Armenien macht die Ausbürgerung von der Ableistung des Wehrdienstes abhängig; die Ableistung des Wehrdienstes durch einen Einbürgerungsbewerber ist gem. § 12 Abs. 1 StAG jedenfalls dann unzumutbar, wenn er den überwiegenden Teil seiner Schulausbildung in deutschen Schulen erhalten hat und in die deutschen Lebensverhältnisse hineingewachsen ist; ist die Ableistung des Wehrdienstes für einen Einbürgerungsbewerber unzumutbar, kann er nicht auf die Möglichkeit verwiesen werden, sich von der Wehrpflicht "freizukaufen".
Armenien macht die Ausbürgerung von der Ableistung des Wehrdienstes abhängig; die Ableistung des Wehrdienstes durch einen Einbürgerungsbewerber ist gem. § 12 Abs. 1 StAG jedenfalls dann unzumutbar, wenn er den überwiegenden Teil seiner Schulausbildung in deutschen Schulen erhalten hat und in die deutschen Lebensverhältnisse hineingewachsen ist; ist die Ableistung des Wehrdienstes für einen Einbürgerungsbewerber unzumutbar, kann er nicht auf die Möglichkeit verwiesen werden, sich von der Wehrpflicht "freizukaufen".
(Leitsatz der Redaktion)
[...]
Die Klage, über die die Kammer mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (vgl. § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -), ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat bezogen auf den für die verwaltungsgerichtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung einen Anspruch auf Einbürgerung nach § 10 Abs. 1 Satz 1 StAG. [...]
Der Kläger erfüllt diese Voraussetzungen mit Ausnahme des in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG geregelten Erfordernisses der Aufgabe bzw. des Verlustes der bisherigen Staatsangehörigkeit.
Der Kläger verliert seine armenische Staatsangehörigkeit nach armenischem Staatsangehörigkeitsrecht zunächst nicht automatisch im Zeitpunkt seiner Einbürgerung. Hierfür bedarf es nach Art. 23 ff. des armenischen Staatsangehörigkeitsgesetzes (- armStAG -; zitiert nach Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderabschnitt Armenien) vielmehr einer positiven Entscheidung über einen Entlassungsantrag (Art. 23 Nr. 1, 24, 26, 29 armStAG) bzw. einer Aberkennung durch den Präsidenten der Republik (Art 23 Nr. 2, 25, 26, 29 armStAG). Beides liegt hier jedoch unstreitig nicht vor. Zwischen den Beteiligten ist allein streitig, ob im Fall des Klägers ausnahmsweise auf die Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit verzichtet werden kann und ein Anspruch auf eine Einbürgerung unter Hinnahme der Mehrstaatigkeit besteht. Diese Frage ist im Sinne des Klägers zu bejahen.
Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 StAG ist von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG, also dem Erfordernis der Aufgabe bzw. des Verlustes der bisherigen Staatsangehörigkeit, abzusehen, wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann. Dies ist nach § 12 Abs. 1 Satz 2 StAG unter anderem dann der Fall, wenn das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus dessen Staatsangehörigkeit nicht vorsieht (Nr. 1), der ausländische Staat die Entlassung regelmäßig verweigert (Nr. 2) oder der ausländische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit aus Gründen versagt hat, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, oder von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht oder über den vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag nicht in angemessener Zeit entschieden hat (Nr. 3).
Vorliegend kann angesichts der bereits zitierten Regelungen des armenischen Staatsangehörigkeitsgesetzes nicht festgestellt werden, dass ein Ausscheiden aus der armenischen Staatsangehörigkeit rechtlich nicht möglich ist. Ebenso fehlt es an Anhaltspunkten dafür, dass der armenische Staat die Entlassung regelmäßig verweigert. Zugunsten des Klägers ist jedoch davon auszugehen, dass der armenische Staat in seinem Fall die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit von unzumutbaren Bedingungen abhängig macht (2. Alternative des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG).
Der Herkunftsstaat macht die Entlassung dann von unzumutbaren Bedingungen - in der Sache oder im Verfahren - abhängig, wenn diese bei einer normativ geleiteten Betrachtung nicht mehr als sachgerecht anzuerkennen sind. Allgemeiner Maßstab der abwägenden Zumutbarkeitsbetrachtung ist eine am Gerechtigkeitsdenken orientierte Betrachtung, die zum einen die völker(vertrags)rechtlichen Vorgaben (einerseits Menschenrecht auf Wechsel der Staatsangehörigkeit, andererseits Recht der Staaten, autonom über die Entlassungsgründe zu bestimmen) berücksichtigt, zum anderen aber auch, dass sich die grundsätzliche Respektierung der Rechtsordnung anderer Staaten bei der Anwendung und Auslegung innerstaatlichen Rechts an den grundgesetzlichen Wertmaßstäben messen zu lassen hat (vgl. im Einzelnen Berlit in: Gemeinschaftskommentar zum Staatsangehörigkeitsrecht, Loseblatt-Sammlung (Stand: März 2008), § 12 Rdnr. 55 ff., 106 ff.).
Entscheidend ist in diesem Zusammenhang nicht eine abstrakte Betrachtungsweise. Abzustellen ist vielmehr auf die Frage einer Zumutbarkeit für den jeweiligen Einbürgerungsantragsteller nach seinen konkreten Verhältnissen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Dabei handelt es sich bei dem Rechtsbegriff der "unzumutbaren Bedingungen" um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Ein Beurteilungsspielraum kommt der Einbürgerungsbehörde nicht zu (vgl. Berlit, a.a.O., § 12 Rdnr. 106, 108 ff.).
Der Kläger beruft sich vorliegend darauf, dass der armenische Staat die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit von der Ableistung des Wehrdienstes abhängig mache. Die Möglichkeit der Begründung einer gesetzlichen Wehrpflicht ist jedoch zunächst Ausdruck einer aus dem Staatsangehörigkeitsverhältnis folgenden besonderen Pflichtenbindung. Die Erfüllung einer gesetzlichen Wehrpflicht gehört daher grundsätzlich zu den statthaften und abstrakt zumutbaren Entlassungsvoraussetzungen (vgl. Berlit, a.a.O., § 12 Rdnr. 148).
Die Erfüllung der Wehrpflicht als Entlassungsvoraussetzung kann aber im Einzelfall konkret unzumutbar werden bei nachhaltiger Lockerung der staatsbürgerrechtlich vermittelten Pflichtenbindung durch langjährigen Auslandsaufenthalt auch nach Eintritt der gesetzlichen Wehrpflicht oder durch das Erreichen eines Alters, in dem nach dem Recht des Heimatstaates die Wehrpflicht aus Altersgründen nicht mehr erfüllt werden kann. Das Festhalten an der bisherigen Staatsangehörigkeit ist in diesen Fällen zwar völkerrechtlich statthaft, macht aber als besonderer Umstand die Erfüllung der Wehrpflicht für den Einbürgerungsantragsteller unzumutbar (vgl. Berlit, a.a.O., § 12 Rdnr. 149; Geyer in: Hofmann/Hoffmann, Kommentar zum Ausländerrecht, 1. Auflage 2008, § 12 StAG Rdnr. 22).
Der Gesetzgeber hatte insoweit in § 12 Abs. 3 StAG in der bis zum 27. August 2007 gültigen Fassung (StAG a.F.) bestimmt, dass von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StAG abgesehen werden kann, wenn der ausländische Staat die Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit von der Leistung des Wehrdienstes abhängig macht und der Ausländer den überwiegenden Teil seiner Schulausbildung in deutschen Schulen erhalten hat und im Inland in deutsche Lebensverhältnisse und in das wehrpflichtige Alter hineingewachsen ist. Diese Regelung ist zwar durch Art. 5 Nr. 9 c) des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 mit Wirkung zum 28. August 2007 aufgehoben worden. Aus der Begründung des Gesetzesentwurfes (BT-Drucks. 16/5065, S. 229) wird jedoch deutlich, dass die Streichung der Ausnahmeregelung des Absatzes 3 auf Praktikabilitätserwägungen beruhte und der Gesetzgeber den dort geregelten Fall ausdrücklich weiterhin als einen Fall der Unzumutbarkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG angesehen hat ("Fälle, die bisher von der jetzt gestrichenen Regelung erfasst wurden, fallen alle auch unter die Ausnahmeregelung nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 3"). Dies führt im Ergebnis zu einer Verbesserung der Rechtsposition des jeweiligen Einbürgerungsantragstellers, weil die Entscheidung über eine Hinnahme von Mehrstaatigkeit anders als nach alter Rechtslage jetzt nicht mehr im Ermessen der Behörde steht, sondern bei Vorliegen der Voraussetzungen obligatorisch ist (vgl. Geyer, a.a.O., § 12 StAG Rdnr. 22; in diesem Sinne ebenso: Ziffer 12.1.2.3.2.2 der Vorläufigen Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern vom 19. Oktober 2007).
Die Voraussetzungen dieses Ausnahmetatbestandes liegen im Fall des Klägers vor. Dass der inzwischen 26-jährige Kläger, der im Alter von zehn Jahren nach Deutschland gekommen ist, acht Jahre lang eine allgemeinbildende Schule besucht hat und nunmehr an der ... im Studiengang Chemie studiert, den überwiegenden Teil seiner Schulausbildung in deutschen Schulen erhalten hat und im Inland in deutsche Lebensverhältnisse und in das wehrpflichtige Alter hineingewachsen ist, steht für die Kammer außer Frage. [...]
Der Herkunftsstaat macht die Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit dann von der Leistung des Wehrdienstes abhängig, wenn die Nichtableistung des Wehrdienstes erkennbar das (tragende) Hindernis einer an sich nach dem Recht des Herkunftsstaates möglichen Entlassung ist. Die Entlassung wird auch dann von der Leistung des Wehrdienstes abhängig gemacht, wenn der Herkunftsstaat nicht die persönliche Ableistung des Wehrdienstes verlangt, sondern die Möglichkeit eröffnet, diesen durch eine Geldleistung ganz oder teilweise abzuwenden. Denn der "Freikauf" von der Wehrpflicht ist in diesem Zusammenhang lediglich eine Sonderform, den Wehrdienst abzuleisten (vgl. Berlit, a.a.O., § 12 Rdnr. 164, 302 ff. m.w.N.).
Vorliegend ist für die Kammer nicht zweifelhaft, dass der Kläger tatsächlich konkret wehrpflichtig in der armenischen Armee ist. Insoweit folgt aus § 5 Ziffern 1 und 2 des Gesetzes über den Militärdienst (Militärdienstgesetz - MdG -), dass regulär wehrpflichtig sind alle Männer im Alter von 18 bis 27 Jahren (vgl. Konrad, Wehrpflicht in der Republik Armenien, Arbeitspapier für das Transkaukasus-Institut vom 25. Oktober 2007, Asylmagazin 11/2007, im Internet aufgerufen am 18. Mai 2009 unter: www.asyl.net/Laenderinfo/Armenien.html; vgl. hierzu auch Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 26. Januar 2007 - 9 B 01.30309 -, <juris>).
Ausnahmeregelungen, nach denen im Ausland aufhältige Armenier vom Wehrdienst befreit sind oder eine entsprechende Ausnahmegenehmigung beantragen können, existieren nicht. Nach dem im Jahr 2004 in Kraft getretenen sog. "Alternativdienst-Gesetz" gibt es inzwischen die Möglichkeit, einen Wehrdienst ohne Waffen oder einen echten Alternativdienst in Krankenhäusern oder sozialen Einrichtungen abzuleisten. Auch diese Alternativdienste sind jedoch in Armenien abzuleisten. Ein Recht zur Wehrdienstverweigerung besteht nicht. Kriegsdienstverweigerer werden nach wie vor verhaftet und bestraft (vgl. Konrad, a.a.O.; amnesty international, Länderbericht "Armenien" 2008, im Internet aufgerufen am 18. Mai 2009 unter: www.amnesty.de/jahresbericht/2008/armenien; vgl. hierzu auch das vom Beklagten im Erörterungstermin vorgelegte "Merkblatt" des Bundesministeriums des Innern zur Vorgehensweise "bei Problemen armenischer Jugendlicher mit der Beschaffung eines armenischen Reisepasses im Zusammenhang mit der armenischen Wehrpflicht").
Aus vorstehenden Gründen ist davon auszugehen, dass der Kläger tatsächlich wehrpflichtig ist. Eines Einberufungsbescheides, der die bestehende Wehrpflicht lediglich konkretisiert und verwaltungstechnisch umsetzt, bedarf es für diese Feststellung nicht.
Die fehlende Erfüllung der Wehrpflicht durch den Kläger stellt nach armenischem Recht auch ein (abstraktes) Entlassungshindernis dar. Denn nach Art. 24 Nr. 4 armStAG ist der Antrag eines Bürgers auf Entlassung aus der Staatsangehörigkeit der Republik Armenien u.a. dann abzulehnen, wenn der Bürger unerfüllte Verpflichtungen gegenüber dem Staat, Unternehmen, Organisationen oder Bürgern hat. Hierzu ist ohne weiteres auch die Erfüllung der Wehrpflicht zu zählen. Allerdings ist regelmäßig maßgeblich nicht die abstrakte Rechtslage, sondern die tatsächliche Handhabung der Gesetze durch die zuständigen Behörden des Herkunftsstaates, also die tatsächliche Verwaltungspraxis (vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 25. September 2008 - 19 A 1221/04 -, <juris>).
Insoweit liefert aber bereits das vom Kläger vorgelegte Schreiben der Deutschen Botschaft vom 4. Dezember 2006 ein Indiz dafür, dass die Verwaltungspraxis der armenischen Behörden mit der Rechtslage übereinstimmt. [...] Diese Einschätzung wird bestätigt durch den vom Beklagten im Erörterungstermin vorgelegten Erlass des Bundesministeriums des Innern vom 5. Dezember 2008 (Az.: M II 5 - 124 080 ARM/1), in dem mit Blick auf die Neufassung des armenischen Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 26. Februar 2007 unter Bezugnahme auf eine Mitteilung der Botschaft F. ausdrücklich ausgeführt wird: "Keine Änderungen hätten sich bei armenischen Staatsangehörigen ergeben, die noch keinen Wehrdienst geleistet haben. Eine Entlassung aus der armenischen Staatsangehörigkeit sei in diesem Fall nach wie vor nicht möglich. Es bestehe jedoch die Möglichkeit der Ableistung eines alternativen Dienstes (innerhalb des Militärs, jedoch nicht an der Waffe) sowie die Möglichkeit des Freikaufs". Es bestehen demnach verdichtete Indizien dafür, dass die Entlassung aus der armenischen Staatsangehörigkeit nicht nur nach der abstrakten Rechtslage, sondern auch in der Verwaltungspraxis generell von der Ableistung des Wehrdienstes bzw. eines Alternativdienstes oder Freikaufs abhängig gemacht wird.
Dafür, dass die zuständigen armenischen Behörden auch im konkreten Fall des Klägers eine Entlassung aus der armenischen Staatsangehörigkeit erst nach Ableistung des Wehrdienstes oder nach einem "Freikauf" von der Wehrpflicht vornehmen werden, fehlt es hier zwar an einer - belegbaren - Verwaltungsentscheidung. Der Kläger kann nicht einmal die Stellung eines formgerechten und vollständigen Antrages auf Entlassung aus der armenischen Staatsangehörigkeit belegen.
Grundsätzlich gehört die Erfüllung von Form- und Verfahrenserfordernissen auch zu den zumutbaren Verfahrensanforderungen, die ein Herkunftsstaat an die Entscheidung über die Entlassung aus der bisherigen Staatsangehörigkeit knüpfen kann. Hierzu gehört auch und gerade die Wahrung eines Schriftformerfordernisses oder die Benutzung zugänglicher Formulare, die Abgabe eines vollständigen Antrages unter Vorlage der zum Nachweis erforderlichen Dokumente und Urkunden und im Regelfall auch eine etwaige persönliche Vorsprache bei der Auslandsvertretung des Herkunftsstaates. Der Nachweis der Erfüllung der Verfahrens-, Form- und Vollständigkeitsanforderungen obliegt dabei dem Einbürgerungsantragsteller (vgl. Berlit, a.a.O., § 12 Rdnr. 77, 116, 179 ff. m.w.N.)
Im Einzelfall kann jedoch auch ein unvollständiger oder formwidriger Antrag ausreichen, wenn es dem Ausländer objektiv unmöglich oder subjektiv unzumutbar ist, zur Vervollständigung des Antrages erforderliche Dokumente beizubringen, auf deren Vorlage der Herkunftsstaat trotz ernsthafter und nachhaltiger Bemühungen nicht verzichtet hat (vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 3. Mai 2007 - 5 C 3.06 -, BVerwGE 129, 20; Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 15. November 2002 - 13 S 810/02 -, DVBl. 2003, 469; Berlit, a.a.O., § 12 Rdnr. 49, 80 f., 116, 183 f. und 308).
Hiervon ist vorliegend auszugehen. Die Kammer ist nach dem Inhalt der Akten und den im durchgeführten Erörterungstermin gemachten überzeugenden Angaben des Klägers, die der Berichterstatter der Kammer vollumfänglich vermittelt hat, davon überzeugt, dass der Kläger sich gemeinsam mit seinem Bruder seit Jahren ernsthaft und nachhaltig darum bemüht hat, bei der armenischen Botschaft in Berlin einen Antrag auf Entlassung aus der Staatsangehörigkeit zu stellen, dass es jedoch wegen einer vom Kläger nicht zu vertretenden Unvollständigkeit der dem Antrag beizufügenden Unterlagen, namentlich wegen des Fehlens einer ihm nicht zur Verfügung stehenden und für ihn auch mit zumutbaren Mitteln nicht erreichbaren Bescheinigung über die Ableistung des Wehrdienstes, gar nicht erst zu einer Antragsaufnahme gekommen ist. [...]
Vor diesem Hintergrund gibt es auch keinen greifbaren Anhaltspunkt dafür, dass die vom Beklagten im Erörterungstermin unter Bezugnahme auf das bereits erwähnte "Merkblatt" des Bundesministeriums des Innern formulierte Forderung, der Kläger solle zunächst in Armenien eine Wehrpflichtregistrierung vornehmen lassen, sich sodann um einen armenischen Reisepass bemühen und unter Inanspruchnahme der Freikaufmöglichkeiten eine Erfüllung seiner Staatsbürgerpflichten erreichen, um schließlich einen vollständigen und formgerechten Entlassungsantrag einreichen zu können, erfolgversprechend sein könnte. Letztlich gesteht auch der Beklagte, der den tatsächlichen Vortrag des Klägers in keinem Punkt in Abrede stellt, sondern sich allein darauf beruft, es sei nicht nachgewiesen, dass ein Entlassungsantrag überhaupt gestellt bzw. unter Berufung auf die Wehrpflicht des Klägers abgelehnt worden sei, ein, dass eine Entlassung aus der Staatsangehörigkeit der Republik Armenien ohne Ableistung des Wehrdienstes nur durch einen Freikauf möglich ist. Auch ein solcher Freikauf ist als Ersatzleistung, die an die nach dem Recht des Herkunftsstaates bestehende Wehrpflicht anknüpft und deren Ableistung ersetzen könnte, dem Entlassungshindernis "Nichtableistung des Wehrdienstes" aber gleichzustellen und dem Kläger nach den eingangs dargestellten Grundsätzen angesichts der persönlichen Biografie, die einen langjährigen Aufenthalt in der Bundesrepublik und eine weit fortgeschrittene bzw. inzwischen sogar bereits abgeschlossene Integration in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse aufweist und von einer nachhaltigen Lockerung der Bindung an den Herkunftsstaat geprägt ist, nicht zumutbar (vgl. Berlit, a.a.O., § 12 Rdnr. 164, 302 ff. m.w.N.). [...]