LG Düsseldorf

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Zitieren als:
LG Düsseldorf, Beschluss vom 27.04.2023 - 25 T 458/22 - asyl.net: M31591
https://www.asyl.net/rsdb/m31591
Leitsatz:

Ohne Rückkehrentscheidung ist Anordnung von Abschiebungshaft rechtswidrig: 

Zu den im Haftantrag darzulegenden und vom Gericht zu prüfenden Voraussetzungen gehört das Vorliegen einer Abschiebungsandrohung gemäß § 59 AufenthG oder einer anderen Rückkehrentscheidung. Eine solche muss auch dann vorliegen, wenn die betroffene Person unerlaubt eingereist und deshalb gemäß § 58 Abs. 2 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig ist. Es ist nicht ausreichend, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer Rückkehrentscheidung an sich vorlägen und beabsichtigt ist, eine solche zu erlassen. 

(Leitsätze der Redaktion; unter Bezug auf: BGH, Beschluss vom 07.02.2019 - V ZB 216/17 - asyl.net: M27119)

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Rückkehrentscheidung, einstweilige Anordnung, Abschiebungsandrohung, Abschiebungsanordnung, Haftantrag,
Normen: AufenthG § 62 Abs. 1, AufenthG § 59 Abs. 1
Auszüge:

[...]

Es lag kein zulässiger Haftantrag in Gestalt des Schreibens des Antragstellers vom 20. April 2022 vor. [...]

Der Antrag wurde zwar durch die - nach § 71 Abs. 1 AufenthG sachlich und gemäß § 14 Abs. 3 ZustAVO örtlich - zuständige Behörde gestellt (§ 417 Abs. 1 FamFG). Die Kommunale Ausländerbehörde Düsseldorf ist zuständig, da sich die Notwendigkeit für eine ausländerbehördliche Maßnahme im Bereich der Stadt Düsseldorf ergab.

Jedoch mangelt es an dem Vortrag zu der Abschiebungsandrohung oder zu einer anderen Rückkehrentscheidung, die eine Abschiebungsandrohung entbehrlich macht.

Das Vorliegen einer Abschiebungsandrohung gehört zu den von der Behörde im Haftantrag nach § 417 Abs. 2 Nr. 5 FamFG darzulegenden Vollstreckungsvoraussetzungen. Fehlt es an dem Vortrag der Behörde, dass eine Abschiebungsandrohung entweder bereits ergangen ist oder aber wegen Vorliegens einer anderen Rückkehrentscheidung ausnahmsweise entbehrlich ist, liegt ein Verstoß gegen den gesetzlichen Begründungszwang vor, der zur Unzulässigkeit des Haftantrags führt [...].

Ausführungen zu einer Abschiebungsandrohung oder dazu, dass es einer solchen ausnahmsweise nicht bedurfte (z.B. nach § 59 Abs. 1 Satz 3 AufenthG oder nach § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylG), enthält der Haftantrag nicht.

Vielmehr lassen die Ausführungen auf Seiten 3 und 4 des Antrags darauf schließen, dass eine Rückkehrentscheidung erst durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vor der geplanten Überstellung in die Niederlande erlassen werden wird.

Es genügt aber nicht, dass die Voraussetzungen für den Erlass einer Abschiebungsandrohung bzw. einer anderen Rückkehrentscheidung gegen den Betroffenen an sich vorlägen und die Ausländerbehörde auch beabsichtigt, eine solche Verfügung (erst noch) zu erlassen (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14. Juli 2016, - V ZB 32/15).

Zu den im Haftantrag darzulegenden und durch den Haftrichter zu prüfenden Voraussetzungen gehört grundsätzlich das Vorliegen einer Abschiebungsandrohung nach § 59 AufenthG. Eine solche Androhung muss auch dann vorliegen, wenn der Ausländer gemäß § 14 AufenthG unerlaubt eingereist und deshalb nach § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG vollziehbar ausreisepflichtig ist (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 7. Februar 2019 - V ZB 216/17). [...]