BlueSky

OVG Thüringen

Merkliste
Zitieren als:
OVG Thüringen, Beschluss vom 23.02.2021 - 3 EO 788/20 - asyl.net: M30078
https://www.asyl.net/rsdb/m30078
Leitsatz:

Erlöschen der Aufenthaltserlaubnis durch Auslandsaufenthalt:

"Die Aufenthaltserlaubnis kann durch einen Auslandsaufenthalt erlöschen, wobei neben dessen Dauer und Zweck alle objektiven Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Die Abmeldung vom Jobcenter sowie die Kündigung der Krankenkasse und der Familienwohnung können einen Abbruch der Kontakte in die Bundesrepublik indizieren."

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Aufenthaltstitel, Aufenthaltserlaubnis, Erlöschen, Auslandsaufenthalt, Niederlassungserlaubnis,
Normen: AufenthG § 51 Abs. 1 Nr. 6, AufenthG § 51 Abs. 1 Nr. 7,
Auszüge:

[...]

a. Die Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers ist gem. § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG erloschen.

Nach § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG erlischt der Aufenthaltstitel, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist. Davon ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2012 - 1 C 15.11 -, juris, Rn. 16 m. w. N.) auszugehen, wenn sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass der Ausländer seinen Lebensmittelpunkt ins Ausland verlegt hat. Unschädlich im Hinblick auf diese Vorschrift sind lediglich Auslandsaufenthalte, die nach ihrem Zweck typischerweise zeitlich begrenzt sind und die keine wesentliche Änderung der gewöhnlichen Lebensumstände in Deutschland mit sich bringen. Fehlt es an einem dieser Erfordernisse, liegt ein seiner Natur nach nicht vorübergehender Grund vor.

Eine solcher nicht vorübergehender Grund kann bereits bei der Ausreise vorliegen, sodass es dann für das Eingreifen des § 51 Abs. 1 Nr. 6 AufenthG keiner Abwesenheitszeit aus der Bundesrepublik bedarf (vgl. Funke-Kaiser im Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz II § 51 Rn. 49). Auf der anderen Seite ist es auch möglich, dass ein vorübergehender Grund vorliegt, der es rechtfertigt eine längere Abwesenheitszeit zuzugestehen. Es ist jedoch dabei zu beachten, dass hiervon unabhängig nach 6 Monaten Auslandsaufenthalt der § 51 Abs. 1 Nr. 7 AufenthG eingreift (vgl. Funke-Kaiser im Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz II § 51 Rn. 53 und 61). [...]

Gemessen daran ist der Antragsgegner zu Recht davon ausgegangen, die Niederlassungserlaubnis des Antragstellers sei erloschen. Nach Aktenlage sind nach den Gesamtumständen hinreichend belastbare Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Antragsteller am 7. Februar 2018 aus der Bundesrepublik Deutschland ausgereist ist und seinen Lebensmittelpunkt in das Ausland nach Jordanien verlegt hat.

Dafür spricht, wie auch vom Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung angenommen, dass der Antragsteller mit seiner Familie in der Zeit vom 1. Januar 2018 bis 30. August 2018 nicht im Bundesgebiet gemeldet war (vgl. Bl. 81 der Verwaltungsakte). Zudem wird ersichtlich, dass er in den Jahren 2016, 2017 und bis 5. Februar 2018 Sozialleistungen bezogen hat (vgl. Bl. 95-97 der Verwaltungsakte), nicht jedoch mehr nach diesem Zeitpunkt. Vielmehr erfolgte bereits auch nach eigenem Vorbringen eine Abmeldung beim Jobcenter, Kündigung der Krankenkasse und Familienwohnung (vgl. Bl. 75 R der Gerichtsakte). Dies zeigt deutlich, dass der Antragsteller und seine Familie bei ihrer Ausreise ihre Kontakte in die Bundesrepublik weitestgehend abgebrochen hatten, was bereits erhebliches Indiz für eine endgültige Ausreise ist (vgl. Funke-Kaiser im Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz II § 51 Rn. 54). Auch sein weiterhin noch angemeldetes Gewerbe in der Bundesrepublik kann an dieser Bewertung nichts ändern, zumal dieses zur Unterhaltssicherung nicht beigetragen haben kann, da er hierüber nur einen Verlust von 8.619,71 Euro erzielt hat. Daneben haben seine Kinder umgehend ihre Schulausbildung in Jordanien wieder aufgenommen. [...]