VGH Baden-Württemberg

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Zitieren als:
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 15.03.2000 - A 6 S 48/00 - asyl.net: R6345
https://www.asyl.net/rsdb/R6345
Leitsatz:

Ein Antrag auf Zulassung der Berufung kann nicht mit Erfolg auf eine Versagung rechtlichen Gehörs gestützt werden, wenn das Verwaltungsgericht durch Gerichtsbescheid entschieden hat; in diesem Fall ist es den Beteiligten ohne weiteres möglich und auch zumutbar, sich durch einen Antrag auf mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht rechtliches Gehör zu verschaffen.

Schlagwörter: D (A), Verfahrensrecht, Berufungszulassungsantrag, Rechtliches Gehör, Beweisangebot, Gerichtsbescheid, Antrag, mündliche Verhandlung, Grundsätzliche Bedeutung, Darlegungserfordernis, Divergenzrüge, Sri Lanka, Interne Fluchtalternative, Auswanderungsgesetz, Strafvorschriften, Emergency Regulations
Normen: GG Art. 103 Abs. 1; AsylVfG § 78 Abs. 3 Nr. 3; VwGO § 84 Abs. 2 Nr. 1; VwGO § 84 Abs. 3; VwGO § 138 Nr. 3
Auszüge:

Ein Antrag auf Zulassung der Berufung kann nicht mit Erfolg auf eine Versagung rechtlichen Gehörs gestützt werden, wenn das Verwaltungsgericht durch Gerichtsbescheid entschieden hat; in diesem Fall ist es den Beteiligten ohne weiteres möglich und auch zumutbar, sich durch einen Antrag auf mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht rechtliches Gehör zu verschaffen.

(Amtlicher Leitsatz)

Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen zum Bestehen einer inländischen Fluchtalternative für Tamilen aus Sri Lanka rechtfertigen eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht. Denn der Kläger hat sich insoweit nicht in der gebotenen Weise - unter Durchdringung des Streitstoffs - substantiiert in tatsächlicher Hinsicht mit den Feststellungen des Verwaltungsgerichts auseinandergesetzt und diesen konkrete eigene Erkenntnismittel entgegengestellt, aus denen sich begründete Zweifel an der Auffassung des Verwaltungsgerichts zur Lage der Tamilen in Sri Lanka und ihrer Gefährdung im Falle einer Rückkehr ergeben könnten; ebensowenig hat er dargelegt, dass die Ausführungen des Verwaltungsgerichts in rechtlicher Hinsicht nicht haltbar sind. Allein der pauschale Hinweis auf die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg verleiht dem Rechtsstreit noch keine grundsätzliche Bedeutung, zumal nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Urteil vom 20.3.1998 - A 16 S 60/97

-; Beschluss vom 5.5.1999 - A 6 S 393/99 -) für zurückkehrende tamilische Volkszugehörige gegenwärtig und in absehbarer Zukunft regelmäßig jedenfalls im Großraum Colombo eine zumutbare inländische Fluchtalternative besteht, wenn bei ihnen kein individualisierter LTTE-Verdacht vorliegt, wovon nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts vorliegend nicht ausgegangen werden kann. Auch die weiter vom Kläger aufgeworfenen Fragen zur rückwirkenden Anwendung der Strafvorschriften des srilankischen Auswanderungsgesetzes und deren Asylerheblichkeit rechtfertigen keine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Denn auch insoweit hat sich der Kläger nicht in der gebotenen Weise sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung auseinandergesetzt. Insoweit weist der Kläger zwar auf verschiedene neuere, vom Verwaltungsgericht nicht berücksichtigte Erkenntnismittel hin, ohne jedoch näher darzulegen, inwiefern die Anwendung der Strafvorschriften des srilankischen Auswanderungsgesetzes einer politischen Verfolgung gleichzusetzen sein könnte. Hierfür genügt nicht allein der Hinweis, dass nach der Auskunft von amnesty international vom 1.3.1999 an das Verwaltungsgericht Hannover Personen, die mit gefälschten Identitätsdokumenten ausreisten, in der Regel nach den "Emergency Regulations" festgenommen und gegebenenfalls angeklagt würden. Insoweit hätte die Asylrelevanz der fraglichen Strafbestimmungen vielmehr unter Aufarbeitung der obergerichtlichen Rechtsprechung näherer Darlegung bedurft.