BVerfG

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Zitieren als:
BVerfG, Urteil vom 24.02.2000 - 2 BvR 1295/98 - asyl.net: R5997
https://www.asyl.net/rsdb/R5997
Leitsatz:

Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde wegen Nichtausschöpfung des Rechtsweges.

(Leitsatz der Redaktion)

Schlagwörter: D (A), Verfahrensrecht, Asylverfahren, Nichtbetreiben des Verfahrens, Fortsetzung des Verfahrens, Antrag, Offensichtlich unbegründet, Unanfechtbarkeit, Berufungszulassungsantrag, Rechtswegerschöpfung
Normen: AsylVfG § 78 Abs. 1 S. 1; AsylVfG § 81 Abs. 1; BVerfGG § 90 Abs. 2 S. 1
Auszüge:

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil, mit dem die Asylklage des Beschwerdeführers als offensichtlich unbegründet abgewiesen wurde, nachdem der Beschwerdeführer gegen einen Beschluß gem. § 81 AsylVfG (Einstellung des Verfahrens wegen Nichtbetreibens) den Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens gestellt hatte.

Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig und kann deshalb mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg nicht zur Entscheidung angenommen werden (vgl. § 93 a Abs. 2 BVerfGG; BVerfGE 90, 22 25 f.>).

Der Beschwerdeführer hat den Rechtsweg nicht erschöpft (§ 90 Abs. 2 S. 1 BVerfGG).

Zwar hat der Beschwerdeführer - wie bei einem Streit über die Frage der Verfahrensbeendigung in den Fällen des § 81 S. 1 AsylVfG mit Blick auf den Grundsatz der materiellen Subsidiarität erforderlich - einen Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens gestellt (vgl. BVerfG 1. Kammer des Zweiten Senats>, Beschluß vom 22. Oktober 1997 - 2 BvR 226/97 - <nur in JURIS veröffentlicht>); auch hat das Verwaltungsgericht die Klage "als offensichtlich unbegründet abgewiesen" und in der Konsequenz dieser Tenorierung die Unanfechtbarkeit seiner Entscheidung angenommen (§ 78 Abs. 1 S. 1 AsylVfG).

Ob dies formal richtig ist, ist jedenfalls umstritten und insbesondere nicht ober- oder höchstrichterlich geklärt. Deshalb ist es dem Beschwerdeführer zumutbar, von dem in § 78 Abs. 2-4 AsylVfG vorgesehenen - wenn auch in seiner Statthaftigkeit umstrittenen - Rechtsbehelf des Antrages auf Zulassung der Berufung Gebrauch zu machen, bevor er zulässigerweise Verfassungsbeschwerde erheben kann (vgl. BVerfGE 68, 376 379 ff.>).

Nach verbreiteter, wenn nicht überwiegender Auffassung in der asylverfahrensrechtlichen Rechtsprechung und Literatur ist im Falle der Erfolglosigkeit des Fortsetzungsantrages wegen der Rechtmäßigkeit der Betreibensaufforderung und der Einstellung des Verfahrens anstelle einer "Abweisung der Klage" die Feststellung auszusprechen, daß das Verfahren - durch Klagerücknahme - beendet ist.

ist aber ausschließlich ein Feststellungstenor formal richtig, hätte dies zur Folge, daß eine qualifizierte Abweisung der Klage als offensichtlich unbegründet oder offensichtlich unzulässig (vgl. § 78 Abs. 1 S. 1 AsylVfG) entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts möglicherweise nicht in Betracht kommt. Dies wiederum hätte zur Folge, daß das Rechtsmittel der Zulassungsberufung nach Maßgabe von § 78 Abs. 2-4 AsylVfG eröffnet ist. Der Beschwerdeführer hätte deshalb, um den Rechtsweg zu erschöpfen, den Versuch unternehmen müssen, den möglicherweise in Betracht kommenden Antrag auf Zulassung der Berufung zu stellen; dabei hätte er sich entsprechend der in der Verfassungsbeschwerde erhobenen Gerichtsrüge - jedenfalls nicht von vornherein aussichtslos - auf den Zulassungsgrund des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG berufen können. Dieser Weg steht im übrigen mit Blick auf § 58 Abs. 2 S. 1, 2. Halbsatz, 2. Alt. VwGO noch immer offen, da wegen des im Urteil enthaltenen Hinweises auf dessen Unanfechtbarkeit eine Frist für die Erhebung des Rechtsbehelfs noch nicht zu laufen begonnen hat. Sofern der Entscheidungsausspruch des Verwaltungsgerichts mit der von ihm angenommenen Folge der Unanfechtbarkeit fehlerhaft ist, ist die Stellung eines Antrages auf Zulassung der Berufung nicht ausgeschlossen oder unstatthaft, da bei formell inkorrekten Entscheidungen ein Beteiligter durch ein unrichtiges Verfahren des Gerichts keine Nachteile in seinen prozessualen Rechten erleiden darf.