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VG München

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Zitieren als:
VG München, Urteil vom 13.12.2023 - M 5 K 21.32346 - asyl.net: M32146
https://www.asyl.net/rsdb/m32146
Leitsatz:

Flüchtlingsanerkennung für Pastorin aus Uganda:

Der Pastorin droht Verfolgung, weil sie sich in ihren Predigten politisch geäußert und eine kritische Haltung gegenüber dem Regime eingenommen hat. Die Polizei suchte bereits nach ihr, ihr Co-Pastor verschwand und die Kirche der Klägerin brannte nieder.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Uganda, politische Verfolgung, Flüchtlingsanerkennung, Opposition, Bobi Wine
Normen: AsylG § 3
Auszüge:

[...]

25 2. Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bei der Klägerin vor. Die Klägerin hat letztlich glaubhaft vorgetragen, dass sie aufgrund ihrer Tätigkeit als Pastorin der politischen Nähe zu Bobi Wine und damit der Opposition zugerechnet wird. Damit muss sie bei einer Rückkehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungsmaßnahmen rechnen.

26 Das Gericht ist im Ergebnis davon überzeugt, dass die Klägerin bis zu ihrer Ausreise Pastorin in einer Gemeinde in … war. Im Rahmen ihrer pastoralen Tätigkeit kam sie auch auf die politischen Umstände zu sprechen. Viele junge Leute in ihrer Gemeinde bekundeten eine Sympathie für den Oppositionskandidaten Bobi Wine bereits im Vorfeld des Präsidentschaftswahlkampfs, da sie mit den herrschenden Verhältnissen unzufrieden waren. Auch die Klägerin war und ist dem herrschenden Regime gegenüber kritisch eingestellt. Das kam insbesondere in der "Prayer Night" am …Dezember 2019 zum Ausdruck. Diese Parteinahme zugunsten von Bobi Wine war auch kein Einzelfall. Wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, hat sie immer wieder politische Themen zum Gegenstand ihrer Predigten gemacht. Dabei hat sie eine kritische Haltung gegenüber dem herrschenden Regime eingenommen. Wie sie nachvollziehbar dargelegt hat, gab es innerhalb der Pastorenschaft eine Gruppe, die die Regierungspartei unterstützt hat und eine, die die Opposition unterstützt hat. Die Klägerin gehörte zur letzteren Gruppe. Auch wenn der für ihre Gemeinde zuständige Bischof das nicht gerne gesehen habe, habe sie sich nicht beirren lassen und ihre politischen Ansichten im Rahmen ihrer pastoralen Tätigkeit weiter vertreten. [...]

28 Für das Gericht ist es stimmig und nachvollziehbar, dass die Klägerin als herausgehobene Unterstützerin der Opposition um Bobi Wine gezählt wurde. Das gilt mit Blick auf ihre hervorgehobene Stellung als Pastorin und auch die Reichweite ihrer Äußerungen in der Kirche als Multiplikatorin, insbesondere bei jungen Menschen. Auch wenn Bobi Wine erst Anfang November 2020 als Präsidentschaftskandidat nominiert wurde, war er bereits 2018 durch seine Musik sehr populär und in der Politik engagiert. Angesichts der auf einen Machterhalt ausgerichteten Führungselite Ugandas ist es plausibel, wenn ein junger, aufstrebender und populärer Musiker und Politiker mitsamt dem ihn unterstützenden Umfeld ins "Fadenkreuz" der herrschenden Regierung gerät. Wie in den Erkenntnismitteln berichtet wird, gehören zu den Mitteln, oppositionelle Politiker in ihrer Arbeit zu behindern, auch polizeiliche Maßnahmen, wie etwa Festnahmen (vgl. Konrad-Adenauer-Stiftung, Länderbericht Januar 2021, Wahlen in Uganda). Es ist daher plausibel, dass entsprechende Maßnahmen auch gegenüber Personen eingesetzt werden, die dem Unterstützerkreis von populären Oppositionspolitikern zugerechnet werden. Ein solches Vorgehen hat die Klägerin geschildert. Eine Suche der Polizei nach der Klägerin, das Verschwinden ihres Co-Pastors und das Niederbrennen der Kirche der Klägerin fügen sich in das Bild, das insbesondere im zitierten Bericht der Konrad-Adenauer-Stiftung gezeichnet wird. Das gilt auch im Vorfeld der im Januar 2021 durchgeführten Wahlen. Die Maßnahmen im Jahr 2020 fügen sich in das Bild ein, die Wirkung der Opposition bereits im Vorfeld der Wahlen einzuschränken und herausgehobene Unterstützer möglichst einzuschüchtern und dadurch einzugrenzen. Auch wenn sich die Klägerin seit Mai 2020 nicht mehr in Uganda aufhält, so hat sich bei der Wahl im Januar 2021 Bobi Wine als ernsthafter Konkurrent des amtierenden Präsidenten herausgestellt. Es ist daher davon auszugehen, dass die regierende Führungselite nach wie vor ein großes Interesse hat, auch das oppositionelle Umfeld von Bobi Wine zu beherrschen. Die Klägerin ist diesem Umfeld auch aufgrund ihrer Stellung als Pastorin nach wie vor zuzurechnen. [...]