OVG Schleswig-Holstein

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Zitieren als:
OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 30.12.2022 - 2 LA 40/20 - asyl.net: M31381
https://www.asyl.net/rsdb/m31381
Leitsatz:

Zulassung der Berufung wegen Verletzung rechtlichen Gehörs:

1. Gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO ist die Berufung in Asylsachen u.A. zuzulassen, wenn durch die Ablehnung eines Beweisantrags der Kläger*innen deren rechtliches Gehör verletzt wurde. Der Anspruch auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG, ist verletzt, wenn die Ablehnung eines Beweisantrags im Prozessrecht keine Stütze mehr findet, mithin auf sachfremde Erwägungen gestützt ist.

2. Die Ablehnung eines Beweisantrages verletzt auch dann den Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn diese Entscheidung nicht so begründet wird, dass das Berufungsgericht sie auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen kann. Die bloße stichwortartige Begründung im Protokoll, dass der Beweisantrag "unzulässig/unerheblich" sei, genügt diesen Anforderungen nicht, sodass der Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt wurde.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Asylverfahren, Berufungszulassung, rechtliches Gehör, Beweisantrag, Begründung, Verletzung rechtlichen Gehörs
Normen: AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 3, VwGO § 138 Nr. 3, GG Art. 103 Abs. 1
Auszüge:

[...]

1 Die Berufung ist gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i. V. m. § 138 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil den Klägern durch die Ablehnung des von ihnen gestellten Beweisantrags das rechtliche Gehör versagt war.

2 Der Anspruch auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG, ist verletzt, wenn die Ablehnung eines Beweisantrags im Prozessrecht keine Stütze mehr findet, mithin auf sachfremde Erwägungen gestützt ist. [...]

3 Das Verwaltungsgericht hat vorliegend den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag, Beweis zu erheben zu der Tatsache, dass die Kläger bereits geprägt durch ihren christlichen Glauben und zwar in der Glaubensrichtung der Adventisten nach Deutschland gekommen sind und zum Beweis für die Tatsache, dass die Kläger in Deutschland gezielt die Gemeinschaft der Adventisten gesucht haben und zum Beweis für die Tatsache, dass die Kläger hier in Deutschland ihren christlichen Glauben aktiv in Gottesdiensten und sonstigen kirchlichen Veranstaltungen leben und fest in ihrer Gemeinde integriert sind [durch] die Vernehmung der Zeugin Frau …, …, …, abgelehnt. Laut Protokoll wurde die Ablehnung kurz begründet; als Begründung ist im Protokoll "(unzulässig/unerheblich)" wiedergegeben. Im Urteil hat das Verwaltungsgericht nicht auf den Beweisantrag Bezug genommen. Damit ist für den Senat nicht nachprüfbar, ob die Begründung der Ablehnungsentscheidung eine Stütze im Gesetz findet. Allein die Wiedergabe der Stichworte unzulässig bzw. unerheblich lässt nicht erkennen, aus welchen konkreten Gründen das Verwaltungsgericht den Beweisantrag abgelehnt hat. Daher kann der Senat nicht feststellen, ob die Begründung tragfähig ist. Es ist auch nicht Aufgabe des Rechtsmittelgerichts, die in der mündlichen Verhandlung getroffene Entscheidung der Vorinstanz insofern nachzuvollziehen, als es einerseits anhand der im Urteil zum Ausdruck gekommenen Rechtsauffassung des Gerichts und andererseits am gesamten Akteninhalt prüft, ob der Beweisanträge zulässigerweise hätte abgelehnt werden können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Juni 2003 - 8 B 32.03 -, juris Rn. 7).