OVG Niedersachsen

Merkliste
Zitieren als:
OVG Niedersachsen, Beschluss vom 04.12.2023 - 10 LB 91/23 - asyl.net: M32037
https://www.asyl.net/rsdb/m32037
Leitsatz:

Keine systemischen Mängel des Asylsystems in Kroatien:

Bei einer Rückkehr nach Kroatien im Rahmen des Dublin-Verfahrens droht keine Verletzung von Art. 3 EMRK. Für Dublin-Rückkehrende besteht vielmehr ein voller Zugang zum kroatischen Asylsystem. Auch die Aufnahmebedingungen sind angemessen.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Dublinverfahren, Kroatien, kein Abschiebungsverbot, Asylantragstellung, Aufnahmebedingungen, Besonders Schutzbedürftige, Kinder, Kindeswohl, Kleinkinder, medizinische Versorgung, Minderjährige, keine systemischen Mängel, Überstellung, keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung,
Normen: AsylG § 29 Abs. 1 Nr. 1a), AufenthG § 60 Abs. 5, EMRK Art. 3, GR-Charta Art. 4, VO 604/2013 Art. 3 Abs. 2
Auszüge:

[...]

Der Asylantrag ist nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 a) AsylG unzulässig, weil Kroatien gemäß der Dublin III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

Die Frist für die Überstellung der Kläger nach Kroatien von sechs Monaten hat gemäß Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 i. V. m. Art. 27 Abs. 3 c) Dublin III-VO noch nicht zu laufen begonnen, weil die Kläger im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die Abschiebungsanordnung erwirkt haben. Deshalb ist die Zuständigkeit zur Prüfung des Asylantrags auch nicht gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin III-VO auf die Beklagte übergegangen.

Die Beklagte ist auch nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabsätze 2 und 3 Dublin III-VO zum sogenanntenSelbsteintritt verpflichtet, weil in Kroatien keine systemischen Mängel im Asylverfahren und in den Aufnahmebedingungen für Dublin-Rückkehrer, wie die Kläger, bestehen, welche die Zuständigkeit der Beklagten begründen könnten. Denn es sind im Entscheidungszeitpunkt keine hinreichenden Gründe für die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung der Kläger im Sinne von Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK bei einer Rücküberstellung nach Kroatien feststellbar. [...]

Das Bundesverwaltungsgericht hat zu dem in sogenannten Dublin-Verfahren zu beachtenden rechtlichen Maßstab und zu den erforderlichen Tatsachenfeststellungen weiter ausgeführt (Beschluss vom 7.3.2022 – 1 B 21.22 –, juris Rn. 13):

"Im Zusammenhang mit der Beurteilung eines ernsthaften Risikos einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK ist stets von dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Mitgliedstaaten auszugehen, der im Unionsrecht fundamentale Bedeutung hat, da er die Schaffung und Aufrechterhaltung eines Raums ohne Binnengrenzen ermöglicht, und der von jedem Mitgliedstaat verlangt, dass dieser, abgesehen von außergewöhnlichen Umständen, davon ausgeht, dass alle anderen Mitgliedstaaten das Unionsrecht und insbesondere die dort anerkannten Grundrechte beachten (EuGH, Urteile vom 19. März 2019 - C-163/17 [ECLI:EU:C:2019:218], Jawo - Rn. 81 m.w.N. und - C-297/17, C-318/17, C-319/17 und C-438/17 [ECLI:EU:C:2019:219], Ibrahim u.a. - Rn. 84). Damit gilt im Kontext des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems die widerlegliche Vermutung, dass die Behandlung der Personen, die internationalen Schutz beantragen, in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Charta, der Genfer Konvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention steht (EuGH, Urteile vom 19. März 2019 - C-163/17 - Rn. 82 m.w.N. und - C-297/17, C-318/17, C-319/17 und C-438/17 - Rn. 85). Diese Vermutung beansprucht nur dann keine Geltung, wenn systemische Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass die betreffende Person im Zeitpunkt der Überstellung, während des Asylverfahrens oder nach dessen Abschluss einem ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erfahren (EuGH, Urteile vom 19. März 2019 - C-163/17 - Rn. 85 und 88 m.w.N. und - C-297/17, C-318/17, C-319/17 und C-438/17 - Rn. 86 f.).
Verfügt das Gericht über Angaben, die der Antragsteller vorgelegt hat, um das Vorliegen eines solchen Risikos in dem betreffenden Mitgliedstaat nachzuweisen, so ist es verpflichtet, auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben und im Hinblick auf den durch das Unionsrecht gewährleisteten Schutzstandard der Grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorliegen (EuGH, Urteile vom 19. März 2019 - C-163/17 - Rn. 90 m.w.N. und - C-297/17, C-318/17, C-319/17 und C-438/17 - Rn. 88). Hierbei fallen nur solche Schwachstellen ins Gewicht, die eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreichen."

Von diesen Maßstäben ausgehend, wird die erforderliche hohe Schwelle der Erheblichkeit systemischer Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen, dass ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme vorliegen, dass die Kläger im Zeitpunkt ihrer Rücküberstellung nach Kroatien, während ihres Asylverfahrens oder nach dessen Abschluss einem ernsthaften Risiko ausgesetzt wären, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK zu erfahren, nach Auswertung der aktuellen Erkenntnismittel zur Rückkehr von Asylsuchenden nach Kroatien im Rahmen des sogenannten Dublin-Verfahrens nicht erreicht. [...]

Auch nach den neuesten Erkenntnismitteln liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass es im Falle von sogenannten Dublin-Rückkehrern, von denen es im Jahr 2022 in Kroatien 167 und davon 89 aus Deutschland gegeben hat (Asylum Information Data Base = AIDA, Country Report Croatia 2022, Update Juni 2023, Seiten 47 und 48), zu Ketten-Abschiebungen oder anderen Verletzungen ihrer Rechte aus Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC gekommen ist.

Auch aus den neueren Berichten über von Kroatien zu verantwortende sogenannte Push-Backs und Kettenabschiebungen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass derartige Verfahrensweisen auch Dublin-Rückkehrer betreffen könnten.

Nach dem Country Report Croatia (Stand: Juni 2023) von AIDA wurden im Jahr 2022 nach den Daten des Dänischen Flüchtlingsrats 3.461 Personen aus Kroatien nach Bosnien und Herzegowina zurückgeschoben, verglichen mit 9.114 im Jahr 2021, und geht aus den Daten des UNHCR hervor, dass im Jahr 2022 289 Personen von Kroatien nach Serbien zurückgeschoben wurden, verglichen mit 928 im Jahr 2021 (Seite 26 des Reports). Auch aus diesem ausführlichen Report (Seiten 25-35) über die Push-Backs und anderen Verfahrensweisen der kroatischen Polizei gegenüber Ausländern nach unerlaubten Grenzübertritten ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass derartige Verfahrensweisen auch Dublin-Rückkehrern drohen könnten. [...]

Anhaltspunkte dafür, dass eine möglicherweise gegen Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC verstoßende Verfahrensweise auch Dublin-Rückkehrern drohen könnte, ergeben sich auch nicht aus anderen Berichten, etwa dem Bericht "Beaten, punished and pushed back" der Protecting Rights at Borders (PRAB) - Initiative von Januar 2023 sowie den anderen vom Verwaltungsgericht Braunschweig in seinem Urteil vom 8. Mai 2023 (– –, juris Rn. 40-54) angeführten Berichten. [...]

Diese durchlaufen vielmehr ein normales Aufnahmeverfahren (AIDA, Country Report Croatia 2022, Update Juni 2023, Seiten 47-53). Sie werden zum Flughafen Zagreb transferiert, wo normalerweise ein Mitarbeiter des Innenministeriums ankommende Flüchtlinge abholt, und von dort in ein Aufnahmelager für Antragsteller, die internationalen Schutz suchen, gebracht (Swiss Refugee Council = Schweizerische Flüchtlingshilfe = SFH, Situation of asylum seekers and beneficiaries of protrection with mental health problems in Croatia, December 2021, im Folgenden: SFH, Croatia, December 2021, Seite 9; AIDA, Country Report Croatia 2022, Update Juni 2023, Seite 53).

Es ist ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit vorhanden (AIDA, Country Report Croatia 2022, Update Juni 2023, Seite 51; BFA, Länderinformationsblatt Kroatien, Stand: 14.4.2023, Seite 1). Personen, die im Rahmen der Dublin III-Verordnung nach Kroatien zurückkehren, haben prinzipiell vollen Zugang zum kroatischen Asylsystem (BFA, Länderinformationsblatt Kroatien, Stand: 14.4.2023, Seite 3). Es bestehen für Dublin-Rückkehrer keine Hindernisse im Hinblick auf das Verfahren zur Gewährung internationalen Schutzes (AIDA, Country Report Croatia 2022, Update Juni 2023, Seite 53). Allerdings müssen Personen, die Kroatien vor Abschluss des Verfahrens verlassen haben und deren Verfahren daher ausgesetzt wurde, nach ihrer Rückkehr nach Kroatien die Schutzgewährung erneut beantragen und damit das ursprüngliche Verfahren wiederaufnehmen; Personen, deren Anträge ausdrücklich zurückgezogen oder abgelehnt wurden bevor sie Kroatien verlassen haben, gelten als Folgeantragsteller (BFA, Länderinformationsblatt Kroatien, Stand: 14.4.2023, Seite 3; AIDA, Country Report Croatia 2022, Update Juni 2023, Seite 53). Aus diesem auch von den Klägern im Berufungsverfahren hervorgehobenen Umstand ergibt sich jedoch unter keinem Gesichtspunkt eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC (siehe hierzu im Einzelnen das oben wiedergegebene Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 11.5.2023 – A 4 S 2666/22 –, juris Rn. 84-87).

Dublin-Rückkehrer haben keine Schwierigkeiten beim Zugang zum Asyl- und Aufnahmesystem sowie zu den materiellen Aufnahmebedingungen (BFA, Länderinformationsblatt Kroatien, Stand: 14.4.2023, Seite 3), die angemessen sind und Flüchtlingen Unterstützung bei der Integration bieten (UNHCR, Croatia Fact Sheet, February 2023). Auch das kroatische Rote Kreuz bietet Dublin-Rückkehrern, die in Aufnahmezentren für Antragsteller untergebracht sind, Unterstützung bei der Integration in die kroatische Gesellschaft (BFA, Länderinformationsblatt Kroatien, Stand: 14.4.2023, Seite 3).

Allgemein haben Asylbewerber einschließlich der Dublin-Rückkehrer in Kroatien das Recht auf materielle Versorgung während des Asylverfahrens (vgl. SFH, Croatia, December 2021, Seiten 9-12, 13-16). Dieses Recht umfasst die Unterbringung in einem der vom Innenministerium betriebenen, in 2019 und 2022 renovierten, in hygienischer Hinsicht und auch sonst angemessene Lebensbedingungen bietenden (AIDA, Country Report Croatia 2022, Update Juni 2023, Seite 88) und für die Aufnahme der meistens nur kurze Zeit (wenige Tage oder Wochen) in den Zentren sich aufhaltenden Flüchtlinge ausreichend gewesenen Aufnahmezentren in Zagreb mit 600 Plätzen und in Kutina mit 140 Plätzen (AIDA, Country Report Croatia 2022, Update Juni 2023, Seite 86, 87 und 91) sowie die Versorgung mit Verpflegung (3 Mahlzeiten pro Tag), Kleidung und finanzieller Unterstützung (AIDA, Country Report Croatia 2022, Update Juni 2023, Seite 83 und 88; BFA, Länderinformationsblatt Kroatien, Stand: 14.4.2023, Seiten 8-10). Keines der Zentren ist überbelegt (SFH, Croatia, December 2021, Seite 10). [...]

Ist das Verfahren nach 9 Monaten noch nicht entschieden, haben Asylbewerber das Recht zu arbeiten (AIDA, Country Report Croatia 2022, Update Juni 2023, Seite 91; BFA, Länderinformationsblatt Kroatien, Stand: 14.4.2023, Seite 9). Die Antragsteller können bis zum Ende ihres Verfahrens in den Unterbringungszentren bleiben (AIDA, Country Report Croatia 2022, Update Juni 2023, Seite 91; BFA, Länderinformationsblatt Kroatien, Stand: 14.4.2023, Seite 10). Auch ihre medizinische Notbetreuung und die notwendige Behandlung von Krankheiten und schweren psychischen Störungen ist nach dem Gesetz über internationalen und vorübergehenden Schutz (LITP) gewährleistet (AIDA, Country Report Croatia 2022, Update Juni 2023, Seite 94; SFH, Croatia, December 2021, Seite 13; BFA, Länderinformationsblatt Kroatien, Stand: 14.4.2023, Seite 10).

Anerkannte Flüchtlinge, die eine Aufenthaltserlaubnis für 5 Jahre erhalten, und subsidiär Schutzberechtigte, die eine Aufenthaltserlaubnis für 3 Jahre erhalten (AIDA, Country Report Croatia 2022, Update Juni 2023, Seite 128; BFA, Länderinformationsblatt Kroatien, Stand: 14.4.2023, Seite 11), haben das Recht auf Unterbringung für einen Zeitraum von 2 Jahren ab ihrer Anerkennung (SFH, Croatia, December 2021, Seite 11). Auch nach dieser 2-jährigen Integrationsphase dürfen diese Personen in der Praxis in den Aufnahmezentren bleiben, bis für sie eine angemessene Unterkunft bzw. Wohnung gefunden worden ist (AIDA, Country Report Croatia 2022, Update Juni 2023, Seite 139; BFA, Länderinformationsblatt Kroatien, Stand: 14.4.2023, Seite 12).

Sie haben denselben Anspruch auf Sozialhilfe wie kroatische Bürger (AIDA, Country Report Croatia 2022, Update Juni 2023, Seite 146; BFA, Länderinformationsblatt Kroatien, Stand: 14.4.2023, Seite 12). Auch haben sie das Recht, in Kroatien zu arbeiten. Bei der Suche nach einem Arbeitsplatz ist das Haupthindernis das Erlernen der kroatischen Sprache (AIDA, Country Report Croatia 2022, Update Juni 2023, Seite 141; BFA, Länderinformationsblatt Kroatien, Stand: 14.4.2023, Seite 12).

Anerkannt Schutzberechtigte haben ein Recht auf Zugang zu medizinischer Versorgung wie kroatische Staatsangehörige (SFH, Croatia, December 2021, Seite 15). Dabei hat der kroatische Staat analog zu Pflichtversicherten die Kosten zu tragen, wenn sie arbeitslos sind; in diesem Fall kann es zu Problemen bei der medizinischen Versorgung kommen, ohne dass Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die medizinisch unbedingt erforderliche Versorgung nicht gewährleistet ist (SFH, Croatia, December 2021, Seite 15). Erwerbstätige Personen sind dagegen krankenversichert (BFA, Länderinformationsblatt Kroatien, Stand: 14.4.2023, Seite 13; AIDA, Country Report Croatia 2022, Update Juni 2023, Seite 147 f.; SFH, Croatia, December 2021, Seite 15). [...]

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die oben dargestellte Situation von Dublin-Rückkehrern, die in der Regel in Kroatien bereits einen Asylantrag gestellt haben, dort registriert sind und aus Deutschland in einem förmlichen Verfahren rücküberstellt werden, nachdem sich Kroatien zu deren Wiederaufnahme ausdrücklich bereit erklärt hat, und die sodann in den genannten Aufnahmezentren in Kroatien untergebracht werden, sich beispielsweise ganz erheblich unterscheidet von der Situation von Ausländern, die noch keinen Asylantrag gestellt haben und die entweder bei dem Versuch die Grenze zwischen Bosnien-Herzegowina und Kroatien unerlaubt zu überschreiten, zurückgedrängt oder später im Staatsgebiet Kroatiens aufgegriffen und nach Bosnien-Herzegowina zurückgeschoben oder im Rahmen von Rückübernahmeabkommen mit Slowenien und / oder Bosnien-Herzegowina zurückgeschoben werden. Deshalb können von vornherein keine Schlüsse aus der Situation von letzterem Personenkreis auf die Situation von Dublin-Rückkehrern gezogen werden. [...]

Soweit das Verwaltungsgericht Braunschweig im angefochtenen Urteil vom 8. Mai 2023 (juris Rn. 56) meint, "die Gruppe der Dublin-Rückkehrer künstlich von den sonstigen Asylsuchenden in Kroatien abzuspalten und als eigenständige Kategorie zu betrachten", sei nur dann gerechtfertigt, "wenn es dem Bundesamt oder dem entscheidenden Gericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht gelingt, zu belegen, dass Dublin-Rückkehrern die Gefahren, denen sämtliche andere Asylbewerber in Kroatien ausgesetzt sind, nicht drohen", verkennt es die insoweit zu beachtenden rechtlichen Maßstäbe. Denn insofern ist es nicht ausreichend, dass überhaupt erhebliche systemische Schwachstellen des Asylsystems und gravierende Rechtsverletzungen gegenüber einem anderen Personenkreis bestehen. Erforderlich ist vielmehr nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 7.3.2022 – 1 B 21.22 –, juris Rn. 13), dass aufgrund dieser Schwachstellen des Asylsystems und der Aufnahmebedingungen in dem betreffenden Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme bestehen, dass gerade die rechtsschutzsuchende Person im Zeitpunkt ihrer Überstellung, während des Asylverfahrens oder nach dessen Abschluss einem ernsthaften Risiko ausgesetzt wäre, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erfahren. Auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist es erforderlich, dass gerade der betroffene Drittstaatsangehörige tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4GRC ausgesetzt zu werden (Urteil vom 22.2.2022 – C-403/20 –, juris Rn. 31). Insofern reicht es daher keineswegs, dass für einen anderen Personenkreis aufgrund Schwachstellen des Asylsystems die Gefahr einer Verletzung von Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC besteht. Es muss vielmehr gerade den Klägern aufgrund der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen konkret eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bzw. mit einem ernsthaften Risiko (real risk) drohen, was hier aufgrund der vorliegenden Erkenntnismittel über die Situation von Dublin-Rückkehrern in Kroatien nicht angenommen werden kann. [...]

Allein der Umstand, dass die Kläger zu 2. bis 8. minderjährig sind, steht der Rücküberführung der Kläger nach Kroatien ebenfalls nicht entgegen, da nach den oben dargestellten Aufnahmebedingungen in Kroatien auch eine Versorgung von Familien mit minderjährigen Kindern mit den lebensnotwendigen Gütern und Leistungen hinreichend sichergestellt ist. Auch der Umstand, dass in Deutschland eine nicht zur Kernfamilie gehörende (volljährige) Tochter der Kläger zu 1. und 2. lebt, steht ihrer Rücküberstellung nach Kroatien nicht entgegen, wie das Bundesamt im angefochtenen Bescheid vom 26. September 2022 zutreffend ausgeführt hat. [...]