Anforderungen an einen Antrag auf Verlegung der mündlichen Verhandlung wegen Erkrankung:
1. Besteht die Vertretung durch Prozessbevollmächtigte, ist die Anwesenheit der Kläger*innen nur erforderlich, wenn es nach der Rechtsauffassung des Gerichts auf einen persönlichen Eindruck, insbesondere die Glaubwürdigkeit, ankommt. Wird ein Antrag auf Terminsverlegung wegen krankheitsbedingter Verhandlungsunfähigkeit der Kläger*innen gestellt, muss sich die Verhandlungsunfähigkeit aus den zur Begründung beigefügten Unterlagen, z.B. einem Attest, unmittelbar ergeben.
2. Wegen niedrigschwelliger Aktivitäten für die HDP in der Türkei droht jedenfalls dann keine asylrelevante Verfolgung, wenn es bisher keine intensiven Verfolgungsmaßnahmen gegeben hat.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
Wird eine Terminsverlegung – wie hier faktisch aufgrund des Eingangs am 28. Februar 2022 nach 19 Uhr, nach dem eine Kenntnisnahme durch den Einzelrichter erst am 1. März 2022 möglich war – erst einen Tag vor der anberaumten mündlichen Verhandlung beantragt und mit einer Erkrankung des Beteiligten begründet, so muss dieser Verhinderungsgrund so dargelegt und untermauert werden, dass das Gericht ohne weitere Nachforschungen selbst beurteilen kann, ob Verhandlungs- und/oder Reiseunfähigkeit besteht. Dies erfordert grundsätzlich die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung, aus der das Gericht Art, Schwere und voraussichtliche Dauer der Erkrankung entnehmen und so die Frage der Verhandlungs- und/oder Reiseunfähigkeit des Betroffenen selbst beurteilen kann. Bei kurzfristig gestellten Anträgen auf Terminsverlegung bestehen hohe Anforderungen an die Glaubhaftmachung der Verhandlungs- und/oder Reiseunfähigkeit. [...]
Der verfassungsrechtlich verankerte Anspruch auf rechtliches Gehör vermittelt den Beteiligten daher das Recht, an einer im Verwaltungsrechtsstreit stattfindenden mündlichen Verhandlung teilzunehmen und sich dort zu Tatsachen und Rechtsfragen zu äußern. Sofern der Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist, genügt zur Gewährleistung rechtlichen Gehörs allerdings regelmäßig die Anwesenheit des Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung. Dies gilt grundsätzlich auch im Asylprozess. Einen generellen Anspruch auf eine persönliche Anhörung anwaltlich vertretener Kläger sieht die Prozessordnung im Asylrechtsstreit nicht vor. Etwas anderes gilt im Einzelfall allerdings dann, wenn gewichtige Gründe vorliegen, die die persönliche Anwesenheit des Beteiligten in der mündlichen Verhandlung zur Aufklärung des Sachverhalts oder zur effektiven Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung als erforderlich erscheinen lassen. So kann das Unterbleiben einer persönlichen Anhörung je nach den Umständen des Einzelfalles verfahrensfehlerhaft sein, wenn es für die Entscheidung nach der insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des Gerichts auf den persönlichen Eindruck von dem Asylbewerber ankommt, etwa weil das Gericht auf seine Glaubwürdigkeit oder die Glaubhaftigkeit seiner Angaben abstellt. [...]
Dem Terminsverlegungsantrag war indes jedenfalls aus dem Grund nicht stattzugeben, dass der – nach seinem Vorbringen verhandlungs- und reiseunfähige – Kläger im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anwaltlich vertreten wird und der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Gelegenheit hatte, den Termin der mündlichen Verhandlung wahrzunehmen, auch wenn er diese – entsprechend seiner schriftsätzlichen Ankündigung vom 2. März 2022 – ohne Angabe weiterer Gründe nicht genutzt hat. Insoweit wurden insbesondere keine auf den Prozessbevollmächtigten bezogenen Verhinderungsgründe geltend gemacht. Gewichtige Gründe, die nach den bezeichneten Grundsätzen eine persönliche Anwesenheit des Klägers erforderlich machen, sind weder vom Kläger geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich. [...]