OVG Berlin-Brandenburg

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Zitieren als:
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 03.02.2021 - 3 N 57.19 - asyl.net: M29478
https://www.asyl.net/rsdb/m29478
Leitsatz:

Pflicht zum Nachweis deutscher Sprachkenntnisse beim Ehegattennachzug:

Ein Alter von über 65 Jahren und ein geringer Alphabetisierungsstand reichen nicht für einen Verzicht auf den Nachweis der für den Ehegattennachzug erforderlichen Deutschkenntnisse aus, wenn Bemühungen zur Verbesserung der Deutschkenntnisse nicht ausreichend dargelegt werden.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Ehegattennachzug, Familienzusammenführung, Deutschkenntnisse, ältere Person, Berufungszulassungsantrag, Analphabet
Normen: AufenthG § 30 Abs. 1 S. 3 Nr. 6,
Auszüge:

[...]

5 Ohne Erfolg macht der Kläger des Weiteren geltend, er sei an einem Erwerb einfacher Kenntnisse der deutschen Sprache von vornherein gehindert (§ 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 AufenthG). Besondere Umstände des Einzelfalls, aufgrund derer ihm Bemühungen zum Spracherwerb nicht möglich oder nicht zumutbar sein könnten, zeigt der Kläger mit dem Zulassungsvorbringen nicht hinreichend auf. Insbesondere folgt eine solche Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit nicht ohne Weiteres aus dem pauschalen Hinweis des Klägers auf seine geringe Alphabetisierung und sein Alter. Bemühungen zum Erwerb einfacher schriftlicher und mündlicher Kenntnisse der deutschen Sprache sind allenfalls dann von vornherein unzumutbar, wenn ausgeschlossen werden kann, dass diese innerhalb eines Jahres zu einem irgendwie gearteten Fortschritt führen. Ein Bemühen um Spracherwerb ist auch von demjenigen zu verlangen, bei dem aufgrund seiner kognitiven Fähigkeiten nur der Erwerb mündlicher Sprachkenntnisse erfolgversprechend erscheint (BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2019 - 1 C 40/18 - juris Rn. 35; vgl. auch schon BVerwG, Urteil vom 4. September 2012 - 10 C 12/12 - juris Rn. 28). Dagegen, dass sich der Kläger hiernach erfolgreich auf die Härtefallregelung in § 30 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 AufenthG stützen kann, spricht bereits, dass er die Sprachprüfung des Niveaus A 1 im Anschluss an den Deutschkurs am Goethe-Institut in Nairobi zwar nicht bestanden, aber immerhin 27 von 60 erforderlichen Punkten erreicht hat (mögliche Gesamtpunktzahl: 100). Der Zulassungsantrag macht nicht hinreichend deutlich, dass und warum es für den Kläger ausgeschlossen sein soll, bei entsprechenden Lernbemühungen über die Dauer von (bis zu) einem Jahr ein besseres Testergebnis zu erzielen und den Sprachnachweis zu erbringen. Erst recht ist nicht ersichtlich, warum der Kläger - eine beachtliche Einschränkung seiner kognitiven Fähigkeiten unterstellt - nicht auf weitergehende Bemühungen zu verweisen sein sollte, wenigstens die mündlichen Anforderungen zu erfüllen (erreichte Teilergebnisse der Sprachprüfung beim Hören 9,96 von 25 Punkten und beim Sprechen 6,64 von 25 Punkten). [...]