom 21.12.2006 - 1 B 56.06 - asyl.net: M9499
https://www.asyl.net/rsdb/M9499
Leitsatz:
Schlagwörter: Revisionsverfahren, grundsätzliche Bedeutung, Verfolgungssicherheit, Situation bei Rückkehr
Normen: § 132 Abs. 1 Nr. 1; GG Art. 16 Abs. 1; AufenthG § 60 Abs. 1
Auszüge:

Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Divergenz und einen Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine bestimmte klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtssache aufgezeigt wird. Eine solche lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen. Die Beschwerde wirft die Frage auf, "ob einem Asylsuchenden, der seinen Heimatstaat vorverfolgt verlassen hat, eine Rückkehr dorthin allein deshalb schon zugemutet werden kann, wenn er vor erneuter Verfolgung hinreichend sicher ist, oder ob Ausmaß und Schwere der erlittenen Vorverfolgung auch dann eine Rückkehr als unzumutbar erscheinen lassen können, wenn hinreichende Verfolgungssicherheit besteht."

Die Beschwerde macht geltend, dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. Juli 1980 - 1 BvR 147/80 u.a. - BVerfGE 54, 341 <360> zufolge werde die Zumutbarkeit der Rückkehr eines Asylsuchenden in seine Heimat, wenn sich Verfolgungsmaßnahmen in seiner Person bereits früher verwirklicht hätten, "nicht zuletzt" davon bestimmt, ob eine Wiederholungsgefahr bestehe. Auch "Art und Ausmaß" der behaupteten Verfolgungsmaßnahmen seien in den Blick zu nehmen. Tatsächlich hat das Bundesverfassungsgericht in dem genannten Beschluss (a.a.O.) ausgeführt, Art und Ausmaß der behaupteten Verfolgungsmaßnahmen seien, auch wenn diese der Vergangenheit angehörten, vor allem für die Frage von Bedeutung, ob dem Asylsuchenden eine Rückkehr in seine Heimat zugemutet werden könne. Dies wird vom Bundesverfassungsgericht in seiner neueren Rechtsprechung allerdings nicht dahin verstanden, dass die Versagung des Schutzes des Art. 16a Abs. 1 GG im Falle einer Vorverfolgung über die hinreichende Sicherheit vor erneuter Verfolgung hinaus von weiteren Voraussetzungen abhängt. Das Bundesverfassungsgericht hat in dem Beschluss vom 10. Juli 1989 - 2 BvR 502/86 u.a. - BVerfGE 80, 315 <346> ausgeführt (vgl. auch BVerfG, InfAuslR 2000, 254): "Steht hingegen fest, dass der Asylsuchende wegen bestehender oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung ausgereist ist und dass ihm auch ein Ausweichen innerhalb seines Heimatstaates im beschriebenen Sinne unzumutbar war, so ist er gemäß Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG (jetzt: Art. 16a Abs. 1 GG) asylberechtigt, es sei denn, er kann in seinem eigenen Staat wieder Schutz finden. Daher muss sein Asylantrag Erfolg haben, wenn die fluchtbegründenden Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung ohne wesentliche Änderung fortbestehen. Ist die Verfolgungsgefahr zwischenzeitlich beendet, kommt es darauf an, ob mit ihrem Wiederaufleben zu rechnen ist; eine Anerkennung als Asylberechtigter ist nach Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG nicht geboten, wenn der Asylsuchende vor erneuter Verfolgung hinreichend sicher sein kann (vgl. BVerfGE 54, 341 <360>). Gleiches gilt, wenn sich - bei fortbestehender regional begrenzter politischer Verfolgung nach der Einreise in den Geltungsbereich des Grundgesetzes eine zumutbare inländische Fluchtalternative eröffnet. Dies setzt voraus, dass der vor Verfolgung Geflohene in diesen Landesteilen nicht nur vor politischer Verfolgung, sondern auch vor denjenigen Nachteilen und Gefahren hinreichend sicher ist, die ihm im Zeitpunkt seiner Flucht ein Ausweichen unzumutbar machten, und dass ihm auch keine sonstigen Nachteile und Gefahren drohen, durch die er in eine ausweglose Lage geriete." Ebenso stellt das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. Urteil vom 25. September 1984 - BVerwG 9 C 17.84 - BVerwGE 70, 169) darauf ab, dass einem bereits politisch verfolgten Asylbewerber der Schutz des Art. 16a Abs. 1 GG dann versagt werden kann, wenn bei seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat eine Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist. Mit diesem Maßstab ist im Übrigen berücksichtigt, dass an die Wahrscheinlichkeit des Ausschlusses erneuter Verfolgung wegen der meist schweren und bleibenden - auch seelischen - Folgen der schon einmal erlittenen Verfolgung hohe Anforderungen zu stellen sind (Urteil vom 25. September 1984 a.a.O., S. 170). Die Beschwerde, die sich mit dieser Rechtsprechung nicht wie erforderlich auseinandersetzt, macht - insbesondere vor dem Hintergrund der zitierten neueren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts - einen weitergehenden Klärungsbedarf nicht ersichtlich.