VG Hannover

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Zitieren als:
VG Hannover, Beschluss vom 06.11.2020 - 15 B 4094/20 - asyl.net: M30484
https://www.asyl.net/rsdb/m30484
Leitsatz:

Unzulässige Zustellung des Bescheides an nicht bevollmächtigte Rechtsanwältin:

Bei Vorlage einer Prozessvollmacht für "Dublin-Verfahren" im Rahmen eines gerichtlichen Klageverfahrens darf das Bundesamt nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens nicht ohne Weiteres annehmen, dass die Bevollmächtigung auch außergerichtlich für das weiterzuführende behördliche Verfahren gilt und einen späteren Bescheid, der nicht mehr das Dublin-Verfahren betrifft, an die zuvor beauftrage Rechtsanwältin zustellen.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Dublinverfahren, Asylverfahren, Prozessbevollmächtigte, Zustellung, Fristversäumnis,
Normen: AsylG § 10,
Auszüge:

[...]
Die Rechtsanwälte, an die die Antragsgegnerin den Bescheid mittels Einschreiben versandt hat, hatten sich im gerichtlichen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück am 23. Juli 2018 durch die Vorlage einer "Prozessvollmacht" für den Antragsteller legitimiert. Das dort geführte Gerichtsverfahren betraf den Bescheid der Antragsgegnerin vom 12. Juli 2018 (sog. "Dublin-Verfahren") und ist seit dem 23. Januar 2020 abgeschlossen. Nach dem Vortrag des Antragstellers, dem die Antragsgegnerin bislang nicht entgegengetreten ist, endete mit dem gerichtlichen Verfahren auch die Vertretung durch die Rechtsanwälte. Der Antragsteller hat diesbezüglich erklärt, dass die Rechtsanwälte lediglich für die Vertretung im gerichtlichen "Dublin-Verfahren" mandatiert gewesen seien. Zusätzlich sei das Mandat Anfang März 2020 ausdrücklich gekündigt worden. Lag eine Bevollmächtigung der Rechtsanwälte somit im Juni 2020 nicht mehr vor, ist die an sie gerichtete Zustellung des Bescheides nach § 7 VwVZG nicht wirksam erfolgt. Die Antragsgegnerin wird sich insoweit nach aller Voraussicht auch nicht auf den Rechtsschein einer weiterhin bestehenden Bevollmächtigung berufen können. Eine Vollmachtsanzeige bzw. -vorlage gegenüber der Antragsgegnerin ist seitens der Rechtsanwälte nie erfolgt. Außerhalb des gerichtlichen Verfahrens sind die Rechtsanwälte für den Antragsteller - soweit aus den Verwaltungsvorgängen ersichtlich - auch zu keinem Zeitpunkt vor der Antragsgegnerin aufgetreten. Die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück vorgelegte Vollmacht ist ausdrücklich mit der Bezeichnung "Prozessvollmacht" überschrieben. Eine Vertretung im gerichtlichen Verfahren endet regelmäßig mit der Übersendung des Urteils bzw. der Einstellung des Verfahrens (vgl. BeckOK, VwVfG/L, Ronellenfitsch, VwZG, § 7, Rn. 9). Angesichts dieser Umstände hätte die Antragsgegnerin nicht ohne weitere Prüfung davon ausgehen dürfen, dass die Bevollmächtigung der Rechtsanwälte auch nach dem Abschluss des gerichtlichen Dublin-Verfahrens für etwaige Folgeverfahren vor dem Bundesamt fortbesteht. [...]