VG Dresden

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Zitieren als:
VG Dresden, Beschluss vom 11.08.2020 - 7 L 554/20.A - asyl.net: M30028
https://www.asyl.net/rsdb/m30028
Leitsatz:

Staatlicher Schutz vor  in Georgien: 

Gewalt gegen Frauen ist in Georgien nach wie vor ein ernstzunehmendes Problem. Fälle häuslicher  Gewalt werden von Gesellschaft und Behörden meist als interne Familienangelegenheit betrachtet. Allerdings gibt es mittlerweile Möglichkeiten, Schutz vor Gewalt durch Familienangehörige zu finden. Die Istanbul Konvention ist 2017 in Georgien in Kraft getreten und mit über 20 Gesetzesänderungen im Frühjahr 2018 umgesetzt worden.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Georgien, Frauen, nichtstaatliche Verfolgung, geschlechtsspezifische Verfolgung, häusliche Gewalt, Schutzbereitschaft, Schutzfähigkeit, offensichtlich unbegründet,
Normen: AsylG § 3, AsylG § 30 Abs. 1,
Auszüge:

[...]

Es sei davon auszugehen, dass der georgische Staat bei Überfällen/Übergriffen durch Dritte schutzwillig und schutzfähig sei und wirksamen Schutz gewähre, selbst wenn dieser nicht ausreichend sei, um in jedem Fall Opfer zu verhindern. Die Antragstellerin habe sich trotz nach eigenen Angaben jahrelanger Bedrohung nie an die Polizei gewandt, da sie Angst gehabt habe, dass ihr 15-jähriger Sohn die Konsequenzen zu spüren bekomme. Allerdings sei aus ihrem Vortrag in keiner Weise ersichtlich, dass der Exmann Drohungen gegenüber dem Sohn ausgesprochen habe. Im Übrigen wäre auch in diesem Fall die georgische Polizei zuständig. Gewalt gegen Frauen sei in Georgien weiterhin ein ernstes Problem und zähle derzeit zu den wichtigsten Menschenrechtsthemen der Regierung. Fälle häuslicher Gewalt würden von der Gesellschaft und Behörden meist als interne Familienangelegenheit betrachtet. Die Bereitschaft, dagegen Maßnahmen zu ergreifen, nehme jedoch weiterhin zu. Die EuR-Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) von 2011 sei am 1. September 2017 für Georgien in Kraft getreten und mit über 20 Gesetzesänderungen im Frühjahr 2018 gesetzlich umgesetzt worden. Schutz vor häuslicher Gewalt könne in Frauenhäusern oder Einrichtungen für Mütter und Kinder geboten werden. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung sei davon auszugehen, dass die Antragstellerin, bevor sie als letztes Mittel den Entschluss fasse, das Land zu verlassen, zunächst versuche, die Probleme durch ein umfassendes Hilfeersuchen bei den staatlichen Behörden zu lösen. Es sei auch denkbar und ihr zumutbar gewesen, sich an die Generalstaatsanwaltschaft oder die seit Dezember 2017 amtierende Ombudsfrau "für die Aufrechterhaltung von Menschenrechten und Freiheiten unter georgischem Recht auf georgischem Gebiet" (Public Defender), Frau N. L., zu wenden. Die Antragstellerin sei zudem an ihrer Wohnadresse nie von ihrem Exmann aufgesucht worden. Hier dränge es sich auch auf, die Wohnung der Mutter zu meiden bzw. eine neue Wohnung für diese zu finden, deren Adresse der Exmann dann auch kaum herausfinden werde. Die Antragstellerin habe mithin die geeigneten Schutzmaßnahmen im erforderlichen und zumutbaren Umfang nicht ausgeschöpft und genutzt. Im Falle der hier vorliegenden nichtstaatlichen Verfolgung müsse sich die Antragstellerin daher auf die Schutzgewährung durch staatliche Institutionen verweisen lassen, weil diese schutzbereit und schutzfähig seien (vgl. VG Augsburg, Beschl. v. 6. Juni 2016 - Au 6 S 16.30662 - und VG Chemnitz, Urt. v. 6. April 2018 - 1 K 853/17 A - ). [...]