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VG Oldenburg

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Zitieren als:
VG Oldenburg, Urteil vom 05.02.2024 - 1 A 1362/19 - asyl.net: M32162
https://www.asyl.net/rsdb/m32162
Leitsatz:

Subsidiärer Schutz wegen innerstaatlichen bewaffneten Konflikts im Sudan:

1. In Teilen des Sudan, insbesondere den Regionen um Khartum/Omdurman, Darfur mit Süd-, Nord- und West-Darfur, Kordofan sowie Blauer Nil (Grenze zu Äthiopien) herrscht ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylG. Seit Beginn des Krieges im April 2023 wurden 3 9000 Menschen getötet und mehr als 3 Millionen Menschen vertrieben.

2. Es ist davon auszugehen, dass eine Zivilperson in der Herkunftsregion des Klägers in Südwest-Darfur einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen des dort herrschenden innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt wäre.

3. Es besteht auch keine innerstaatliche Schutzalternative gemäß § 3d AsylG, denn der Kläger kann schon nicht sicher und legal in den Sudan reisen. Rückführungen, die per Flugzeug nach Khartum erfolgen, sind aufgrund der Sicherheitslage in Khartum nicht möglich. Darüber hinaus liegen stichhaltige Gründe für die Annahme vor, dass der Kläger auch in der Landeshauptstadt Khartum einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylG ausgesetzt wäre.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Sudan, Darfur, Südwest-Darfur, innerstaatlicher bewaffneter Konflikt,
Normen: AsylG § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3,
Auszüge:

[...]

Dem Kläger ist subsidiärer Schutz nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG zu gewähren. [...]

Derzeit herrscht in Teilen des Sudans, insbesondere in den Regionen um Khartum/Omdurman, Dafur mit Süd-, Nord- und West-Dafur, Kordofan sowie Blauer Nil (Grenze zu Äthiopien) ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt.

Die sudanesische Armee - SAF - unter General Abdel Fattah al-Burhan und die RSF unter General Mohamed Hamdan Daglo, genannt Hemedti, liefern sich seit dem 15. April 2023 schwere Gefechte in der Hauptstadt Khartum und anderen Landesteilen. [...]

Zuletzt wurde über kriegerische Handlungen in Khartum, Bahri, Omdurman, Kordofan States, Darfur States und Blue Nile State berichtet [...].

Die Sicherheitslage in Darfur ist weiter angespannt und volatil [...]. Während Khartum nach wie vor das Epizentrum der Kämpfe ist, fordern die gewaltsamen Auseinandersetzungen in Darfur besonders viele Todesopfer [...]. Medienberichten zufolge ist es am 5. Juni 2023 zu einer groß angelegten Offensive der RSF im Raum zwischen den Städten Al-Fashir und Kutum in Nord-Darfur gekommen. [...]

Nach alledem liegen stichhaltige Gründe für die Annahme vor, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Zalingei, Südwest-Darfur einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen des dort herrschenden innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt sein würde (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG), während kein Schutz nach § 3d AsylG besteht. [...]

Der Kläger ist nicht auf eine innerstaatliche Schutzalternative im Sudan zu verweisen. Gemäß § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3e Abs. 1 AsylG wird einem Ausländer subsidiärer Schutz nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keiner tatsächlichen Gefahr eines ernsthaften Schadens ausgesetzt ist oder Zugang zu Schutz vor der Gefahr eines ernsthaften Schadens nach § 3d AsylG hat (Nr. 1) und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (Nr. 2). Denn der Kläger kann schon nicht sicher und legal in den Sudan reisen. Rückführungen, die per Flugzeug nach Khartum erfolgen (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Sudan, 1.6.22, S. 24), sind aufgrund der Sicherheitslage in Khartum nicht möglich. Darüber hinaus liegen nach dem oben Ausgeführten stichhaltigen Grunde für die Annahme vor, dass der Kläger auch bei einer Rückkehr in die Landeshauptstadt Khartum dort einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen des dort herrschenden innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ausgesetzt sein würde (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG), während kein Schutz nach § 3d AsylG besteht. [...]