LSG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27.10.2006 - L 20 B 52/06 AY ER - asyl.net: M9603
https://www.asyl.net/rsdb/M9603
Leitsatz:
Schlagwörter: D (A), Asylbewerberleistungsgesetz, Zuständigkeit, örtliche Zuständigkeit, abgelehnte Asylbewerber, räumliche Beschränkung, Duldung, gewöhnlicher Aufenthalt
Normen: AsylbLG § 1 Abs. 1 Nr. 5; AsylbLG § 10a Abs. 1; AsylbLG § 10a Abs. 2; SGG § 86b Abs. 2
Auszüge:

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Auf die Antragsteller ist das Asylbewerberleistungsgesetz anzuwenden. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG sind Ausländer nach diesem Gesetz leistungsberechtigt, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und die vollziehbar ausreisepflichtig sind, auch wenn eine Abschiebungsandrohung noch nicht oder nicht mehr vollziehbar ist. Diese Voraussetzungen treffen auf die Antragsteller zu, die nach Abschluss des Asylverfahrens zur Zeit weder über eine Duldung noch ein irgendwie geartetes Bleiberecht verfügen und damit gegenwärtig noch ausreisepflichtig sind.

Für die Zuständigkeit der Antragsgegenerin ist die Vorschrift des § 10a Abs. 1 AsylbLG heranzuziehen. Gemäß § 10a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG ist für Leistungen nach diesem Gesetz die nach § 10 AsylbLG bestimmte Behörde zuständig, in deren Bereich der Leistungsberechtigte aufgrund der Entscheidung des vom Ministerium des Innern bestimmten zentralen Verteilungsstelle verteilt oder von der im Lande zuständigen Behörde zugewiesen worden ist. Asylverfahrensrechtlich waren die Antragsteller zu 1. bis 3. gehalten, sich im Rhein-Neckar-Kreis aufzuhalten, so dass zunächst die dortige Leistungsbehörde zuständig war.

Im Übrigen ist die Behörde zuständig, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten (Satz 2). Das ist für die Antragsteller die Antragsgegnerin. Wie schon das Sozialgericht ist der Senat der Auffassung, dass eine asylverfahrensrechtlich veranlasste Zuweisungsentscheidung durch die Beendigung des Asylverfahrens und die Erteilung einer asylverfahrensunabhängigen Duldung gegenstandslos geworden ist. Zur Frage, ob der abgelehnte Asylbewerber noch strikt an die asylverfahrensrechtliche Zuweisung gebunden ist, hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 31.08.2006 (L 20 B 37/06 AY ER) ausgeführt, dass die Zuständigkeit der vom Bundesministerium des Innern bestimmten Verteilungsbehörde nach § 10a Abs. 1 Satz 1 AsylbLG endet, soweit eine ausländerrechtliche Duldung die asylverfahrensrechtliche Zuweisungsentscheidung gegenstandslos macht. In diesem Fall hat sich die Zuweisungsentscheidung erledigt; der Ausländer hält sich nach Beendigung des Asylverfahrens geduldet weiter in Deutschland auf, und es ist insoweit gerechtfertigt, die Zuweisungsentscheidung in ihren Wirkungen auf das Asylverfahren zu beschränken.

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 10a Abs. 1 Satz AsylbLG erfasst diese Regelung lediglich örtliche Zuweisungen durch die vom Bundesminister des Innern bestimmte zentrale Verteilungssstelle und durch die im Land zuständige Behörde. Örtliche Beschränkungen einer aufenthaltsrechtlichen Duldung werden von dieser Vorschrift nicht erfasst. Der Senat hat sich in der genannten Entscheidung der in der Literatur und teilweise in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung, der Begriff des tatsächlichen Aufenthalts im Sinne des § 10a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG erfasse allein den asyl- und ausländerrechtlich erlaubten Aufenthalt, nicht angeschlossen. § 10a Abs. 1 Satz 2 AsylbLG stellt für den Fall, dass Satz 1 der Vorschrift nicht greift, allein auf den tatsächlichen Aufenthalt ab.

§ 11 Abs. 2 AsylbLG enthält hingegen keine Zuständigkeitsregelung. Zwar darf nach dem Regelungsgehalt dieser Vorschrift Leistungsberechtigten in Teilen der Bundesrepublik Deutschland, in denen sie sich einer asyl- oder ausländerrechtlichen räumlichen Beschränkung zuwider aufhalten, die für den tatsächlichen Aufenthaltsort zuständige Behörde nur die nach den Umständen unabweisbar gebotene Hilfe leisten. Diese Regelung begründet allerdings keine Zuständigkeit des Leistungsträgers, in dessen Bereich sich der Hilfesuchende aufhält, sondern schränkt lediglich den Leistungsumfang ein, soweit eine Zuständigkeit nach § 10a Abs. 1 AsylbLG gegeben ist.

§ 11 Abs. 2 AsylbLG ist allerdings als Beschränkung der sich dann aus dem tatsächlichen Aufenthaltsort ergebenden Leistungsverpflichtung zu beachten, wenn eine asyl- oder ausländerrechtliche räumliche Beschränkung vorliegt (vgl. bereits Beschluss des Senats vom 29.05.2006, L 20 B 21/06 AY ER).