Keine individuelle Bedrohung infolge innerstaatlichen bewaffneten Konflikts in Burkina Faso:
1. Wegen des Kampfes der burkinischen Sicherheitskräfte gegen islamistische bzw. dschihadistische Gruppen besteht in Burkina Faso ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylG.
2. Die Hauptstadt Ouagadougou und deren Umland als Herkunftsregion des Klägers sind zwar von dem bewaffneten Konflikt nicht völlig verschont geblieben, aber die Gefahrendichte ist dort nicht so hoch, dass von einer ernsthaften individuellen Bedrohung infolge des innerstaatlichen Konflikts auszugehen wäre.
3. Ein junger, gesunder Mann, der ab dem 14. Lebensjahr in Ouagadougou gelebt hat und über handwerkliche Fertigkeiten verfügt, wird in der Lage sein, dort ein wirtschaftliches Existenzminimum zu erwirtschaften. Hierbei sind auch Rückkehrhilfen in Höhe von bis zu 2.000 EUR zu berücksichtigen.
4. Die erlittenen bi- und homofeindlichen Anfeindungen erreichen nach Überzeugung des Gerichts nicht die Schwelle, dass die Rückkehr nach Ouagadougou unzumutbar wäre.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
Soweit der Kläger die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat, war das Verfahren einzustellen.
Im Übrigen hat die Klage keinen Erfolg. [...]
Die Voraussetzungen von § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG liegen nicht vor. [...]
Dem Kläger droht nach diesem Maßstab keine ernsthafte individuelle Bedrohung seines Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG. In Burkina Faso liegt zwar wegen des Kampfes der Sicherheitskräfte gegen islamistische Terroristen vor allem in der Sahel-Region im Norden des Landes an der Grenze zu Mali und Niger, aber auch in vielen anderen Landesteilen, ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt vor. [...]
Bei diesem weiten Verständnis herrscht in Burkina Faso ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt zwischen den regulären burkinischen Streitkräften einerseits und bewaffneten islamistischen bzw. dschihadistischen Gruppen andererseits. Nach den dem Gericht vorliegenden und in das Verfahren eingeführten Erkenntnissen ist es seit Mitte 2018 im Verlauf der Terrorbekämpfung zu einem signifikanten Anstieg von Gräueltaten seitens bewaffneter islamistischer Gruppen und burkinischer Sicherheitskräfte gekommen (vgl. Human Rights Watch vom 22. März 2019, We found their bodies later that day, Atrocities by armed islamists and security forces in Burkina Faso's Sahel Region, S. 1). [...]
Eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des Klägers besteht aber nicht. Besteht ein bewaffneter Konflikt mit relevanter Gefahrendichte - wie hier - nicht landesweit, kommt eine individuelle Bedrohung in der Regel nur in Betracht, wenn sich der Konflikt auf die Herkunftsregion des Klägers erstreckt, in die er typischerweise zurückkehren wird. Allein auf diese Region ist abzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2009 - BVerwG 10 C 9.08 - juris, Rn. 17; Hailbronner, a.a.O., Rn. 67 m.w.N.).
Der Kläger kann indes nach Ouagadougou, wo er seit seinem 14. Lebensjahr gelebt hat, zurückkehren. Hierbei handelt es sich um einen sicheren Landesteil. [...]
An der erforderlichen Gefahrendichte fehlt es aber in Ouagadougou und den umliegenden Regionen. Ausweislich der vorgenannten Auskünfte ist davon auszugehen, dass die Hauptstadt und das Umland zwar nicht völlig verschont geblieben sind von den genannten Auseinandersetzungen, hier aber der nach der Rechtsprechung zu fordernde (vgl. EuGH, Urteile vom 17. Februar 2009, a.a.O., Rn. 35, 43 und vom 30. Januar 2014, a.a.O., Rn. 30) Gefahrengrad nicht erreicht wird. [...] Eine Existenzsicherung in Ouagadougou oder einem sonstigen sicheren Landesteil wäre dem jungen und gesunden Kläger nach Überzeugung des Gerichts zumutbar. Er hat bereits seit dem 14. Lebensjahr in Ouagadougou gelebt und dort über viele Jahre seine Existenz sichern können. In seinem Betrieb konnte er eigenen Angaben zufolge unbehelligt von seinem Arbeitgeber als Mechaniker bzw. als Fahrer arbeiten. Mit einer derartigen Doppelqualifikation dürfte er sich auch von den übrigen Arbeitnehmern in Burkina Faso abheben. Die von ihm glaubhaft geschilderten Anfeindungen von privaten Dritten, die er als bi- bzw. homosexuelle Person erlebt hat, erreichen auch nach Überzeugung des Gerichts nicht die Schwelle, deren Überschreiten eine Unzumutbarkeit der Rückkehr nach sich ziehen würde. [...]
Ungeachtet dessen käme dem Kläger schließlich zugute, dass er bei freiwilliger Ausreise über das sog. REAG/GARP-Programm (vgl. dazu www.returningfromgermanv.de/de/countries/burkina-faso) Rückkehrhilfen in Anspruch nehmen könnte, die sowohl die Reisekosten abdecken als auch eine Starthilfe in Höhe von bis zu 2.000,- Euro umfassen; dies würde den Einstieg zusätzlich erleichtern. [...]