Aufhebung einer Unzulässigkeitsentscheidung gegenüber in Bulgarien anerkannter Familie:
Bei einer Familie mit fünf minderjährigen Kindern handelt es sich um einen besonders schutzwürdigen vulnerablen Personenkreis. Ihnen wird es nicht gelingen, in Bulgarien ihr Existenzminimum zu erwirtschaften.
(Leitsätze der Redaktion)
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Zwar ist nach der aktuellen Rechtsprechung der Kammer (vgl. Urteil der Kammer vom 24.03.2023 - 3 K 766/22 -, juris; s.a. Beschlüsse der Kammer vom 30.11.2022 - 3 K 1450/22 - und 31.01.2023 - 3 K 1346/22 - sowie 02.03.2023 - 3 L 273/23) zu Verfahren den Drittstaat Bulgarien betreffend ein vom Willen eines arbeitsfähigen und gesunden Schutzberechtigten unabhängiger "Automatismus der Verelendung" bei einer Rückkehr nach Bulgarien nicht festzustellen. Der jeweilige Schutzberechtigte muss aber gleichwohl grundsätzlich befähigt sein, sich den schwierigen Bedingungen zu stellen und durch eine hohe Eigeninitiative selbst für seine Unterbringung und seinen Lebensunterhalt zu sorgen.
Im vorliegenden Einzelfall ist zu bedenken, dass es sich - im Gegensatz zu den von der Kammer bisher abschlägig entschiedenen Fällen, die weit überwiegend junge, ledige und kinderlose Männer betrafen und die daher nur ihren eigenen Unterhalt erwirtschaften mussten - um eine siebenköpfige Familie mit fünf minderjährigen Kindern handelt, die damit zum besonders schutzwürdigen vulnerablen Personenkreis gehört. Unter Berücksichtigung der aktuellen Erkenntnislage kann fallbezogen nicht davon ausgegangen werden, dass es den Antragstellern in Bulgarien gelingen wird, eine zur Existenzsicherung der Familie und Finanzierung einer menschenwürdigen Unterkunft hinreichende Beschäftigung zu finden. Die Kinder sind minderjährig und können zur Erwirtschaftung des Familieneinkommens, wenn überhaupt, allenfalls ganz am Rande beitragen. Mit Blick darauf, dass die Antragsteller zu 6. und 7. nicht einmal schulpflichtig sind, wird auch eine (zumindest vollschichtige) Berufstätigkeit eines der Elternteile nicht in Frage kommen. Auch wenn man berücksichtigt, dass die Lebenshaltungskosten in Bulgarien deutlich günstiger als etwa in Deutschland sind, ist daher bei einer Gesamtwürdigung davon auszugehen, dass die Antragsteller bei einer Rückkehr nach Bulgarien voraussichtlich für längere Zeit nicht in der Lage sein werden. ihren Lebensunterhalt eigenständig zu erwirtschaften, und für sie mangels ausreichender staatlicher und sonstiger Hilfen das ernsthafte Risiko besteht, In eine Situation extremer materieller Not zu geraten. [...]