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Zitieren als:
BAG, Urteil vom 12.01.2000 - 7 AZR 863/98 - asyl.net: R6348
https://www.asyl.net/rsdb/R6348
Leitsatz:

Die Befristung der Aufenthaltserlaubnis und die Besorgnis, der Arbeitnehmer werde danach die arbeitsvertraglich geschuldeten Dienste nicht mehr erbringen können, kann einen sachlichen Grund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses allenfalls dann darstellen, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine hinreichend zuverlässige Prognose erstellt werden kann, eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis werde nicht erfolgen.

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: D (A), Arbeitsverhältnis, Befristung, befristete Aufenthaltserlaubnis, Verlängerung
Normen: BGB § 620; BeschFG § 1 Abs. 5; KSchG § 1 Abs. 1
Auszüge:

Die Befristung der Aufenthaltserlaubnis und die Besorgnis, der Arbeitnehmer werde danach die arbeitsvertraglich geschuldeten Dienste nicht mehr erbringen können, kann einen sachlichen Grund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses allenfalls dann darstellen, wenn im Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine hinreichend zuverlässige Prognose erstellt werden kann, eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis werde nicht erfolgen. Die Prognose muss auf konkreten Anhaltspunkten beruhen. Dabei kann von Bedeutung sein, ob sich Prognosen der vorliegenden Art in der Vergangenheit bereits wiederholt als unzutreffend erwiesen haben. Im Prozess gilt wie bei anderen sog. Ungewissheitstatbeständen eine abgestufte Darlegungslast. Danach besteht dann, wenn die spätere Entwicklung die Prognose des Arbeitsgebers bestätigt, eine ausreichende Vermutung dafür, dass sie hinreichend fundiert erstellt worden ist. Es ist dann Sache des Arbeitnehmers, Tatsachen vorzutragen, nach denen zumindest im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die Prognose nicht gerechtfertigt war. Hat sich dagegen die Prognose nicht bestätigt, muss der Arbeitgeber die Tatsachen vortragen, die ihm jedenfalls zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses den hinreichend sicheren Schluss darauf erlaubten, dass nach Ablauf der Befristung die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers wegen Fehlens einer gültigen Aufenthaltserlaubnis nicht mehr möglich sein werde (BAG 12. September 1996 - 7 AZR 790/95 - AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 182 = EzA BGB § 620 Nr. 142 zu II 4 der Gründe).

Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Beklagten nicht. Der Beklagte hat selbst vorgetragen, zum Zeitpunkt des letzten, am 27. September 1996 abgeschlossenen Vertrags sei völlig offen gewesen, ob die Aufenthaltserlaubnis des Klägers verlängert werde. Bei den zahlreichen in der Vergangenheit auf das Ende der Duldung, bzw. der Aufenthaltserlaubnis gestützten Befristungen hatte sich die Prognose letztlich immer wieder als unzutreffend erwiesen. Auch bei der letzten Befristung wurde sie nicht bestätigt, sondern die Aufenthaltsgenehmigung des Klägers erneut verlängert. Es wäre daher Sache des Beklagten gewesen, Tatsachen vorzubringen, die ihm jedenfalls zum Zeitpunkt des letzten Vertragsabschlusses den hinreichend sicheren Schluss darauf erlaubten, diesmal werde die Aufenthaltserlaubnis des Klägers nicht verlängert werden. Dies hat der Beklagte nicht getan.