VG Hannover

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Zitieren als:
VG Hannover, Gerichtsbescheid vom 10.12.2008 - 4 A 5725/08 - asyl.net: M14950
https://www.asyl.net/rsdb/m14950
Leitsatz:

Keine Änderung der Lage in Togo, die einen Widerruf der Flüchtlingsanerkennung rechtfertigen würde; keine hinreichende Sicherheit vor erneuter Verfolgung.

Schlagwörter: Togo, Widerruf, Flüchtlingsanerkennung, herabgestufter Wahrscheinlichkeitsmaßstab, Verfolgungssicherheit, Regimewechsel, Reformen, Menschenrechtslage, Sicherheitslage, Oppositionelle, Situation bei Rückkehr, Grenzkontrollen
Normen: AufenthG § 60 Abs. 1; AsylVfG § 73 Abs. 1
Auszüge:

Keine Änderung der Lage in Togo, die einen Widerruf der Flüchtlingsanerkennung rechtfertigen würde; keine hinreichende Sicherheit vor erneuter Verfolgung.

(Leitsatz der Redaktion)

 

[...]

Die zulässige Klage ist begründet, denn der angefochtene Bescheid des Bundesamtes, mit dem die zuvor getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG in der Person des Klägers vorliegen, widerrufen und zugleich festgestellt wurde, dass die Voraussetzungen des - im wesentlichen inhaltsgleichen - § 60 Abs. 1 AufenthG nicht vorliegen, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 VwGO). Sein Hauptantrag ist erfolgreich. [...]

Ein Widerruf der Anerkennung als Asylberechtigter und der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft kommt somit im Regelfall nur in Betracht, wenn sich die zum Zeitpunkt der Anerkennung maßgeblichen Verhältnisse nachträglich erheblich und nicht nur vorübergehend so verändert haben, dass bei einer Rückkehr des Ausländers in seinen Herkunftsstaat eine Wiederholung der für die Flucht maßgeblichen Verfolgungsmaßnahmen auf absehbare Zeit mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen ist und nicht aus anderen Gründen erneut Verfolgung droht. Dieser Maßstab - und nicht der der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 18.07.2006 -1 C 15/05 -, BVerwGE 126, 243) - gilt auch in Fällen, in denen Asylbewerber als nicht "vorverfolgt" ausgereist aber nach dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit insbesondere wegen exilpolitischer Aktivitäten oder einer Asylantragstellung als gefährdet angesehen wurden. So hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Fall, in dem das Bundesamt wegen illegaler Ausreise aus dem Heimatland und Stellung eines Asylantrags in Deutschland die Feststellung getroffen hatte, die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG lägen vor, im Rahmen des nachfolgenden Widerrufsverfahrens nach § 73 Abs. 1 AsylVfG gefordert, dass eine erneute Gefährdung auf absehbare Zeit "mit hinreichender Sicherheit" ausgeschlossen sein müsse (Urteil vom 20.03.2007 -1 C 38.06 -, Buchholz 402.242 § 60 Abs; 2 ff AufenthG Nr. 27). Die vom Bundesverwaltungsgericht auch hier gewählte Formulierung, wonach es auf eine mögliche "Wiederholung der für die Flucht maßgeblichen Verfolgungsmaßnahmen" ankommt, rechtfertigt keine andere Bewertung. Aus dem nachfolgenden Satz ergibt sich, dass lediglich bei gänzlich neuer und andersartiger Verfolgung der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zur Anwendung kommen soll. Im Rahmen des § 73 Abs. 1 AsylVfG spielt es nach dieser Rechtsprechung hingegen keine Rolle, ob die Flüchtlingsanerkennung wegen bereits im Heimatland erlittener oder erst nach Ausreise drohender Verfolgung erfolgte. Das erkennende Gericht sieht (ebenso wie das VG Hamburg, Urteil vom 18.04.2008 - 20 A 604/07 -, zitiert nach der Rechtsprechungsdatenbank des VG Hamburg) keinen Anlass, von diesem vom Bundesverwaltungsgericht auf Nachtfluchtgründe erstreckten Maßstab abzuweichen.

Offen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lediglich die - im hier interessierenden Zusammenhang nicht relevante - Frage, ob dieser Maßstab unter Berücksichtigung von Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/83/EG auch in einer Situation gilt, in der die bisherigen Umstände, aufgrund derer der Betreffende als Flüchtling anerkannt worden ist, entfallen sind und nun neue, andersartige verfolgungsbegründende Umstände geltend gemacht werden (BVerwG, Beschluss vom 7.02.2008 - 10 C 23.07, 10 C 31.07, 10 C 33.07, Vorlagenfrage 3 InfAuslR 2008, 183). [...]

c) Die "Richtlinien zum Internationalen Schutz: Beendigung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Artikels 1 C (5) und (6) des Abkommens von 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ("Wegfall der Umstände"-Klauseln)" des UNHCR vom 10.02.2003 (vgl. www.asylanwalt.at/file.php) zeigen die entscheidenden Parameter unter "B. Beurteilung einer Änderung der Umstände im Herkunftsland" unter "Dauerhaftigkeit der Änderungen" (Rdnrn. 13 f.) auf:

"Entwicklungen, die bedeutende und grundlegende Änderungen zu offenbaren scheinen, sollten sich zunächst konsolidieren können, bevor eine Entscheidung zur Beendigung der Flüchtlingseigenschaft getroffen wird. Gelegentlich kann bereits nach relativ kurzer Zeit beurteilt werden, ob grundlegende und dauerhafte Änderungen stattgefunden haben. Dies ist der Fall, wenn z.B. friedliche Änderungen im Rahmen eines verfassungsmäßigen Verfahrens sowie freie gerechte Wahlen mit einem echten Wechsel der Regierung stattfinden, die der Achtung der fundamentalen Menschenrechte verpflichtet ist, und wenn im Land eine relative politische und wirtschaftliche Stabilität gegeben ist.

Dagegen wird mehr Zeit zur Beurteilung der Dauerhaftigkeit der Änderungen benötigt, wenn die Änderungen gewaltsam, beispielsweise durch den Umsturz eines Regimes, herbeigeführt wurden. Unter solchen Gegebenheiten muss die Menschenrechtssituation besonders sorgfältig überprüft werden. Für den Wiederaufbau des Landes muss genügend Zeit eingeräumt werden und Friedensvereinbarungen mit gegnerischen militanten Gruppen müssen sorgfältig überwacht werden. Dies ist besonders wichtig, wenn die Konflikte zwischen verschiedenen Volksgruppen bestanden, da eine echte Versöhnung in diesen Fällen erfahrungsgemäß häufig nur schwer zu erreichen ist. Solange die landesweite Versöhnung nicht fest verankert und ein echter Landesfrieden wiederhergestellt ist, sind die eingetretenen politischen Änderungen möglicherweise nicht von Dauer."

Danach kann für die Republik Togo noch keine hinreichende Stabilisierung angenommen werden (vgl. ebenso VG Hamburg, Urteil vom 18.04.2008, a.a.O.; VG Osnabrück, Urteil vom 2.11.2007 - 5A 209/07 -; VG Neustadt, Urteil vom 27.03.2008 - 2 K 1329/07 -, www.asyl.net/Magazin/Docs/2007/M-9/13512.pdf).

(1) Die Frage, ob es im Rahmen eines "verfassungsgemäßen" Verfahrens zu "einem echten Wechsel der Regierung" gekommen ist, kann bei wertender Gesamtbetrachtung der Entwicklung in Togo seit 2005 nicht positiv beantwortet werden. Die Macht wurde im Jahr 2005 - verfassungswidrig - durch das Militär auf den Sohn des seit 1967 diktatorisch herrschenden Staatspräsidenten Gnassingbé Eyadéma übertragen (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 30.11.2006, S. 4). Aufgrund von Unregelmäßigkeiten bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2005 - etwa der unkorrekten Ausgabe von Wahlkarten und dem Entfernen von Wahlurnen durch uniformierte Kräfte (Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Togo vom 29.01.2008, S. 5 [im Folgenden: Lagebericht]) - gab es nach der Bekanntgabe der Ergebnisse, wonach Faure Gnassingbé, Sohn des Gnassingbé Eyadéma, obsiegt haben sollte, erhebliche Unruhen in Lomé, die sich auf weitere größere Städte und ländliche Regionen ausbreiteten. Es kam zu einer massiven Unterdrückung durch Militär und Polizei. Die Sicherheitskräfte setzten scharfe Munition ein. Der Regierungspartei Rassemblement du Peuple Togolais - RTP - nahe stehende Schlägergruppen benutzten mit Nägeln bewehrte Holzknüppel. Mehrere hundert Personen sollen getötet worden sein, Tausende verletzt. Als Folge der Unruhen flohen über 40.000 Togoer in die Nachbarländer Benin und Ghana (Lagebericht S. 5).

Die im September 2006 gebildete "Regierung der nationalen Einheit" unter Beteiligung von Oppositionsparteien (Lagebericht, S. 6) hatte nur kurzen Bestand. Ihre Bildung steht überdies im unmittelbaren Zusammenhang mit einer finanziellen Unterstützung durch die EU. Eine Mission der EU-Kommission und EU-Präsidentschaft ("mission de suivi") hielt sich im Rahmen der Konsultationen nach Art. 96 des Cotonou-Abkommens im Oktober 2006 in Lomé auf. Als Folge ihrer positiven Feststeilungen hat die Mission die Freigabe von Finanzmitteln der EU für Togo empfohlen. (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 30.11.2006, S. 6). Trotz der finanziellen Unterstützung der EU - auch für die Mitte 2007 in Aussicht genommenen Präsidentschaftswahlen - fanden diese nach mehrfacher Verschiebung erst im Oktober 2007 statt. Nach den friedlich verlaufenden Wahlen am 14.10.2007, aus der die RTP mit absoluter Mehrheit als Sieger hervorging, ist eine Regierungsneubildung unter dem Präsidenten Faure Gnassingbé erfolgt, allerdings ohne Beteiligung der im Parlament weiter vertretenen Parteien Union des Forces pour le Changement - UFC und des Comité d'Action pour le Renouveau - CAR (U.S. Department of State, Background Note: Togo, Stand Januar 2008, www.state.gov/r/pa/ei/bgn/). Die zunächst angestrebte Allparteienregierung (Lagebericht, S. 4) ist damit ersichtlich nicht zustande gekommen. Ob die international anerkannten und "im allgemeinen" als frei, fair und transparent bezeichneten Wahlen (vgl. den am 11.03.2008 publizierten Bericht des U.S. Department of State, Country Reports on Human Rights Practices - 2007, www.state.goV/g/drl/rls/hrrpt/2007/) tatsächlich demokratischen Anforderungen genügten, ist nicht unumstritten. Die UFC sprach - als Wahlverlierer - von Unregelmäßigkeiten während der Wahlen und zweifelte das Wahlergebnis an (Bundesamt, Briefing Notes vom 22.10.2007, S. 3). Diese Einschätzung wird durch den Bericht der Koalition für die Beobachtung der Parlamentswahlen (CODEL - zitiert nach www.norddeutschemission.de/Dokumente/2007/Bericht_CODEL.htm vom 18.10.2007) gestützt. [...]

Die Machtverhältnisse sind - und auch das lässt einen "echten Wechsel der Regierung" als zweifelhaft erscheinen - in ethnischer Hinsicht ausgesprochen ungleich verteilt und verfestigt. Die ethnischen Gruppen aus den südlichen Gebieten Togos sind in Regierung und Militär unterrepräsentiert. So entstammen etwa 75 % der Armee-Offiziere und Soldaten der Ethnie der Kabiye, der auch der frühere Präsident angehörte und der gegenwärtige angehört. Die Kabiye stellen aber nur ca. 15 % der Bevölkerung (U.S. Department of State, a.a.O.). Dementsprechend kann angesichts der unveränderten Machtstrukturen allein eine Wahl bei diesem kurzen Zeitraum keine erhebliche, nicht nur vorübergehende Änderung belegen. Ein Richtungswechsel hätte aus der Wahl zum gegenwärtigen Zeitpunkt allein dann abgeleitet werden können, wenn die Oppositionsparteien obsiegt hätten und die RPT sowie das Militär eine Machtübernahme auch faktisch zugelassen hätten. Durch die Bildung einer Alleinregierung der RPT bedarf es eines längeren Zeitraums, währenddessen zu beobachten ist, wie nunmehr mit der politischen Opposition umgegangen werden wird.

(2) Ob die im Oktober gewählte Regierung im Sinne der UNHCR-Richtlinie der "Achtung der fundamentalen Menschenrechte verpflichtet ist", kann ebenfalls nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden.

Die bisher erfolgten Reformschritte in der Republik Togo haben allerdings die Anerkennung aller politischen Beobachter gefunden (Lagebericht, S. 6). Es bestehen auch keine Zweifel daran, dass sich die - schwach organisierten und demokratisch unerfahrenen - Oppositionsparteien "gegenwärtig" frei und ohne Einschränkungen betätigen können (Lagebericht, S. 7). Gleiches gilt für Menschenrechtsorganisationen. Auch hier stellt das Auswärtige Amt allerdings ausdrücklich auf die "gegenwärtige" Lage ab (Lagebericht, a.a.O.). Diese aktuelle Einschätzung korrespondiert mit der Bewertung der Gefährdung von Rückkehrern. Die in mehreren Fällen gegenüber dem Auswärtigen Amt aufgestellte Behauptung, togoische Staatsangehörige seien nach ihrer Rückkehr Opfer staatlicher Repression geworden, hat sich danach trotz angestellter Nachforschungen nicht bestätigt (Lagebericht, S. 13). Diese Sachlage mag es künftig regelmäßig rechtfertigen, togoischen Staatsangehörigen, die nicht als "vorverfolgt" gelten, wegen des dann anzuwendenden Maßstabes der beachtlichen Wahrscheinlichkeit eine Asyl- bzw. Flüchtlingsanerkennung zu versagen (vgl. VG Schwerin, Urteil vom 20.11.2007 - 5 A 1445/04 As; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 09.01.2008 - 10a K2487/02.A; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 09.08.2008 - 10a K 2487/02.A; a.A. VG Oldenburg, Urt. v. 19.11.2007, 7 A 3486/04: auch ein Vorverfolgter, der 1990 vor dem Zugriff von Milizen fliehen musste, ist hinreichend sicher), auch wenn davon auszugehen ist, dass politische Aktivitäten von Togoern und togoischen Exilorganisationen in Deutschland von togoischen Regierungskreisen beobachtet werden (Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 23.02.06).

Insgesamt ist die Menschenrechtslage in Togo jedoch auch noch im Jahr 2007 als ernst bewertet worden (vgl. insoweit U.S. Department of State, a.a.O.: "... serious human rights problems continued ..."). Die Institutionen des Staates (Justiz, Ordnungskräfte, Militär) wie auch die politischen Parteien werden als schwach und demokratisch unerfahren eingeschätzt, "... so dass von einer Konsolidierung Togos noch keine Rede sein kann ..." (Lagebericht, S. 4).

Dieser allgemeinen Einschätzung schließt sich das Gericht unter besonderer Würdigung der fehlenden rechtlichen Aufarbeitung der Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der Wahl im Jahr 2005 (vgl. aa), den Feststellungen des UN-Sonderberichterstatters für Folter aus dem Jahr 2007 (vgl. bb), dem aktuellen Auslieferungsabkommen zwischen Togo, Ghana, Benin und Nigeria (vgl. cc) und den Erkenntnissen des UNHCR (vgl. dd) an.

aa) Ungeachtet des Drucks aus dem In- und Ausland herrscht in Togo offenbar weiter ein Klima der Straflosigkeit. [...]

bb) Auch die Entwicklung im Jahr 2007 lässt eine zureichende Verstetigung des begonnenen Reformprozesses ungeachtet der durchgeführten Wahlen als fraglich erscheinen. Ein vermeintliches "Wohlverhalten" aufgrund internationalen Drucks dürfte keine hinreichende Gewähr für erfolgreiche Reformen sein. [...]

cc) Dem Gesamteindruck zur Lage in dem westafrikanischen Staat entspricht es, dass ein Auslieferungsabkommen zwischen Togo, Ghana, Benin und Nigeria ausdrücklich die Fälle politischer Straftaten von einer Rückführung ausnimmt (Lagebericht, S. 16, letzter Satz). Hintergrund dürfte zumindest auch der bisher praktizierte - häufig menschenrechtswidrige - Umgang bei politisch motivierten Festnahmen sein (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 30.11.2006, S. 11).

dd) Schließlich sind die Sicherheitsprobleme in Togo nicht ausgeräumt. Zum einen ergeben sich aus dem UNHCR-Bericht vom 07.08.2006 "Update on International Protection Needs of Asylum-Seekers from Togo" (http://www.unhcr.se/Pdf/help/Togo_2006.pdf) fehlende Fortschritte bei den anstehenden Strukturreformen insbesondere hinsichtlich der Streitkräfte: "... however, there has been an absence of progress on other elements of the structural reform required." An dieser Einschätzung des UNHCR hat sich substantiell nichts geändert. Der UNHCR sieht - ebenso wie das erkennende Gericht - "bisher keine ausreichende Faktenbasis" und verweist ausdrücklich mit seiner Stellungnahme vom 07.04.2008 (zitiert aus dem Urteil des VG Hamburg vom 18.04.2008, a.a.O.) auf die Schlussfolgerungen aus dem Bericht vom 07.08.2006 (Gleiches ergibt aus dem Bericht der schweizerischen Flüchtlingshilfe, a.a.O., S. 7). Zum anderen bestehen zahlreiche private Gesellschaften mit Wach- und Sicherheitsleuten sowie paramilitärische Milizen, die zwar das Militär unterstützen, aber dadurch zu Unsicherheit und Toten in der Bevölkerung geführt haben (Schweizerische Flüchtlingshilfe, a.a.O., S. 8).

d) Für Rückkehrer kann keine hinreichende Verfolgungssicherheit prognostiziert werden. Bei der unter c) aufgezeigten instabilen Lage kann trotz aller positiven Ansätze nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, dass als Flüchtlinge anerkannten togoischen Staatsangehörigen bei einer Rückkehr in ihr Heimatland staatliche Übergriffe drohen. An die Wahrscheinlichkeit des Ausschlusses sind hohe Anforderungen zu stellen. Es muss mehr als nur überwiegend wahrscheinlich sein, dass der Flüchtling im Heimatstaat vor Verfolgungsmaßnahmen sicher ist. Zwar braucht die Gefahr des Eintritts politischer Verfolgungsmaßnahmen nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen zu werden, so dass jeder auch nur geringe Zweifel an der Sicherheit des Flüchtlings vor politischer Verfolgung seinem Begehren zum Erfolg verhelfen müsste. Lassen sich aber ernsthafte Bedenken nicht ausräumen, so wirken sie sich nach diesen Maßstäben zu seinen Gunsten aus (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 18.02.1997, NVwZ 1997, 1134). Danach stehen schon die Einreisemodalitäten der Annahme einer zureichenden Verfolgungssicherheit entgegen. Zwar sind die togoischen Behörden "in der Regel" um eine korrekte Behandlung bemüht, um weder den deutschen Behörden noch den togoischen Exilorganisationen Anlass zu Kritik zu geben. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass Grenzkontroll-, Polizei- oder andere Beamte Rückkehrer in Einzelfällen "inkorrekt" behandeln (Lagebericht, S. 12). Folter stellt in Togo heute ebenso ein Problem dar wie eine von der Regierung abhängige Justiz (vgl. U.S. Department of State a.a.O.).

Dass staatliche Übergriffe keine Ausnahmeerscheinungen sind, zeigen schon der Bericht des UN-Sonderberichterstatters für Folter vom 18.04.2007 sowie die Behandlung dessen Mitarbeiter im Militärlager von Kara (s.o.).

Für die Annahme einer hinreichenden Verfolgungssicherheit wird es nach alledem erforderlich sein, den eingeleiteten Demokratisierungsprozess in Togo noch über einen gewissen Zeitraum von wohl ein bis zwei Jahren zu beobachten (ebenso VG Osnabrück, Urteil vom 20.11.2007, a.a.O.; VG Hamburg, Urteil vom 18.04.2008, a.a.O.). Bestätigt in seiner vorsichtigen Einschätzung des Konsolidierungsprozesses in Togo sieht sich das Gericht durch die Einschätzung des Auswärtigen Amtes zur Menschenrechtslage in Togo (http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Togo/lnnenpolitik.html, abgerufen am 30.04.2008):

Die bisherigen Reformschritte haben die Anerkennung aller unabhängigen Beobachter gefunden. Seit Einsetzen des noch nicht institutionalisierten "nationalen Dialogs" Ende 2005 wurden gezielte Übergriffe staatlicher Organe und regierungsnaher sonstiger Gruppen gegen Oppositionelle nicht mehr gemeldet. Oppositionsparteien, Medien, Gruppierungen der Zivilgesellschaft und Kirchen können frei agieren. Gleichwohl sind die Institutionen des Staates (Justiz, Verwaltung, Ordnungskräfte, Militär) wie auch die politischen Parteien noch schwach und demokratisch unerfahren, so dass von einer abgeschlossenen Konsolidierung Togos noch nicht gesprochen werden kann. [...]