OVG Nordrhein-Westfalen

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Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.02.2022 - 13 A 2027/19.A - asyl.net: M30429
https://www.asyl.net/rsdb/m30429
Leitsatz:

Zulassung der Berufung wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs:

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt dann vor, wenn das Gericht einen Beweisantrag in der schriftlichen Urteilsbegründung anders ablehnt als in der mündlichen Verhandlung und nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Bekanntgabe der tragenden Ablehnungsgründe in der mündlichen Verhandlung zu einem anderen Ergebnis geführt hätte.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Afghanistan, Berufungszulassung, Abschiebungsverbot, Herkunftsregion, rechtliches Gehör, Beweisantrag, mündliche Verhandlung, Urteilsgründe, Beschluss,
Normen: AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 3, VwGO § 138 Nr. 3, VwGO § 86 Abs. 2,
Auszüge:

[...]

1 [...] Soweit das Verwaltungsgericht das Vorliegen von Abschiebungsverboten verneint hat, ist die Berufung hingegen gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil das Verwaltungsgericht insoweit den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt hat (dazu 2.). [...]

13 2. Das Verwaltungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör allerdings dadurch verletzt, dass es die Begründung für die Ablehnung der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge zu 1. bis 3. in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils gegenüber derjenigen, die es noch in der mündlichen Verhandlung gegeben hatte, ausgewechselt hat. Da auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht auszuschließen ist, dass die rechtzeitige Bekanntgabe der für das Urteil letztlich tragenden Begründung der Beweisantragsablehnung zu einer anderen, dem Kläger günstigeren Entscheidung geführt hätte, ist die Berufung zuzulassen, soweit das Verwaltungsgericht das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG verneint hat. Nur darauf bezieht sich die zweite Rüge des Klägers, mit der er die rechtsfehlerhafte Ablehnung seiner Beweisanträge geltend macht (vgl. Antragsschrift, Seite 13, vorletzter Absatz).

14-22 Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung unter anderem beantragt, durch Einholung von Sachverständigengutachten näher bezeichneter Stellen "Beweis zu erheben über die Tatsache, dass 1. der monatliche Durchschnittslohn eines Afghanen bei 47,5 $ liegt,

2. der Durchschnittslohn eines Rückkehrers noch unter 47,5 $ liegt,

3. die Kaltmiete für eine Wohnung in Kabul, Herat, Maser-e-Scharif zwischen 100,00 $ - 600,00 $ liegt,

4. (…)."

23 Ausweislich der Sitzungsniederschrift hat das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung für die Ablehnung der vorgenannten Beweisanträge darauf abgestellt, dass es keiner weiteren sachverständigen Äußerung bedürfe, weil die der Kammer vorliegenden Erkenntnismittel hinreichend klar beurteilen ließen, wie die in den Beweisanträgen genannten Parameter generell zu bewerten seien. Der Kläger hat diese Begründung in der mündlichen Verhandlung gerügt, weil für ihn nicht erkennbar sei, ob das Gericht die in den Beweisanträgen im Einzelnen genannten Faktoren einer Entscheidung zugrunde legen werde oder ob es beabsichtige, andere Faktoren zugrunde zu legen. Abweichend von der ursprünglichen Begründung – möglicherweise auch als Reaktion auf die Rüge des Klägers – hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil die unter Beweis gestellten Tatsachen schon nicht mehr für entscheidungserheblich gehalten. Es hat in den Entscheidungsgründen (Urteilsabdruck, Seite 18, letzter Absatz, bis Seite 19, erster Absatz) angeführt, dass der Kläger sich aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls der schwierigen und in vielfacher Hinsicht prekären Situation in Afghanistan werde entziehen können. Vor diesem Hintergrund erhelle sich, dass es auf die wirtschaftliche Situation im Allgemeinen – worauf die Beweisanträge Nr. 1 bis 4 abzielten – gar nicht ankomme.

24,25 Die Gründe, mit denen das Gericht einen in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag ablehnt, sind dem Beweisantragsteller vor Ergehen des Urteils durch einen begründeten Gerichtsbeschluss (§ 86 Abs. 2 VwGO) bekanntzugeben. Der Beweisantragsteller soll die zur Ablehnung seines Antrags führenden rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen des Gerichts erkennen können, damit er sich in der Verfolgung seiner Rechte darauf einrichten kann. Allein diese Kenntnis versetzt ihn in die Lage, gegebenenfalls einen zweckdienlichen neuen oder ergänzenden Beweisantrag zu stellen, neue Tatsachen vorzutragen und sich mit der sich aus dem Beschluss ergebenden Auffassung des Gerichts auseinanderzusetzen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. August 1986 - 2 BvR 823/86 -, NVwZ 1987, 758; BVerwG, Beschluss vom 30. Juli 2008 - 5 B 59.08 -, Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 50 = juris, Rn. 4, sowie Urteile vom 6. Februar 1985 - 8 C 15.84 -, BVerwGE 71, 38 = juris, Rn. 25, und vom 23. Juni 1961 - IV C 308.60 -, BVerwGE 12, 268 = NJW 1961, 2081 (2082); OVG NRW, Beschluss vom 10. Juli 2018 - 13 A 1442/18.A -, juris, Rn. 11 f., m. w. N.). [...]

28,29 Ein – wie hier erfolgtes – Auswechseln der Begründung für die Ablehnung von Beweisanträgen begründet für sich genommen allerdings noch keine Gehörsverletzung, die die Zulassung der Berufung  rechtfertigen würde. Die ordnungsgemäße Begründung der Gehörsrüge erfordert vielmehr neben Ausführungen zu den Umständen, aus denen sich das Vorliegen einer Gehörsversagung ergibt, auch die Darlegung, was bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen worden wäre und inwiefern der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre; nur auf der Grundlage eines solchen Vortrags kann nämlich geprüft und entschieden werden, ob auszuschließen ist, dass die Gewährung rechtlichen Gehörs zu einer anderen, dem Beteiligten günstigeren Entscheidung geführt hätte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 1993 - 2 BvR 1988/92 -, DVBl 1993, 601 = juris, Rn. 34; BVerwG, Beschlüsse vom 13. Januar 1999 - 9 B 90.98 -, Buchholz 310 § 133 (nF) VwGO Nr. 36 = juris, Rn. 13, vom 2. April 1985 - 3 B 75.82 -, Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 165 = juris, Rn. 4, und vom 9. Oktober 1984 - 9 B 138.84 -, InfAuslR 1985, 83 = juris, Rn. 2; OVG NRW, Beschlüsse vom 7. September 2020 - 13 A 4088/18.A -, juris, Rn. 10 ff., und vom 25. April 2002 - 8 A 1530/02.A -, AuAS 2002, 212 = juris, Rn. 6 f., m. w. N.).

30 Gemessen daran kann auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht ausgeschlossen werden, dass die ausreichende Gewährung rechtlichen Gehörs zu einer anderen, dem Kläger günstigeren Entscheidung geführt hätte. Der Kläger macht geltend, dass er bei entsprechender Ablehnung der Beweis - anträge bereits in der mündlichen Verhandlung die Möglichkeit gehabt hätte, darauf zu reagieren und möglicherweise sogar weitere Beweisanträge (z. B. Zeugenvernehmung der betroffenen Familienmitglieder in Afghanistan; deren ladungsfähigen Anschriften hätten auch in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt werden können) in Bezug darauf zu stellen, dass jedenfalls nicht von der Hilfefähigkeit seiner Mutter und/oder seines Onkels mütterlicherseits auszugehen sei. Damit hätte aufgezeigt werden können, dass auch der Ablehnungsgrund der Unerheblichkeit vorliegend nicht durchgreife. Es liege insbesondere fern, dass der Onkel mütterlicherseits zusätzlich auch noch den Kläger nach dessen Rückkehr unterstützen könne. Außerdem wäre bei lebensnaher Betrachtung zugrunde zu legen gewesen, dass der Kläger als Rückkehrer sich, seine Frau, seine Kinder und seine Mutter finanzieren müsse.

31 Damit legt der Kläger schlüssig dar, dass ein für ihn günstigeres Ergebnis, namentlich die Annahme eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG, nicht ausgeschlossen werden kann, wenn ihm die letztlich tragende Begründung für die Ablehnung der vorgenannten Beweisanträge, die unter Beweis gestellten Tatsachen seien unerheblich, bereits in der mündlichen Verhandlung bekanntgegeben worden wäre. Das Verwaltungsgericht hat zwar einerseits ausgeführt, dass der Kläger sich zudem darauf verweisen lassen müsse, noch Verwandtschaft in Afghanistan zu haben. Insbesondere spreche nichts dafür, dass der Onkel mütterlicherseits nicht bereit wäre, auch und gerade den Kläger als leiblichen Verwandten sowohl finanziell als auch auf der Suche nach Arbeit zu unterstützen (Urteilsabdruck, Seite 18, zweiter Absatz). Andererseits hat es aber bereits angeführt, dass es davon ausgehe, für leistungsfähige, erwachsene Männer ohne Unterhaltsverpflichtung und ohne bestehendes familiäres oder soziales Netzwerk bei der Rückkehr aus dem westlichen Ausland in Kabul seien die hohen Anforderungen des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG, Art. 3 EMRK nicht erfüllt, sofern nicht besondere, individuell erschwerende Umstände festgestellt werden könnten (Urteilsabdruck, Seite 31, erster Absatz). Dies zugrunde gelegt würde es zwar nicht darauf ankommen, ob der Onkel mütterlicherseits zusätzlich auch noch den Kläger nach dessen Rückkehr unterstützen könne. Allerdings käme es dann auf die vom Kläger mit den streitigen Beweisanträgen zu 1. bis 3. unter Beweis gestellten Tatsachen (Durchschnittseinkommen eines Afghanen bzw. eines Rückkehrers; Höhe der Wohnungsmieten) entscheidungserheblich an.

32 Die stattdessen ursprünglich vom Verwaltungsgericht für die Ablehnung dieser Beweisanträge gegebene Begründung, die der Kammer vorliegenden Erkenntnismittel ließen hinreichend klar beurteilen, wie die in den Beweisanträgen genannten Parameter generell zu bewerten seien, findet vorliegend indes keine Stütze im Prozessrecht und würde deshalb ihrerseits den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzen. Der Kläger hat insoweit in der mündlichen Verhandlung zu Recht geltend gemacht, dass für ihn nicht erkennbar gewesen sei, welche Faktoren das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde legen werde.

33,34 Liegen zu einer erheblichen Tatsache bereits amtliche Auskünfte oder gutachtliche Stellungnahmen vor, richtet sich die im Ermessen des Gerichts stehende Entscheidung über einen Antrag auf Einholung weiterer Auskünfte oder Gutachten nach § 98 VwGO i. V. m. § 412 Abs. 1 ZPO. Das gerichtliche Ermessen kann sich u. a. dann zu der Pflicht neuerlicher Begutachtung verdichten, wenn durch neuen entscheidungserheblichen Sachvortrag der Beteiligten oder eigene Ermittlungstätigkeit des Gerichts die Aktualität der vorliegenden Auskünfte zweifelhaft oder wenn sonst das bisherige Beweisergebnis ernsthaft erschüttert wird. Reichen indes die in das Verfahren bereits eingeführten Erkenntnismittel zur Beurteilung der geltend gemachten Gefahren aus, kann das Gericht einen Beweisantrag auf Einholung weiterer Auskünfte  unter Berufung auf eigene Sachkunde verfahrensfehlerfrei ablehnen, wenn es seine Sachkunde ggf. im Rahmen der Beweiswürdigung darstellt und belegt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. März 2013 - 10 B 34.12 -, Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 109 = juris, Rn. 4, vom 8. März 2006 - 1 B 84.05 -, Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff AufenthG Nr. 11 = juris, Rn. 7, und Urteil vom 6. Oktober 1987 - 9 C 12.87 -, Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 31 = juris, Rn. 10, m. w. N.; OVG NRW, Beschlüsse vom 7. September 2020 - 13 A 4088/18.A -, juris, Rn. 15 f., m. w. N., und vom 12. März 2008 - 13 A 2643/07.A -, juris, Rn. 17 f., m. w. N.).

35 Daran fehlt es vorliegend. Das Verwaltungsgericht hat sich entsprechend seiner Äußerung in der mündlichen Verhandlung ("Die der Kammer vorliegenden Erkenntnismittel lassen hinreichend klar beurteilen, wie die genannten Parameter generell zu bewerten sind.") im Urteil im hier interessierenden Zusammenhang lediglich allgemein auf die durch Auskünfte, Stellungnahmen und Entscheidungen anderer Gerichte vermittelte eigene Sachkunde gestützt. Es hat insofern unter Zitierung verschiedener obergerichtlicher und erstinstanzlicher Entscheidungen, die auf zahlreiche Auskünfte und Stellungnahmen sachverständiger Einrichtungen verweisen, ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass ein arbeitsfähiger alleinstehender junger Mann regelmäßig auch ohne nennenswertes Vermögen im Fall einer zwangsweisen Rückführung in sein Heimatland Afghanistan in der Lage wäre, durch Gelegenheitsarbeiten ein kleines Einkommen zu erzielen (Urteilsabdruck, Seite 14, vorletzter und letzter Absatz, und in Bezug genommen durch Urteilsabdruck, Seite 31, dritter und vierter Absatz). Es könne nicht für sämtliche Rückkehrer aus dem westlichen Ausland, denen es in Kabul oder in Afghanistan insgesamt in (familiären oder sonstigen) Beziehungen oder an Unterstützungsnetzwerken fehle, angenommen werden, die schlechten Bedingungen im Land könnten generell und bei allen diesen Rückkehrern ganz außerordentliche individuelle Umstände darstellen und die – wie dargestellt – hohen Anforderungen zur Bejahung des Art. 3 EMRK trotz fehlenden Akteurs erfüllen (Urteilsabdruck, Seite 30, letzter Absatz).

36,37 Der pauschale Hinweis auf die allgemeine Lageerkenntnis ohne Angabe von Erkenntnisquellen oder die allein dem Gericht vorliegenden Auskünfte genügt jedoch nicht den Anforderungen des Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 18. Juli 2001 - 2 BvR 982/00 -, InfAuslR 2001, 463 = juris, Rn. 19, und vom 22. Januar 1999 - 2 BvR 86/97 -, InfAuslR 1999, 273 = juris, Rn. 37).

38,39 Art. 103 Abs. 1 GG verlangt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass das Gericht nur solche Tatsachen und Beweisergebnisse, auch Presseberichte und Behördenauskünfte verwertet, die von den Verfahrensbeteiligten oder vom Gericht im Einzelnen bezeichnet zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden sind und zu denen sich die Beteiligten äußern konnten (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 18. Juli 2001 - 2 BvR 982/00 -, InfAuslR 2001, 463 = juris, Rn. 15 ff., m. w. N.; OVG NRW, Beschluss vom 10. Juli 2018 - 13 A 1529/18.A -, juris, Rn. 13 f., m. w. N.).

40 Dem ist das Verwaltungsgericht nicht hinreichend nachgekommen. Über das in den Entscheidungsgründen in Bezug genommene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 12. Oktober 2018 - A 11 S 316/17 -, juris (Urteilsabdruck, Seite 18, fünfter und sechster Absatz) ergeben sich mittelbar zwar Erkenntnisse über das Durchschnittseinkommen und die Lebenshaltungs-, insbesondere Wohnkosten, in Afghanistan. Die dafür vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg herangezogenen Erkenntnismittel (juris, Rn. 256 bzw. 273, 275 und 278) sind aber ganz überwiegend weder in der Erkenntnisliste des Verwaltungsgerichts enthalten, auf die es mit seiner Eingangsverfügung hingewiesen hat, noch sonst in das Verfahren eingeführt worden. Das Verwaltungsgericht hat einen Tag vor dem ursprünglichen Termin zur mündlichen Verhandlung mit Verfügung vom 19. März 2019 lediglich ergänzend zu den in der Erkenntnisliste aufgeführten Auskünften, Gutachten und Stellungnahmen auf die Urteile des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 3. November 2017 - A 11 S 1704/17 - und vom 12. Oktober 2018 - A 11 S 316/17 - hingewiesen, ohne damit weder ausdrücklich noch inhaltlich bestimmt die dort zitierten Erkenntnismittel zum Gegenstand des Verfahrens zu machen. In der mündlichen Verhandlung hat es insoweit keine Klarheit geschaffen. Im Gegenteil suggeriert der pauschale Verweis des Verwaltungsgerichts auf "die der Kammer vorliegenden Erkenntnismittel", dass es diese Erkenntnismittel selbst nicht zur Kenntnis genommen hat. Andernfalls hätte es die ihm vorliegenden Erkenntnismittel ohne Weiteres konkret benennen oder ggf. die unter Beweis gestellten Tatsachen als wahr unterstellen können. So hätte es dem Kläger den gebotenen Aufschluss darüber geben können, auf welche Tatsachengrundlage es seine Entscheidung stützen werde. [...]

42 Insoweit ist im vorliegenden Zusammenhang der Berufungszulassung unerheblich, ob das Vorbringen des Klägers zu diesem Punkt am Ende möglicherweise nicht überzeugungskräftig sein sollte und Beweisanträgen, die auf die Befragung von Zeugen im Ausland gerichtet sind, unter Umständen prozessordnungsgemäß nicht nachgegangen werden muss. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Kläger die Hintergründe zu seinen geltend gemachten Unterhaltspflichten von sich aus – unabhängig von der Begründung für die Ablehnung der gestellten Beweisanträge – hätte vortragen können, zumal seine familiären Verhältnisse in der mündlichen Verhandlung thematisiert worden sind. Für die Zulassung der Berufung genügt nach den höchstrichterlichen Maßstäben, dass das Verwaltungsgericht durch das Auswechseln der Begründung für die Beweisantragsablehnung im Urteil die Möglichkeit des Klägers zur Wahrnehmung seines rechtlichen Gehörs verkürzt hat, obwohl er sich dazu bei ausreichender Gehörsgewährung in einer zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeigneten Weise eingelassen hätte. [...]