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Zitieren als:
BGH, Beschluss vom 07.04.2020 - XIII ZB 37/19 - asyl.net: M28370
https://www.asyl.net/rsdb/m28370
Leitsatz:

Dokumentation der Anhörung im Haftverfahren auch durch dienstliche Stellungnahme einer Haftrichterin möglich:

§ 165 ZPO, wonach die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten nur durch das Protokoll bewiesen werden kann, findet auf den Vermerk nach § 28 Abs. 4 FamFG, mit dem die Anhörung der betroffenen Person durch die Haftrichterin dokumentiert wird, kein Anwendung. Daher kann die Übergabe und Übersetzung eines Haftantrags an die betroffene Person auch durch eine nachträglich erstellte dienstliche Stellungnahme der Haftrichterin dokumentiert werden.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Haftantrag, Übergabe, Aushändigung, Übersetzung, Protokoll, dienstliche Stellungnahme, Förmlichkeiten
Normen: FamFG § 28 Abs. 4, ZPO § 165
Auszüge:

[...]

12 aa) Das Gesetz misst dem Haftantrag eine besondere Bedeutung für die Zulässigkeit der Anordnung von Sicherungshaft zu. Eine Ablichtung des Haftantrags ist dem Betroffenen deshalb vor seiner gerichtlichen Anhörung auszuhändigen und erforderlichenfalls mündlich zu übersetzen. Dass dies geschehen ist, muss dem Protokoll über die Anhörung zu entnehmen oder in anderer Weise in der Akte dokumentiert sein (BGH, Beschluss vom 16. Januar 2014 - V ZB 108/13, juris Rn. 5 mwN). Dadurch wird sichergestellt, dass sich der Betroffene zu sämtlichen (tatsächlichen und rechtlichen) Angaben der beteiligten Behörde äußern und gegenüber dem Haftantrag verteidigen kann. Unterbleibt die Übergabe des Haftantrags oder seine vollständige Übersetzung, verletzt dies den Betroffenen in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (BGH, Beschluss vom 16. Januar 2014 - V ZB 108/13, juris Rn. 8; Beschluss vom 12. März 2015 - V ZB 187/14, InfAuslR 2015, 301 Rn. 4 f.).

bb} Diesen Anforderungen ist im Streitfall genügt. Dass der Haftantrag übersetzt und übergeben wurde, ist zwar - wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt - nicht im Protokoll der Anhörung beim Amtsgericht vom 23. Dezember 2017 dokumentiert. Dies führt jedoch nicht dazu, dass - entgegen den Feststellungen des Beschwerdegerichts - davon auszugehen ist, der Vorgang habe nicht stattgefunden.

{1) Nach § 28 Abs. 4 FamFG hat das Gericht über Termine und persönliche Anhörungen einen Vermerk zu fertigen. Nach § 28 Abs. 4 Satz 2 FamFG sind die wesentlichen Vorgänge des Termins und der persönlichen Anhörung in den Vermerk aufzunehmen. Der Gesetzgeber hat sich bewusst dagegen entschieden, die Bestimmungen über das Protokoll aus der Zivilprozessordnung zu übernehmen, "um die Flexibilität des FamFG-Verfahrens zu erhalten" (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/6308, S. 187). § 165 ZPO, wonach die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten nur durch das Protokoll bewiesen werden kann, findet daher keine Anwendung (Keidel/Sternal, FamFG, 19. Aufl., § 28 Rn. 25). Vorschriften über die Berichtigung des Vermerks sieht das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht vor, so dass der gerichtliche Vermerk jederzeit berichtigt werden kann. [...]