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VGH Baden-Württemberg

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Zitieren als:
VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.04.2024 - A 12 S 493/23 - asyl.net: M32350
https://www.asyl.net/rsdb/m32350
Leitsatz:

Grundsätzliche Bedeutung muss sich auf hinreichend aktuelle Erkenntnismittel beziehen:

"Es ist im Rahmen der Begründung eines Antrags auf Zulassung der Berufung für eine hinreichende Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung in tatsächlicher Hinsicht erforderlich, dass die Erkenntnismittel, auf die sich das Zulassungsvorbringen stützt, hinreichend aktuell sind."

(Amtliche Leitsätze)

Schlagwörter: Asylverfahren, Berufungszulassungsantrag, Grundsätzliche Bedeutung, Erkenntnismittel, Darlegungslast,
Normen: AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1, AsylG § § 78 Abs. 4 S. 4
Auszüge:

[...]

3 Wird eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Bereich der Tatsachenfeststellungen geltend gemacht, erfordert das Darlegungsgebot insbesondere, dass die Antragsbegründung erkennen lässt, warum das Verwaltungsgericht die tatsächlichen Verhältnisse gerade in einer über den Einzelfall hinausgehenden Weise unzutreffend beurteilt haben soll, dass also z.B. einschlägige Erkenntnisquellen und die hierin niedergelegten Tatsachen unberücksichtigt geblieben oder fehlerhaft gewürdigt worden seien, dass das Gewicht bzw. die Tragweite einer abweichenden Meinung verkannt worden sei und dass die Bewertungen des Verwaltungsgerichts deshalb nicht haltbar seien. Im Falle einer geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung in tatsächlicher Hinsicht ist es regelmäßig erforderlich, dass sich die Begründung des Zulassungsantrags unter Durchdringung des Streitstoffs substantiiert in tatsächlicher Hinsicht mit den Feststellungen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzt und diesen konkrete abweichende Erkenntnismittel und die hierin wiedergegebenen Tatsachen entgegenstellt, aus denen sich jedenfalls begründete Zweifel an der Auffassung des Verwaltungsgerichts ablesen lassen und die es erforderlich machen, erneut in einem Berufungsverfahren umfassende und abschließende Sachverhaltsfeststellungen zu treffen [...]. Es ist für eine hinreichende Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung in tatsächlicher Hinsicht erforderlich, dass die Erkenntnismittel, auf die sich das Zulassungsvorbringen stützt, hinreichend aktuell sind. Stützt sich das Zulassungsvorbringen auf Erkenntnismittel, die älter als diejenigen sind, die das Verwaltungsgericht zur Begründung des Urteils herangezogen hat, bedarf es in der Regel einer besonderen Erläuterung, weshalb sich aus diesen älteren Erkenntnismitteln ableiten lassen soll, dass eine erneute Sachverhaltsfeststellung in einem Berufungsverfahren erforderlich sein soll. Diese Obliegenheit zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung einer Tatsachenfrage unter Heranziehung aktueller Erkenntnismittel ergibt sich insbesondere daraus, dass die Gerichte die entscheidungsrelevante Tatsachengrundlage in flüchtlingsrechtlichen Verfahren aus verfassungsrechtlichen Gründen "tagesaktuell" erfassen müssen (dazu BVerfG, Beschluss vom 27.03.2017 - 2 BvR 681/17 -, juris Rn. 11 f.) und also die aufgeworfenen Fragen auf der Grundlage aktueller Erkenntnisse zu beantworten sind. [...]