OVG Rheinland-Pfalz

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Zitieren als:
OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.09.1999 - 10 A 12219/98.OVG - asyl.net: R4872
https://www.asyl.net/rsdb/R4872
Leitsatz:

Keine mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohende politische Verfolgung für Sympathisant von KOMKAR bei Rückkehr in die Türkei. Ob dies auch für exponierte Mitglieder und Funktionäre gilt, ist eine andere Frage.

(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: Türkei, Kurden, Nachfluchtgründe, Subjektive Nachfluchtgründe, Exilpolitische Betätigung, Demonstrationen, KOMKAR, Sympathisanten, Publikationen, Zeitungsanzeigen, Hevalti, Hevi, Überwachung im Aufnahmeland
Normen: AuslG § 51 Abs. 1; AuslG § 53 Abs. 6
Auszüge:

Wer sich durch Anzeigen in der Zeitung (...) als Sympathisant von KOMKAR zu erkennen gibt und für die friedliche und demokratische Lösung der Kurdenfrage eintritt, hat bei der Rückkehr in die Türkei deswegen nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung zu befürchten.

Nach der Selbstdarstellung von KOMKAR ist KOMKAR eine Organisation kurdischer Migranten und Migrantinnen in Deutschland, die überwiegend aus dem türkischen Teil Kurdistans stammen. Sie ist überparteilich, gewaltfrei, demokratisch, religiös und sozial tolerant. Ihre Aufgabe sieht sie darin, der kurdischen Volksgruppe in Deutschland eine gesellschaftliche, soziale und politische Alternative anzubieten. KOMKAR ist eine Dachorganisation, ein "Verband der Vereine aus Kurdistan e.V.", in dem rein kurdische Organisationen, aber auch sehr viele deutsch-kurdische Freundschaftsvereine (wie etwa die Komitees von "Hevalti") zusammengeschlossen sind. Der Wirkungskreis erstreckt sich auf 40.000 bis 50.000 Menschen. Ziele, Aufgaben und Arbeitsschwerpunkte von KOMKAR sind die Integration der Kurden und Kurdinnen in die deutsche Gesellschaft, die Interessenvertretung der kurdischen Migrantinnen in Deutschland sowie Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit für Kurdistan. Dabei sucht KOMKAR nicht nur den Dialog mit allen im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien sowie Gewerkschaften und anderen gesellschaftlichen in der BRD relevanten Gruppen wie auch Friedensinitiativen und Migrantenorganisationen u.ä., sondern unterstützt auch aktiv die legalen prokurdischen Parteien, wie die HEP, die DEP, die DDP und ganz aktuell die DBP ("Partei für Demokratie und Frieden").

Wegen dieser prokurdischen und sozialistischen Grundhaltung, die im übrigen auch in den vom Kläger geschalteten Zeitungsanzeigen zum Ausdruck gekommen ist, werden KOMKAR und seine Sympathisanten von den türkischen Stellen als durchaus problematisch und als nicht loyal eingeschätzt. Sicherlich hat man ihnen gegenüber Vorbehalte und begegnet ihnen mit Distanz und Ablehnung. All dies schlägt nach Auffassung des Senats für einfache Sympathisanten von KOMKAR indessen noch nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in politische Verfolgung bei einer Rückkehr in die Türkei um.

Eine andere Frage ist, ob diese Einschätzung auch für herausgehobene Mitglieder und Funktionäre von KOMKAR, für solche KOMKAR-Mitglieder, die zugleich auch als Anhänger der - in der Türkei verbotenen - und KOMKAR nahestehenden PSK bekannt sind, gilt oder auch für solche, die in der Bundesrepublik Deutschland eine gewisse Berichterstattung in den Medien erfahren haben.

Denn eine derartige Konstellation liegt beim Kläger, der auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich angegeben hat, er sei nur Mitglied des (Hevalti-)Komitees in M., eindeutig nicht vor.