OVG Nordrhein-Westfalen

Merkliste
Zitieren als:
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.11.2020 - 18 B 544/19 - asyl.net: M30447
https://www.asyl.net/rsdb/m30447
Leitsatz:

Anspruch auf Bescheinigung der Antragstellung:

Anspruch auf Ausstellung einer Bescheinigung, dass ein Antrag auf eine Aufenthaltskarte (z.B. für Familienangehörige einer EU-Staatsangehörigen) gestellt wurde. Der Anspruch entsteht durch die Antragstellung selbst, unabhängig davon, ob das Freizügigkeitsrecht tatsächlich besteht.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Bescheinigung, Aufenthaltskarte, Drittstaatsangehörige, freizügigkeitsberechtigt,
Normen: FreizügG/EU § 5 Abs. 1 S. 2, FreizügG/EU § 3 Abs. 2 Nr. 2, RL 2004/38/EG Art. 10 Abs. 1, VwGO § 123,
Auszüge:

[...]

Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Antragsteller habe einen Anordnungsanspruch auf Ausstellung einer Bescheinigung über die Einreichung seines Antrags vom 18. Mai 2018 auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte nach § 5 Abs. 1 FreizügG/EU nicht glaubhaft gemacht. Dieser Anspruch folge nicht aus § 5 Abs. 1 Satz 2 FreizügG/EU, der den Anspruch lediglich Familienangehörigen des Unionsbürgers einräume. Der Antragsteller habe nämlich nicht glaubhaft gemacht, Familienangehöriger seiner Tochter i.S. des maßgeblichen § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU zu sein. Es fehlten Nachweise darüber, dass dem Antragsteller durch seine Tochter Unterhalt gewährt werde. Demgegenüber weisen die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zu Recht auf Art. 10 Abs. 1 Satz 2 RL 2004/38 EG hin, der dem Antragsteller einen Anordnungsanspruch i.S. von § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO vermittelt.

Nach dieser Bestimmung wird unverzüglich eine Bescheinigung über die Einreichung eines Antrags auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte ausgestellt. Einen dementsprechenden Antrag hat der Antragsteller am 18. Mai 2018 gestellt. Er erfüllt auch die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Ausstellung der begehrten Bescheinigung. Art. 10 Abs. 1 Satz 2 RL 2004/38 EG setzt insoweit – wie der Zusammenhang mit Art. 10 Abs. 1 Satz 1 RL 2004/38 EG belegt, lediglich voraus, dass – wie hier am 18. Mai 2018 – ein Antrag auf Ausstellung einer Aufenthaltskarte für Familienangehörige eines Unionsbürgers gestellt worden ist. Demgegenüber ist es – für die Bescheinigung nach Art. 10 Abs. 1 Satz 2 RL 2004/38 EG  – nicht erforderlich, dass der Antragsteller auch Familienangehöriger gemäß Art. 2 Abs. 2 d) RL 2004/38 EG bzw. § 3 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU ist. Diese Frage ist vielmehr erst im Verfahren auf Ausstellung der Aufenthaltskarte zu klären und ihre Verneinung führt zu deren Versagung. Dies ergibt sich aus Art. 10 Abs. 2 d) RL 2004/38 EG, wonach die Mitgliedstaaten für die Ausstellung der Aufenthaltskarte in den Fällen  u.a. des Art. 2 Abs. 2 d) RL 2004/38 EG den urkundlichen Nachweis verlangen, dass die dort genannten Voraussetzungen vorliegen. Die Erteilung der Bescheinigung über die Einreichung des Antrags auf Ausstellung der Aufenthaltskarte ist dagegen nicht davon abhängig, dass der Antragsteller die für deren Ausstellung erforderlichen Dokumente bereits vorgelegt hat (Hess.VGH, Beschluss vom 7. August 2014 – 7 B 1216/14 –, juris Rn. 13; VG Augsburg, Beschluss vom 18. Mai 2018 – Au 6 E 18.394 –, juris Rn. 31 m.w.N.). [...]