Abschiebungsverbot für einen an paranoider Schizophrenie leidenden Gambier:
Es gibt in Gambia keine ausreichende Behandlungsmöglichkeit psychischer Erkrankungen. Da der Betroffene schon vor über 10 Jahren sein Land verlassen hat, besteht wahrscheinlich auch kein ausreichender Kontakt mehr zu Angehörigen, die sich um ihn kümmern könnten.
(Leitsätze der Redaktion)
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bb) Nach den dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln zur medizinischen Versorgung in Gambia ist nicht davon auszugehen, dass es dem Kläger auch nur ansatzweise möglich wäre, die genannten Therapiemaßnahmen dort fortzuführen. Die medizinische Betreuung und Behandlung schwerst psychisch kranker Personen in Gambia ist danach sehr schlecht. In der Hauptstadt Banjul existiert lediglich innerhalb des Royal Victoria Teaching Hospitals eine psychiatrische Abteilung, in welcher ein einziger Raum zur ambulanten Behandlung von Patienten zur Verfügung steht (vgl. Gutachten der Schweizerischen Flüchtlingshilfe - SFH - vom 15.07.2008, Gambia: Psychiatrische Versorgung). Ferner gibt es eine psychiatrische Anstalt namens "Kampana", die jedoch nur schwer zu erreichen sei und deren Bedingungen gemäß der WHO schlecht seien. Von einer "echten Betreuung" der Patienten könne dort nicht ausgegangen werden (vgl. die bereits zitierte Erkenntnisquelle). Vielmehr stelle die Behandlung von Patienten in einer einzigen psychiatrischen Klinik eine fast unüberwindbare Hürde dar. Es fehle dort an personellen Ressourcen, insbesondere Psychiater und Psychotherapeuten, sowie an Medikamenten und auch Beratung und Sensibilisierung zu psychischen Krankheiten würden wegen der schlechten Finanzierung nur unzureichend stattfinden (Flüchtlingsrat BW vom 01.05.2019, Gambia nach der Diktatur, S. 23 f.). Bestätigt wird dieser Befund auch durch die Feststellungen im Lagebericht des Auswärtigen Amtes, wonach in Gambia zwar eine staatliche psychiatrische Einrichtung existiere, es dort jedoch häufig an Medikamenten und gelegentlich an Lebensmitteln fehle und darüber hinaus die Einrichtung von kubanischen Ärzten betreut werde, die nicht ständig anwesend seien (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 05.08.2019, S. 5).
Vor diesem Hintergrund kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger in Gambia Zugang zu dem von ihm benötigten Medikament hat. Abgesehen davon, dass die zur Behandlung der Schizophrenie permanent erforderlichen Medikamente in Gambia nur zum Teil kostenfrei sind, sie also gegebenenfalls von dem Patienten selbst bezahlt werden müssen (vgl. Botschaft der BRD in Dakar, Auskunft vom 07.02.2008 an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) ist das vom Kläger benötigte Medikament dort nicht erhältlich. Die Beklagte hat in ihrem Bescheid vom 07.03.2019 selbst festgestellt, dass eine MediCOI-Anfrage zur Verfügbarkeit des Medikaments Reagila in Gambia keinen Informationen ergeben habe und auch keine alternativen Medikamente in Gambia vorhanden seien. Angesichts dieser eindeutigen Erkenntnisse sieht das Gericht keine Erforderlichkeit einer diesbezüglichen weiteren Aufklärung. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass ausweislich der ärztlichen Schreiben vom 17.12.2018 und vom 27.02.2020 die Medikation des Klägers mehrfach aufgrund nicht ausreichender Wirkung und wegen Nebenwirkungen habe eingestellt werden müssen, es also zur hinreichenden Behandlung genau des genannten Medikaments bedarf. Daher greift auch der pauschale Verweis der Beklagten auf die allgemeine Möglichkeit, in Gambia, kostenlos Medikamente zu erhalten, ebenso wenig durch wie die im angefochtenen Bescheid angestellten Überlegungen dazu, dass das vom Kläger eingenommene Medikament relativ neu sei und vermutlich deshalb keine Informationen hätten gefunden werden können. [...]