LG Paderborn

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Zitieren als:
LG Paderborn, Beschluss vom 10.01.2022 - 5 T 217/21 - asyl.net: M30497
https://www.asyl.net/rsdb/m30497
Leitsatz:

Wenn ein Abschiebetermin bekannt ist, muss er dem Gericht mitgeteilt werden:

1. Wenn ein konkretes Flugdatum für eine Abschiebung vorliegt, muss dieses im Haftantrag benannt werden. Andernfalls kann das Haftgericht nicht prüfen, ob die Haft so kurz wie möglich ist.

2. Dass es sich bei einem Flugtermin insofern gemäß § 97a AufenthG um einen der Geheimhaltung unterliegenden Umstand handelt, steht dem nicht entgegen. Die Offenbarung des Flugtermins im Haftantrag ist nicht unbefugt.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Abschiebung, Abschiebungshaft, Haftantrag, Termin, Flugtermin, Haftdauer,
Normen: AufenthG § 62, FamFG § 417 Abs. 2 S. 2, AufenthG § 97a, StGB § 353b
Auszüge:

[...]

Die Haft gegen den Betroffenen hätte schon deshalb aufgehoben werden müssen, weil es mangels einer § 417 Abs. 2 FamFG entsprechenden Begründung an einem zulässigen Antrag fehlte. Das Vorliegen eines zulässigen Antrags der Behörde ist Verfahrensvoraussetzung und daher in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Ein Haftantrag der beteiligten Behörde ist nur dann zulässig, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an seine Begründung entspricht. Der Haftantrag muss sich zu den in § 417 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 bis 5 FamFG genannten Umständen verhalten. Die Angaben der Behörde in ihrem Antrag müssen für das Gericht eine hinreichende Tatsachengrundlage für die Einleitung weiterer Ermittlungen oder dessen Entscheidung und für den Betroffenen eine Grundlage für seine Verteidigung darstellen. Die für die richterliche Prüfung des Antrags wesentlichen Punkte müssen dazu in der Antragsbegründung angesprochen werden (BGH, Beschluss vom 15.12.2011 - V ZB 302/10 -, Rn. 14 f., juris). Leerformeln und Textbausteine genügen nicht. Sind diese Anforderungen nicht erfüllt, darf die beantragte Sicherungshaft nicht angeordnet werden (BGH, Beschluss vom 12.11.2019 - XIII ZB 5/19 -, Rn. 8, juris).

Diesen Anforderungen genügte der Haftantrag des Beteiligten zu 3) schon deshalb nicht, weil er keine Angaben zur Durchführbarkeit der Abschiebung (§ 417 Abs. 2 S. 2 Nr. 5 FamFG) enthielt. [...]

Die Darlegungen sind auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil die Preisgabe dieser Informationen die Strafvorschrift des § 353b StGB erfüllen kann. Dass diese Informationen der Norm unterfallen, stellt § 97a AufenthG zwar klar, die Offenbarung im Haftantrag ist aber nicht unbefugt i.S.d. Norm; es handelt sich bei § 97a AufenthG um eine reine Klarstellung der seit Schaffung des § 353b StGB unveränderten Rechtslage. Der Schutzzweck der Offenbarung wird bei Inhaftierung auch nicht tangiert (Kaniess, Abschiebungshandbuch, 1. Auflage 2020, Rn. 330). Vorliegend hat der Beteiligte zu 3) in seinem Haftantrag angegeben, dass bereits ein konkretes Flugdatum für Oktober 2021 vorliege. Unter Verweis auf §§ 97a, 59 Abs. 1 S. 8 AufenthG, § 353b StGB dürfe das genaue Datum aber nicht benannt werden. Die ZFA habe zudem mitgeteilt, dass das konkrete Flugdatum auch das schnellstmögliche sei. Aufgrund der oben dargestellten Grundsätze reicht der Verweis auf § 97a AufenthG und der Hinweis, dass der Flug irgendwann im Oktober sei, nicht aus, um von der Darstellung des konkreten Flugdatums abzusehen, wenn es bereits bekannt und der Flug schon gebucht wurde. Denn die fehlende Darlegung zum Flugdatum führt dazu, dass der Haftrichter vorliegend nicht prüfen kann, ob die anzuordnende Haft wirklich so kurz wie möglich angeordnet wird. Auch die pauschale Angabe in dem Haftantrag, dass die Zeit bis zum 26.10.2021 benötigt werde, um die Abschiebung durchzuführen, reicht danach nicht aus, um die genaue Durchführbarkeit und Zeitabläufe nachzuvollziehen. [...]