Innenministerium Hessen zur Ausbildungsduldung:
1. Liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausbildungsduldung vor und sind keine Ausschlussgründe ersichtlich, so ist das Ermessen der Ausländerbehörde gem. § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG hinsichtlich der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis im Regelfall auf Null reduziert; es handelt sich insofern um ein auf die Erteilung intendiertes Ermessen (folgend der geänderten Rechtsprechung des VGH Hessen: Beschluss vom 15.02.2018 - 3 B 2137/17; 3 D 2138/17 - asyl.net: M26056)
2. Staatsangehörige sicherer Herkunftsstaaten gem. § 29a AsylG können einen Anspruch auf Erteilung der Ausbildungsduldung haben, wenn ein nach dem 31.08.2015 gestellter Asylantrag nicht abgelehnt wurde. Der bloße Verzicht auf die Antragstellung begründet keinen Rechtsmissbrauch.
3. Konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung i.S.d. § 60a Abs. 2 S. 4 AufenthG sind nur solche, die nach typisierender Betrachtung prognostisch bereits in engem sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung selbst stehen; die Befristung der Duldung allein fällt noch nicht darunter.
(Zusammenfassung der Redaktion; Änderung des Erlasses vom 14.07.2017 - asyl.net: M25497)
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Ausweislich der amtlichen Begründung zum Gesetzentwurf zu § 60a AufenthG (BT-Drs. 18/9090, S. 25 ff.) wollte der Gesetzgeber bei Aufnahme einer qualifizierten Berufsausbildung – anders als in der bis zum 5. August 2016 geltenden Vorgängerfassung des § 60a AufenthG – eine gebundene Entscheidung vorsehen. Da die Aufnahme einer Berufsausbildung nicht der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit unterliegt (vgl. § 32 Abs. 2 Nr. 2 BeschV), ist die zuständige Kammer die einzige Stelle, die eine Prüfung der Vertragsinhalte des Berufsausbildungsvertrages auf formelle und rechtliche Richtigkeit vornimmt – so auch die Prüfung, ob die Ausbildungsstätte zur Berufsausbildung berechtigt ist. Diese Prüfungen werden vor Eintrag in die Lehrlingsrolle vorgenommen. [...]
Die Herkunft aus einem sicheren Herkunftsstaat für sich allein stelle keinen Ausschlussgrund mehr dar. Bei Vorliegen der Erteilungsvoraussetzungen und Nichtvorliegen von Ausschlussgründen des § 60a Abs. 2 Satz 4, Abs. 6 AufenthG sei das Ermessen der Behörde bezüglich der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG im Regelfall auf Null reduziert. Insbesondere können die Tatbestandselemente, die in § 60a Abs. 2 Satz 4, Abs. 6 AufenthG als anspruchsbegründend oder als Ausschlusstatbestände normiert sind, nicht mit einer dem Wortlaut der Neuregelung und dem Willen des Gesetzgebers entgegenlaufenden Intention erneut zum Gegenstand behördlicher Ermessenserwägungen gemacht werden. Die in § 60a Abs. 2 Satz 4, Abs. 6 AufenthG erfassten Lebenssachverhalte sind (spezialgesetzlich) abschließend geregelt und insoweit auch bei der Ermessensausübung nach § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG als ermessensleitend zu beachten. Bei dem der Ausländerbehörde eingeräumten Ermessen hinsichtlich der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis handele es sich für den Bereich der Ausbildungsduldungen um ein auf die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis gerichtetes intendiertes Ermessen, so die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausbildungsduldung vorliegen. Ein gezielter Missbrauch werde vom intendierten Ermessen nicht erfasst. [...]
Der Gesetzgeber habe sich im Gegensatz zur Vorgängerregelung, die allein auf die Herkunft aus einem sicheren Herkunftsstaat gemäß § 29a AsylG abgestellt hat, für eine Fristenregelung entschieden. Dem Antragsteller könne auch nicht Rechtsmissbrauch vorgeworfen werden, da er keinen Asylantrag gestellt habe. Er habe sich so verhalten, wie die Rechtsordnung es von einem Staatsangehörigen aus einem sicheren Herkunftsstaat erwarte. Der Regelungsgehalt der §§ 4 Abs. 2 Satz 3, 60a Abs. 2 Satz 4, Abs. 6 AufenthG bestimme, dass eine Duldung (bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen) zu erteilen ist, sofern konkrete Maßnahme zur Aufenthaltsbeendigung nicht bevorstehen. Wortlaut und gesetzgeberische Intention legen dabei die Auffassung nahe, dass hierunter alle Maßnahmen fallen, die nach typisierender Betrachtung prognostisch bereits einen engen sachlichen und vor allem zeitlichen Zusammenhang mit der Abschiebung selbst stehen. Allein die konkrete Ausgestaltung einer Duldung, wie etwa deren Befristung, falle nicht hierunter.
Da der Hessische Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich an seiner Auffassung hinsichtlich der einzustellenden Ermessenserwägungen in dem Beschluss vom 21. April 2017 (3 B 826/17 und 3 D 828/17) nicht mehr festhält, sind die Ausführungen in dem Erlass vom 14. Juli 2017 zur Duldungserteilung zum Zwecke der Ausbildung unter Nr. 3 und Nr. 5, vierter Absatz, inhaltlich überholt und damit gegenstandslos. [...]