OVG Bremen

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Zitieren als:
OVG Bremen, Beschluss vom 23.02.2021 - 2 B 285/19 - asyl.net: M29401
https://www.asyl.net/rsdb/m29401
Leitsatz:

Voraussetzungen des einstweiligen Rechtsschutzes bei Abschluss des Hauptsacheverfahrens:

"1. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschwerde gegen einen die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ablehnenden Beschluss des Verwaltungsgerichts entfällt nicht deshalb, weil die Klage inzwischen erstinstanzlich abgewiesen wurde und eine vom Verwaltungsgericht angeordnete bzw. wiederhergestellte aufschiebende Wirkung bereits wieder nach § 80b Abs. 1 VwGO erloschen wäre.

2. Hatte die erstinstanzliche abgewiesene Anfechtungsklage im Zeitpunkt der Klageabweisung keine aufschiebende Wirkung, weil das Verwaltungsgericht zuvor einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt hatte, entscheidet das Oberverwaltungsgericht über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nicht in einem Verfahren nach § 80b Abs. 2 VwGO, sondern aufgrund von § 80 Abs. 4 i.V.m. § 146 VwGO oder aufgrund von § 80 Abs. 7 VwGO. Die aufschiebende Wirkung kann in diesem Fall aber nur dann angeordnet bzw. wiederhergestellt werden, wenn auch die Voraussetzungen vorliegen, unter denen ihre Fortdauer nach § 80b Abs. 2, 3 VwGO angeordnet werden könnte, falls die Klage im Zeitpunkt ihrer Abweisung aufschiebende Wirkung gehabt hätte.

3. Wurde die Klage in erster oder sogar schon zweiter Instanz nach mündlicher Verhandlung und Durchführung einer Beweisaufnahme abgewiesen, verstärkt dies bei einer Entscheidung nach § 80 Abs. 5, Abs. 7 oder § 80b Abs. 2 VwGO das Gewicht des öffentlichen Vollzugsinteresses."

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: Ausweisung, Suspensiveffekt, Anfechtungsklage, Aufschiebende Wirkung, Beschwerde, Fortdauer der aufschiebenden Wirkung, Rechtsschutzbedürfnis, Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, Zulassung der Revision
Normen: AufenthG § 53, VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1, VwGO § 146, VwGO § 80 Abs. 5, VwGO § 80 Abs. 7, VwGO § 80b
Auszüge:

[...]

1. Allerdings fehlt es für die Beschwerde nicht deshalb an einem Rechtsschutzbedürfnis, weil die aufschiebende Wirkung der Klage selbst dann, wenn das Verwaltungsgericht sie wiederhergestellt hätte, inzwischen nach § 80b Abs. 1 VwGO erloschen wäre; auch ist es nicht notwendig, die Beschwerde in einen Antrag nach § 80b Abs. 2 VwGO umzudeuten. § 80b VwGO findet nur Anwendung, wenn die Anfechtungsklage im Zeitpunkt ihrer erstinstanzlichen Abweisung aufschiebende Wirkung hatte. Für alle anderen, auch in der Rechtsmittelinstanz auftretenden Fälle der gerichtlichen Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren richtet sich das Verfahren nach § 80 Abs. 5 bzw. 7 VwGO (vgl. Puttler, in: Sodan/ Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, VwGO § 80b Rn. 23 m.w.N.). Insbesondere ist das Oberverwaltungsgericht nicht gehindert, entweder als Gericht der Hauptsache oder im Rahmen einer Beschwerde gegen den entsprechenden Beschluss des Verwaltungsgerichts die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs anzuordnen oder wiederherzustellen, wenn die aufschiebende Wirkung – wie hier – im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Klageabweisung nicht gegeben war (Bostedt, in: Fehling/ Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, § 80b VwGO Rn. 10).

2. Dahinstehen kann, ob sich die Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts für die Entscheidung über eine Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts und die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung immer noch aus seiner Stellung als Beschwerdegericht (§ 146 Abs. 1 VwGO) ergibt oder daraus, dass es inzwischen das Gericht der Hauptsache ist (§ 80 Abs. 7 VwGO). Noch nicht begründet ist die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts, denn eine Revision ist noch nicht eingelegt. [...]