BVerwG

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Zitieren als:
BVerwG, Urteil vom 14.12.2021 - 1 C 40.20 (Asylmagazin 7-8/2022, S. 253) - asyl.net: M30549
https://www.asyl.net/rsdb/m30549
Leitsatz:

Anzeige einer neuen Adresse im Asylverfahren innerhalb von zwei Wochen:

Im Asylverfahren ist den zuständigen Stellen (hier: BAMF) ein Adresswechsel unverzüglich, d.h. binnen zwei Wochen anzuzeigen (§ 10 Abs. 1 HS. 2 AsylG). Die Mitteilung der neuen Adresse ist formlos möglich. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Zugangs der Mitteilung beim BAMF und nicht, wann diese versandt wurde. Die Asylsuchenden tragen also das Risiko des rechtzeitigen Zugangs der Adressänderung.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Asylverfahren, Mitwirkungspflicht, Anschriftenänderung, Unverzüglichkeit, Zustellungsmangel, Zustellung, Adresse, Zustellungsfiktion,
Normen: AsylG § 10 Abs. 1, AsylG § 10 Abs. 1 HS. 2, AsylG § 10 Abs. 2 S. 1, AsylG § 10 Abs. 2 S. 4,
Auszüge:

[...]

a) § 10 AsylG begründet keine Rechtspflichten, sondern besondere Vorsorge- und Mitwirkungsobliegenheiten, bei deren Verletzung der Ausländer mit für ihn nachteiligen rechtlichen Konsequenzen rechnen muss. Nach § 10 Abs. 1 AsylG hat er während der Dauer des Asylverfahrens vorzusorgen, dass ihn Mitteilungen des Bundesamtes, der zuständigen Ausländerbehörde und der angerufenen Gerichte stets erreichen können; insbesondere hat er diesen Stellen jeden Wechsel seiner Anschrift unverzüglich anzuzeigen. [...] Kann eine Sendung dem Ausländer nicht zugestellt werden, so gilt die Zustellung (rückwirkend) mit der Aufgabe zur Post als bewirkt, selbst wenn die Sendung als unzustellbar zurückkommt (Satz 4). [...]

16 b) Bei einer schriftlichen Mitteilung des Anschriftenwechsels kommt es auf den Eingang der Anzeige bei der jeweiligen Stelle - hier dem Bundesamt - an. § 10 Abs. 1 AsylG ist nicht zu entnehmen, auf welche Art und Weise die Anzeige zu erfolgen hat. Damit ist sie nicht an eine bestimmte Form gebunden. Geschuldet ist nur der Erfolg, also der rechtzeitige Eingang bei der jeweiligen Stelle (Funke-Kaiser, in: GK-AsylG, § 10 AsylG Rn. 226). {...] Damit trägt der Ausländer das Risiko, dass die Anzeige rechtzeitig eingeht; etwaige Verzögerungen oder sonstige bei der Übermittlung auftretende Probleme gehen zu seinen Lasten (Bergmann, in Bergmann/Dienelt, AuslR, 13. Aufl. 2020, § 10 AsylG Rn. 7). [...]

19 2.3 Entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts liegt eine "unverzügliche" Anzeige eines Wechsels der Anschrift im Sinne des § 10 Abs. 1 Halbs. 2 AsylG vor, wenn der Ausländer den Anschriftenwechsel bei den im Gesetz genannten Stellen binnen zwei Wochen, gerechnet ab dem tatsächlichen Umzugstag, angezeigt hat. Diese Frist folgt zwar weder aus dem Wortlaut (a) noch der Entstehungsgeschichte (b), die insoweit keinen klaren Aufschluss geben, noch aus systematischen Erwägungen (c), wohl aber aus dem Sinn und Zweck der Regelung, die Belange einer zügigen Durchführung von Asylverfahren mit den Anforderungen an einen effektiven Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) und einen wirksamen Rechtsbehelf (Art. 47 GRC; Art. 46 Abs. 4 RL 2013/32/EU) in Einklang zu bringen (d). [...]