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SG Lüneburg

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Zitieren als:
SG Lüneburg, Beschluss vom 06.03.2023 - S 26 AY 2/23 ER - asyl.net: M31566
https://www.asyl.net/rsdb/m31566
Leitsatz:

Leistungsberechtigung nach dem AsylbLG entsteht nicht schon bei Antrag auf Duldung: 

1. Die bloße Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis, hilfsweise einer Duldung begründet nach dem klaren Wortlaut der Vorschriften § 1 Abs. 1 Nr. 3 und 4 AsylbLG noch keine Leistungsberechtigung. Der Wortlaut erfordert den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis oder Duldung. 

2. Eine unerlaubte Einreise liegt auch bei Staatsangehörigen vor, die visumsfrei einreisen dürfen, wenn bei der Einreise bereits die Absicht bestand, sich längerfristig in der Bundesrepublik aufzuhalten. Eine Leistungsberechtigung gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG besteht im vorliegenden Fall, wegen Zweifeln an der unerlaubten Einreise nicht. 

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Sozialrecht, Asylbewerberleistungsgesetz, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, einstweilige Anordnung,
Normen: AsylbLG § 1 Abs. 1 Nr. 3, AsylbLG § 1 Abs. 1 Nr. 4, AsylbLG § 1 Abs. 1 Nr. 5 SGG § 86b Abs. 2 S. 2
Auszüge:

[...]

Die Antragstellerin gehört nicht den Leistungsberechtigten, die Anspruch auf Leistungen nach diesem Gesetz haben. [...]

Die Antragstellerin ist als Staatsangehörige der Republik Serbien Ausländerin im Sinne der Vorschrift und hält sich ihren Angaben zufolge in der Bundesrepublik Deutschland bei ihrem Bruder auf. Sie verfügt jedoch über keinen in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 AsylbLG aufgeführten Aufenthaltsstatus, der ihr eine Leistungsberechtigung verschafft. Sie besitzt keine Aufenthaltsgestattung, hat ein Asylgesuch nicht geäußert und einen Asyl- bzw. Asylfolgeantrag nicht gestellt. Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 09. November 2022 hat sie zwar die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, hilfsweise einer Duldung beantragt, doch reicht nach dem klaren Wortlaut der Vorschriften § 1 Abs. 1 Nr. 3 und 4 AsylbLG die bloße Beantragung für eine Leistungsberechtigung nicht aus und verfügt sie über Duldung bzw. Aufenthaltserlaubnis bislang nicht; vielmehr ist nach den Ausführungen des Antragsgegners deren Ablehnung beabsichtigt.

Ein Leistungsanspruch ergibt sich weiterhin nicht aus § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG. Die letzte Einreise in die Bundesrepublik Deutschland erfolgte offenbar als sog. Drittstaatsangehörige nach Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2018/1806 [...]

Auch wenn sich der genaue Zeitpunkt ihrer Einreise nicht feststellen lässt, ist der Zeitraum von 90 Tagen verstrichen und ist sie nunmehr zur Ausreise verpflichtet, jedoch ist die Ausreiseverpflichtung zzt. nicht vollziehbar.

Etwas anderes würde gelten, wenn ein dauerhafter Aufenthalt schon bei der Einreise beabsichtigt war; für diesen Fall ist die Ausreisepflicht kraft Gesetzes vollziehbar, § 58 Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Eine titel- bzw. visumfreie Einreise ist nur dann als erlaubt anzusehen, wenn der beabsichtigte Aufenthaltszweck auf einen Kurzaufenthalt gerichtet ist [...]. Vorliegend bestehen durchaus Zweifel, ob sich die Antragstellerin auf die Befreiungsvorschrift berufen kann, da sie ihren Angaben zufolge eingereist ist, um bei ihrem Bruder zu wohnen und ihn und seine Frau zu unterstützen. Daraus ergibt sich aber nicht zwingend, dass ein Daueraufenthalt schon bei der Einreise beabsichtigt war. [...]