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VG Münster

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Zitieren als:
VG Münster, Beschluss vom 27.01.2023 - 2 L 1059/22.A - asyl.net: M31466
https://www.asyl.net/rsdb/m31466
Leitsatz:

Homosexualität in Russland: 

1. Es ist keine asylrechtlich relevante Verfolgung wegen Homosexualität in Tschetschenien oder in Russland zu befürchten, solange die homosexuelle Identität geheim gehalten und die Homosexualität nicht ausgelebt wird.  

2. Die Situation von LSBTI-Personen ist in Russland regional sehr unterschiedlich. In St. Petersburg und Moskau gibt es eine homosexuelle Community. 

(Leitsätze der Redaktion) 

Schlagwörter: Russische Föderation, homosexuell, Tschetschenen, LSBTI,
Normen: AsylG § 3a Abs. 2 Nr. 6, AsylG § 3b Abs. 1 Nr. 4
Auszüge:

[...]

Soweit der Antragsteller im Anhörungsverfahren zur Widerrufsentscheidung und im vorliegenden Verfahren geltend macht, dass er homosexuell sei und deshalb ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG bestehe, weil er in Tschetschenien und der Russischen Föderation staatlichen und privaten Übergriffen schutzlos ausgeliefert sei, besteht für den Einzelrichter schon keine Überzeugungsgewissheit. [...]

Ausweislich der dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnisse ist die Situation für Homosexuelle in der Russischen Föderation regional sehr unterschiedlich. Die Toleranz variiert oftmals nach Größe der Stadt und empfundener Nähe zu Europa. In St. Petersburg findet sogar jährlich ein "Queer-Fest" unter Mithilfe privater Sponsoren und Unterstützung des örtlichen Ombudsmanns für Menschenrechte statt [...].

Selbst in Moskau gibt es nach Medienberichten eine homosexuelle Community, die ihre sexuelle Identität dort lebt [...].

Soweit der Antragsteller auf die homophobe Lage in Tschetschenien abstellt, die ihre Ausprägungen durch Verfolgungen tschetschenischer LGBTI-Personen in russischen Großstädten findet, hat der Antragsteller derzeit ein Abschiebungsverbot nicht glaubhaft gemacht. Zum einen bestehen Zweifel an der von ihm behaupteten sexuellen Identität, zum anderen hat er sich weder in seinem Herkunftsland noch in der Bundesrepublik Deutschland geoutet, so dass seine Identität unbekannt ist. Zum Weiteren ist der Antragsteller seit 2014 aus seinem Herkunftsland fort, so dass eine Suche nach ihm wenig wahrscheinlich ist. [...]