Nachweispflichten zur Identität und Vaterschaft bei Geburt im Inland:
1. Eine inzidente Prüfung der Voraussetzungen der rechtlichen Vaterschaft (§§ 1592 ff. BGB) kann unabhängig von den Angaben in einer Geburtsurkunde in jedem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren erfolgen, in dem die Vaterschaft relevant ist.
2. Es gibt keine gesetzliche Vermutung für das Bestehen einer anderweitigen Vaterschaft. Es müssen zumindest konkrete Anhaltspunkte für eine Ehe der Mutter vorhanden sein, um von ihr den Nachweis der Ledigkeit zu fordern. Der Mutter quasi ins Blaue hinein den nur schwer zu führenden Negativbeweis aufzuerlegen, dass sie im Herkunftsland unverheiratet war, stellt eine unzumutbare Anforderung dar.
3. Die Identität einer Person, ihre Staatsangehörigkeit und grundsätzlich auch ihr Name werden vorrangig durch die Vorlage eines Nationalpasses nachgewiesen. Allein der Umstand, dass in dem betreffenden Land ein unsicheres Urkundswesen besteht (hier: Nigeria), ist nicht geeignet, die Beweiskraft des Nationalpasses in Frage zu stellen.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
Der Kläger ist zur Überzeugung des Gerichts deutscher Staatsangehöriger, weshalb das Asylgesetz, wie aus § 1 Abs. 1 AsylG folgt, auf ihn keine Anwendung findet und es für die vom Bundesamt getroffenen Entscheidungen [...] wie schon für eine wirksame Asylantragstellung an einer Rechtsgrundlage fehlt.
Der Kläger hat die deutsche Staatsangehörigkeit zur Überzeugung des Gerichts gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 StAG durch Geburt erworben. [...]
Eine inzidente Prüfung der Voraussetzungen der rechtlichen Vaterschaft (§§ 1592 ff. BGB) kann zudem unabhängig von den Angaben in einer Geburtsurkunde in jedem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren erfolgen, in dem die Vaterschaft relevant ist [...].
Auch nach § 1594 Abs. 2 BGB ist die Wirksamkeit nicht zu verneinen. Nach dieser Bestimmung ist eine Anerkennung der Vaterschaft nicht wirksam, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht. In einem solchen Fall ist die Anerkennung schwebend unwirksam. Ein solcher anderer rechtlicher Vater wäre ein (ggfs. ehemaliger) Ehemann der Mutter des Klägers, wenn diese im Zeitpunkt der Geburt (§ 1592 Nr. 1 BGB) verheiratet gewesen wäre (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03.03.2017 - I-3 Wx 80/16 -, juris Rn. 17).
Die deutschen Gesetze sehen allerdings weder für Deutsche noch für Ausländer eine Verpflichtung vor, im Falle einer Vaterschaftsanerkennung einen Nachweis darüber zu erbringen, dass die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt nicht verheiratet war. Eine solche Nachweispflicht käme schon deshalb nicht in Betracht, weil das Gesetz eine Vaterschaftsanerkennung ausdrücklich schon vor der Geburt erlaubt (§ 1594 Absatz 4 BGB) und zu diesem Zeitpunkt ein Nachweis über eine zum Zeitpunkt der Geburt nicht bestehende Ehe nicht erbracht werden könnte. [...]
Es gibt auch keine gesetzliche Vermutung für das Bestehen einer anderweitigen Vaterschaft. Nur wenn zumindest konkrete Anhaltspunkte für eine Ehe vorhanden sind, muss die Mutter nachweisen, dass sie im maßgeblichen Zeitpunkt unverheiratet war [...].
Der Mutter jedoch quasi ins Blaue hinein den nur schwer zu führenden "Negativbeweis" aufzuerlegen, dass sie in ihrem Heimatland nicht verheiratet ist bzw. war, wäre eine unzumutbare Anforderung [...].
Kann nicht zweifelsfrei geklärt werden, ob eine anderweitige Vaterschaft besteht, etwa ob eine Ehe der Mutter mit einem anderen Mann im Ausland überhaupt und wenn ja wirksam geschlossen wurde, geht die Feststellungslast zugunsten der Anerkennung. Dies ergibt sich aus der negativen Formulierung des § 1594 Abs. 2 BGB und verhindert, dass das Kind im Zweifel gar keinen Vater hat [...].
Konkrete Anhaltspunkte für eine bestehende Ehe der Mutter des Klägers im Zeitpunkt von dessen Geburt ergeben sich weder aus dem Asylverfahren oder dem Bescheid des Bundesamtes betreffend den Kläger, noch aus dem unanfechtbar abgeschlossenen Asylverfahren der Mutter des Klägers. Diese hat gegenüber dem Bundesamt ihren Familienstand als ledig angegeben. Sie hat zudem gegenüber dem Gericht in der mündlichen Verhandlung vom heutigen Tage glaubhaft versichert, zu keinem Zeitpunkt verheiratet gewesen zu sein. [...]
Jedoch ist hier die Identität der Kindesmutter geklärt. Sie hat in der mündlichen Verhandlung vom heutigen Tage einen Nationalpass der Bundesrepublik Nigeria vorgelegt, in dem ihre Personendaten beurkundet sind. Die Identität einer Person, ihre Staatsangehörigkeit und grundsätzlich auch ihr Name werden vorrangig durch die Vorlage eines Nationalpasses nachgewiesen [...].
Ein Pass ist wegen des Lichtbildes, der Registrierung bei der Passbehörde und seiner durch die zeitliche Begrenzung der Gültigkeit bedingten regelmäßigen Überprüfung ein besonders geeignetes Mittel zum Nachweis der Identität. Dies entspricht einerseits dem völkerrechtlichen Grundsatz der Passhoheit der einzelnen Staaten und trägt andererseits dem Umstand Rechnung, dass der Einzelne praktisch keine andere Möglichkeit hat, seine persönliche Identität urkundlich effektiv nachzuweisen. Selbst bei einem gut funktionierenden Personenstandswesen sind nämlich die insoweit vorgenommenen Beurkundungen nicht geeignet, die Identität des Betroffenen mit der Person zu beweisen, deren Personenstandsfälle beurkundet worden sind. Alleine der Umstand, dass in dem Heimatland der Beteiligten kein sicheres Urkundenwesen besteht, also kein solches, dass die dortige Botschaft als hinreichende Grundlage für ein Legalisationsverfahren ansehen, reicht nicht aus, die Beweiswirkung des Nationalpasses in Frage zu stellen. Denn dieser Aspekt betrifft vorrangig Urkunden, die in erster Linie für den inländischen Gebrauch bestimmt sind. Ein Nationalpass ist hingegen stets auch eine staatliche Erklärung gegenüber der Staatengemeinschaft, so dass erfahrungsgemäß auch Staaten, deren innere Organisation wenig verlässlich erscheint, bei der Ausstellung von Pässen wesentlich restriktiver verfahren. [...]