Anspruch auf Fiktionsbescheinigung für Geflüchtete aus der Ukraine:
1. Einer Person mit befristeter Aufenthaltserlaubnis in der Ukraine, die infolge des dortigen Krieges nach Deutschland geflüchtet ist, ist eine Fiktionsbescheinigung auszustellen, wenn sie die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beantragt hat.
2. In diese Fiktionsbescheinigung ist allerdings keine Beschäftigungserlaubnis aufzunehmen, weil § 81 Abs. 5a AufenthG nur für die Situation gilt, dass bereits eine positive Entscheidung über den gestellten Antrag gefällt wurde und lediglich der Zeitraum zwischen Entscheidung und Aushändigung des elektronischen Aufenthaltstitels überbrückt werden soll.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
aa) Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht; ihr ist gemäß § 81 Abs. 5 AufenthG eine Fiktionsbescheinigung auszustellen. Ihr Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis hat die Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG ausgelöst. [...]
Nach § 2 Abs. 1 UkraineAufenthÜV sind Ausländer, die sich am 24. Februar 2022 in der Ukraine aufgehalten haben und die bis zum Außerkrafttreten dieser Verordnung in das Bundesgebiet eingereist sind, ohne den für einen langfristigen Aufenthalt im Bundesgebiet erforderlichen Aufenthaltstitel zu besitzen, vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit. § 2 Abs. 5 Satz 1 UkraineAufenthÜV bestimmt, dass die Einreise und der Aufenthalt der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Ausländer rechtmäßig sind, soweit der Rege - lungsgegenstand der Verordnung reicht. Schließlich sieht § 3 Satz 1 UkraineAufenthÜV vor, dass ein erforderlicher Aufenthaltstitel von den in § 2 Absatz 1 bis 3 genannten Ausländern im Bundesgebiet eingeholt werden kann. [...]
Nicht erforderlich ist indes schon nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 UkraineAufenthÜV, dass die Antragstellerin ukrainische Staatsangehörige ist. Die Vorschrift erfasst in ihrem personellen Anwendungsbereich generell "Ausländer". Für ein weites Begriffsverständnis des § 2 Abs. 1 UkraineAufenthÜV sprechen in systematischer Hinsicht auch § 2 Abs. 2 und 3 UkraineAufenthÜV, welche einschränkend ukrainische Staatsangehörige bzw. in der Ukraine anerkannte Flüchtlinge im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560) und Personen, die in der Ukraine internationalen oder gleichwertigen nationalen Schutz haben, betreffen. Im Umkehrschluss zu diesen Regelungen ist § 2 Abs. 1 UkraineAufenthÜV personell weiter gefasst.
Ebenfalls - und dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 UkraineAufenthÜV - nicht erforderlich ist, dass die Antragstellerin in der Ukraine über einen unbefristeten Aufenthaltstitel verfügte, den sie tatsächlich nicht besitzt; ihr bei der Ausländerbehörde der Antragsgegnerin vorgelegter ukrainischer Aufenthaltstitel ("Temporary Residence Permit" des ukrainischen Staates) ist bis zum 10. August 2023 befristet. [...]
2. Soweit die Antragstellerin nach § 123 Abs. 1 VwGO weiter begehrt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, in die ihr zu erteilende Fiktionsbescheinigung eine Beschäftigungserlaubnis nach bzw. analog § 81 Abs. 5a AufenthG aufzunehmen, ist der Antrag zulässig, jedoch unbegründet. [...]