VG Freiburg

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Zitieren als:
VG Freiburg, Urteil vom 11.01.2022 - A 9 K 6139/18 - asyl.net: M30452
https://www.asyl.net/rsdb/m30452
Leitsatz:

In Nepal droht keine Zwangsrekrutierung durch Maoisten:

"Es liegen aufgrund des stabilen Friedensprozesses und demokratischen Wandels in Nepal stichhaltige Gründe im Sinne von Art. 4 Abs. 4 QRL [Qualifikationsrichtlinie] dafür vor, dass heute in Nepal keine Gefahr einer Verfolgung durch eine Zwangsrekrutierung durch Maoisten mehr droht."

(Amtlicher Leitsatz)

Schlagwörter: Nepal, Zwangsrekrutierung, Vorverfolgung, Maobadi, Maoisten,
Normen: AsylG § 3a, RL 2004/83/EG Art. 4 Abs. 4, AsylG § 3,
Auszüge:

[...]

44 Er hat keinen Anspruch auf die begehrte Flüchtlingsanerkennung und auch nicht auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes und die Feststellung des Vorliegens eines Abschiebungsverbots. [...]

45 Zur Überzeugung des Gerichts steht nämlich fest, dass dem Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Nepal jedenfalls heute dort nicht nur nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Zwangsrekrutierung bzw. im Fall einer Verweigerung die Gefahr von Folter oder Hinrichtung durch die Maoisten droht, sondern vielmehr sogar stichhaltige Gründe dafür vorliegen, dass ihm eine solche Verfolgung nicht droht (Art. 4 Abs. 4 QRL). [...]

47 Denn nach allen vorliegenden Erkenntnisquellen und auch verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen ist eine solche Gefahr einer Zwangsrekrutierung bzw. Folterung oder gar Hinrichtung durch Maoistische Rebellen heute in jedem Fall mit Sicherheit bereits deshalb auszuschließen, weil es zwar während der Jahre des Bürgerkrieges von 1996 – 2006 solche Zwangsrekrutierungen durch die Maoisten tatsächlich gab, wie sie der Kläger für die Jahre 1998 und 1999 bezüglich der Region geschildert hat, in der auch sein Heimatdorf lag, weil aber mittlerweile der damalige Bürgerkrieg längst durch ein Friedensabkommen (2006) beendet wurde, Nepal in der Folgezeit von einer Monarchie in eine Republik umgewandelt wurde (Verfassungsgebende Versammlung 2008; Wahl der 2. Verfassungsgebenden Versammlung 2013; Verabschiedung der Verfassung 2015; erste Wahl auf aufgrund der neuen Verfassung 2018; siehe dazu Österreichisches Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt – Staatendokumentation Nepal – Stand. 05.08.2019, S.6,7, Ziff.2; ) und die Maoisten bei den ersten Wahlen (zur Verfassungsgebenden Versammlung) 2008 die Mehrheit erzielten (dazu seinerzeit: DER SPIEGEL 17/2008 v. 20.04.2008 – Nepal: Maoisten im Maßanzug,- spiegel online). Heute wird Nepal von der Communist Party – CP regiert, einem 2018 erfolgten Zusammenschluss der Communist Party of Nepal – Unified Marxist/Leninist – CPN-UML und der Communist Party of Nepal – Maoist Centre – CPN-MC: vgl. Bundesamt, Briefing Notes vom 11.01.2021 – Nepal), die – nachdem der Bürgerkrieg längst beendet und von ihnen im Ergebnis auch politisch gewonnen worden ist - keine Zwangsrekrutierungen oder gar nachfolgende Bestrafungen derjenigen durchführen, die sich einer damaligen Zwangsrekrutierung durch ihre ehemaligen Rebellenverbände entzogen haben. Vielmehr sind ihre Kämpfer ins bürgerliche Leben zurückgekehrt und wurden demobilisiert. Die seinerzeit zwangsrekrutierten Kindersoldaten sind inzwischen bis heute alle freigelassen worden (dazu ausführlich mit zahlreichen Quellenangaben Österreichischer Asylgerichtshof – AsylGH, Erkenntnis v. 26.01.2010 – Spruch C 10 -244563-0/2008/4E – www.ris.bka.gv.at/JudikaturEntscheidung.wxe 563_0_2008_00). Die Maoisten haben sich insoweit an ihre Zusagen aus dem Friedensabkommen gehalten. Die Maoisten (United Communist Party of Nepal – Maoist [UCPN-M]) wurden vom Generalsekretär der Vereinten Nationen deshalb schon 2012 von der Liste der für die Zwangsrekrutierung von Kindersoldaten verantwortlichen Gruppierungen und Organisationen gestrichen (Keeping the Promise – An Independent Review oft he UN´s Annual List of Perpetrators of Grave Violations against Children 2010 – 2020, Eminent Persons Group, Seite 12, 13 und 32 - watchlist.org/wp-content/uploads/eminent-persons-group-report-final.pdf). [...]