OVG Hamburg

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Zitieren als:
OVG Hamburg, Urteil vom 22.01.1999 - 1 Bf 216/98.A - asyl.net: R649
https://www.asyl.net/rsdb/R649
Leitsatz:

Keine ernsthaften Gründe für menschenrechtswidrige Behandlung eines Togoers bei Rückkehr

hier: Asylantrag, längerer Auslandsaufenthalt; Mitgliedschaft im Verein Perspective Togo sowie Teilnahme an Veranstaltungen, ohne dabei hervorzutreten (amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Togo, Abschiebungshindernis, Widerruf, Zulässigkeit, Abänderungsklage, Abänderungsbeschluss, Rechtskraft, Streitgegenstand, Änderung der Sachlage, Situation bei Rückkehr, Politische Entwicklung, Präsidentschaftswahlen, Antragstellung als Asylgrund, Exilpolitische Betätigung, Perspective Togo, Überwachung im Aufnahmeland
Normen: AuslG § 53 Abs. 4; AsylVfG § 73 Abs. 3; VwGO § 113 Abs. 2; VwGO § 121
Auszüge:

In seiner neuesten Auskunft vom 4. November 1998 berichtet das Auswärtige Amt, daß es in den Monaten Juli bis September 1998 zu einigen staatlichen Übergriffen gegen in Togo tätige Oppositionelle und zu Verhaftungen von kritischen Journalisten gekommen sei. Die oppositionelle Presse, die weiterhin harsche Kritik gegenüber dem Präsidenten, der Regierung und dem Ergebnis der Präsidentschaftswahlen übe, berichte auch von vereinzelten Übergriffen auf Verteiler ihrer Zeitungen. Trotz der derzeitigen innenpolitischen Spannungen sei eine Änderung der Politik der togoischen Regierung gegenüber abgeschobenen Asylbewerbern nicht zu erkennen. Auch die letzten Erfahrungen zeigten, daß sich die togoischen Behörden um korrekte Behandlung der Rückkehrer bemühten, um deutschen Behörden und Exilorganisationen keinen Anlaß zur Kritik zu geben.

Diese Auskünfte des Auswärtigen Amtes sind überzeugend. Insbesondere besteht kein Anlaß für die Annahme, daß das Auswärtige Amt aus außenpolitischer Rücksicht oder sonstigen Gründen die Lage rückkehrender togoischer Asylbewerber unbedenklicher darstellt als sie tatsächlich ist. Gegen eine solche Annahme spricht schon der Umstand, daß in den genannten Lageberichten die Menschenrechtslage in Togo durchaus kritisch beurteilt und z.B. ausgeführt wird, daß desertierte Angehörige der Sicherheitskräfte und Angehörige der extremistischen, gewaltbereiten Opposition bei Rückkehr grundsätzlich gefährdet sind.

In seiner jüngsten Auskunft vom 10. Dezember 1998 berichtet der UNHCR über die Verfälschung des Ergebnisses der Präsidentschaftswahlen vom 21. Juni 1998, über die Ereignisse in Togo nach den Wahlen sowie über die ausländischen, insbesondere europäischen Reaktionen auf den Wahlausgang und die Übergriffe danach. Daraus folgert der UNHCR, daß die Entscheidung der Europäischen Kommission vom 25. November 1998, die Entwicklungszusammenarbeit mit Togo angesichts der derzeitigen Menschenrechtslage im Lande vorerst nicht wieder aufzunehmen, die Sorge begründe, Togo könne sich von seinen europäischen Partnern abwenden und ohne Rücksicht auf sein Ansehen in Europa togoische Rückkehrer aus europäischen Ländern behandeln. Deswegen sei nach den Wahlen davon auszugehen, daß bereits wenig profilierte Oppositionelle bei Rückkehr nach Togo gefährdet seien.

Es kann vorliegend unbeantwortet bleiben, ob diese Schlußfolgerungen zu überzeugen vermögen. Denn der Kläger ist kein Oppositioneller, der sich hier in irgendeiner Weise profiliert hat. Daß ihm wegen seines Asylantrages, seines Auslandsaufenthaltes oder seiner Exilaktivitäten bei Rückführung nach Togo Gefahr droht, läßt sich auch aus dieser jüngsten Auskunft des UNHCR nicht entnehmen.

Die von amnesty international angeführten Einzelfälle von Verhaftungen bei Rückkehr betreffen frühere Angehörige des Militärs, deren Sicherheitslage auch nach den Auskünften des Auswärtigen Amtes ganz anders zu bewerten ist als diejenige von Personen, denen allein ein Asylantrag und ein Auslandsaufenthalt vorgehalten werden könnte. Angesichts der Art und des Ziels der Verfolgung in Togo können aus diesen Einzelfällen keine Schlüsse auf die Behandlung von Asylbewerbern gezogen werden, die nicht dem Militär angehört haben. Bei den allgemeinen Folgerungen über die Gefährdung von Asylbewerbern wird ferner nicht hinreichend berücksichtigt, daß die togoischen Behörden bei einer Abschiebung zwar schließen können, daß der Rückkehrer im Ausland einen Asylantrag gestellt hat, daß sie aber seine Angaben im Asylverfahren nicht kennen, sondern vielmehr aus der Erfolglosigkeit des Asylbegehrens eher folgern müssen, daß die angeführten Asylgründe für die Gewährung von Asyl nicht ausgereicht haben. Unter Berücksichtigung der ihnen bekannten Tatsache, daß es viele togoische Wirtschaftsflüchtlinge gibt, können sie daher aus dem Asylantrag und dem Auslandsaufenthalt nicht auf eine Regimegegnerschaft schließen.