Regelung zum Verlust deutscher Staatsangehörigkeit bei Erwerb anderer Staatsangehörigkeit grundsätzlich unionsrechtskonform:
1. Verliert eine Person die deutsche Staatsangehörigkeit gemäß § 25 StAG, weil sie die Staatsangehörigkeit eines Drittstaats erwirbt und verfügt sie dabei nicht über die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union, so ist mit dem Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit auch der Verlust der Unionsbürgerschaft gemäß Art. 20 AEUV verbunden, sodass diese Situation dem Unionsrecht unterfällt.
2. Grundsätzlich ist die Regelung des § 25 StAG, wonach die Staatsangehörigkeit verliert, wer freiwillig die Staatsangehörigkeit eines Drittstaats erwirbt, mit Unionsrecht vereinbar, auch wenn dieser Verlust für die betroffenen Personen den Verlust ihres Unionsbürgerstatus nach sich zieht.
3. Allerdings muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob diesbezüglich der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist und insbesondere, ob die normale Entwicklung des Familien- und Berufslebens aus unionsrechtlicher Sicht durch den Verlust der Staatsangehörigkeit unverhältnismäßig beeinträchtigen würde. Dabei ist das Recht auf Achtung des Familienlebens gemäß Art. 7 GR-Charta und das Kindeswohl gemäß Art. 24 GR-Charta zu berücksichtigen.
4. Im Übrigen müssen betroffene Personen die Möglichkeit gehabt haben, gemäß § 25 Abs. 2 StAG die Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit zu beantragen und über diese Möglichkeit aufgeklärt worden sein.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
15 Die Eheleute M. Ö. und N. Ö., die die türkische Staatsangehörigkeit besitzen und 1959 bzw. 1970 geboren wurden, reisten 1974 in das deutsche Bundesgebiet ein. Sie erwarben die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung am 27. August 1999, am 2. September 1999 wurden sie aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen.
16 Am 1. September 2005 gaben sie im Rahmen einer Vorsprache bei der Stadt Wuppertal an, am 24. November 2000 erneut die türkische Staatsangehörigkeit erworben zu haben. [...]
18 Mit Ordnungsverfügungen vom 24. Februar 2021 gemäß § 30 Abs. 1 StAG stellte die Stadt Wuppertal fest, dass die deutsche Staatsangehörigkeit von M. Ö. und N. Ö. nicht mehr bestehe. Nach Ansicht der Stadt führte der Wiedererwerb der türkischen Staatsangehörigkeit am 24. November 2000 nach § 17 Abs. 1 Nr. 2 und § 25 Abs. 1 Satz 1 StAG zu einem automatischen Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit. [...]
33 Mit seinen Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 20 AEUV dahin auszulegen ist, dass er der Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, die vorsieht, dass im Fall des freiwilligen Erwerbs einer Staatsangehörigkeit eines Drittstaats die Staatsangehörigkeit dieses Mitgliedstaats kraft Gesetzes verloren geht, was für Personen, die nicht die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats besitzen, zum Verlust der Unionsbürgerschaft führt, es sei denn, diese Personen erhalten von den zuständigen Behörden nach einer Einzelfallprüfung ihrer Situation, bei der die betroffenen öffentlichen und privaten Belange abgewogen werden, vor dem Erwerb der Staatsangehörigkeit des Drittstaats die Genehmigung, ihre Staatsangehörigkeit beizubehalten. [...]
35 Art. 20 AEUV verleiht jeder Person, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt, den Status eines Unionsbürgers, der dazu bestimmt ist, der grundlegende Status der Angehörigen der Mitgliedstaaten zu sein [...].
36 Die Situation von Unionsbürgern, die, wie die Kläger der Ausgangsverfahren, die Staatsangehörigkeit nur eines einzigen Mitgliedstaats besitzen und die durch den Verlust dieser Staatsangehörigkeit auch mit dem Verlust des durch Art. 20 AEUV verliehenen Status und der damit verbundenen Rechte konfrontiert werden, fällt daher ihrem Wesen und ihren Folgen nach unter das Unionsrecht. [...]
37 In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass es legitim ist, dass ein Mitgliedstaat das zwischen ihm und seinen Staatsbürgern bestehende Verhältnis besonderer Verbundenheit und Loyalität sowie die Gegenseitigkeit der Rechte und Pflichten, die dem Staatsangehörigkeitsband zugrunde liegen, schützen will [...].
39 Im vorliegenden Fall verlieren deutsche Staatsangehörige gemäß § 25 Abs. 1 StAG ihre Staatsangehörigkeit, wenn sie freiwillig die Staatsangehörigkeit bestimmter Drittstaaten erwerben. Diese Bestimmung stellt außerdem klar, dass der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit nicht eintritt, wenn ein deutscher Staatsangehöriger u. a. die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats erwirbt. Wie die deutsche Regierung ausgeführt hat, soll diese Bestimmung im Wesentlichen der Mehrstaatigkeit vorbeugen.
40 Die grundsätzliche Legitimität dieses Ziels wird bestätigt in Art. 7 Abs. 1 Buchst. a des Europäischen Übereinkommens über die Staatsangehörigkeit, wonach ein Vertragsstaat in seinem innerstaatlichen Recht nicht den Verlust der Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes oder auf seine Veranlassung vorsehen darf, außer u. a. im Fall des freiwilligen Erwerbs einer anderen Staatsangehörigkeit, sowie in Art. 15 Buchst. b dieses Übereinkommens, wonach die Bestimmungen dieses Übereinkommens nicht das Recht eines Vertragsstaats beschränken, in seinem innerstaatlichen Recht zu bestimmen, ob der Erwerb oder die Beibehaltung seiner Staatsangehörigkeit von der Aufgabe oder dem Verlust einer anderen Staatsangehörigkeit abhängt [...].
41 Daher verbietet es das Unionsrecht grundsätzlich nicht, dass ein Mitgliedstaat in Situationen wie den von § 25 Abs. 1 StAG erfassten aus Gründen des Allgemeininteresses den Verlust der Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes vorsieht, sobald seine Staatsangehörigen freiwillig die Staatsangehörigkeit eines Drittstaats erwerben, auch wenn dieser Verlust für die betroffenen Personen den Verlust ihres Unionsbürgerstatus nach sich zieht.
42 Gleichwohl ist es in Anbetracht der Bedeutung, die das Primärrecht der Union dem Unionsbürgerstatus beimisst, der, wie in Rn. 34 des vorliegenden Urteils ausgeführt, der grundlegende Status der Angehörigen der Mitgliedstaaten ist, Sache der zuständigen nationalen Behörden und der nationalen Gerichte, zu prüfen, ob mit dem Verlust der Staatsangehörigkeit des betreffenden Mitgliedstaats, wenn er zum Verlust des Unionsbürgerstatus und der damit verbundenen Rechte führt, hinsichtlich seiner Auswirkungen auf die unionsrechtliche Stellung der betroffenen Person und gegebenenfalls der ihrer Familienangehörigen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wird [...].
43 Der Gerichtshof hat entschieden, dass der Verlust der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats kraft Gesetzes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstieße, wenn die relevanten innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu keinem Zeitpunkt eine Einzelfallprüfung der Folgen dieses Verlusts für die Situation der Betroffenen aus unionsrechtlicher Sicht erlaubten [...].
44 Daraus folgt, dass die zuständigen nationalen Behörden und Gerichte in Situationen, in denen der Verlust der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats im Fall des freiwilligen Erwerbs der Staatsangehörigkeit eines Drittstaats kraft Gesetzes eintritt und den Verlust des Unionsbürgerstatus nach sich zieht, in der Lage sein müssen, die Folgen dieses Verlusts der Staatsangehörigkeit zu prüfen und diesen Personen gegebenenfalls die Beibehaltung oder die rückwirkende Wiedererlangung der Staatsangehörigkeit zu ermöglichen [...].
45 Wie im vorliegenden Fall aus den Vorabentscheidungsersuchen hervorgeht, sieht § 25 Abs. 2 StAG vor, dass die Staatsangehörigkeit nicht verliert, wer vor dem Erwerb der Staatsangehörigkeit eines Drittstaats auf seinen Antrag die schriftliche Genehmigung der zuständigen Behörde zur Beibehaltung seiner Staatsangehörigkeit erhalten hat. In dieser Bestimmung heißt es weiter, dass bei der Entscheidung über einen solchen Antrag die öffentlichen und privaten Belange abzuwägen sind. [...]
47 Um die Wahrung der den Unionsbürgern aus Art. 20 AEUV erwachsenden Rechte zu gewährleisten, muss es dieses Verfahren allerdings wirksam ermöglichen, dass diese Einzelfallprüfung der Verhältnismäßigkeit im Einklang mit den Anforderungen dieses Artikels in seiner Auslegung durch den Gerichtshof erfolgt. [...]
49 Wenn aber die zuständigen Behörden diese Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht durchführen oder aus der Begründung in der auf § 25 Abs. 2 StAG gestützten Entscheidung dieser Behörden nicht klar hervorgeht, dass diese Prüfung stattgefunden hat, ist es Sache des gegebenenfalls angerufenen Gerichts, eine solche Prüfung vorzunehmen oder dafür zu sorgen, dass sie von diesen Behörden durchgeführt wird [...].
50 Bei der fraglichen Prüfung ist die individuelle Situation der betroffenen Person sowie die ihrer Familie zu beurteilen, um zu bestimmen, ob der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit, wenn er den Verlust des Unionsbürgerstatus mit sich bringt, Folgen hat, die die normale Entwicklung ihres Familien- und Berufslebens – gemessen an dem vom nationalen Gesetzgeber verfolgten Ziel – aus unionsrechtlicher Sicht unverhältnismäßig beeinträchtigen würden. Dabei darf es sich nicht um nur hypothetische oder potenzielle Folgen handeln [...].
51 Im Rahmen dieser Verhältnismäßigkeitsprüfung ist es Sache insbesondere der zuständigen nationalen Behörden und gegebenenfalls der nationalen Gerichte, sich Gewissheit darüber zu verschaffen, dass ein solcher Verlust der Staatsangehörigkeit mit den Grundrechten der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta), deren Wahrung der Gerichtshof sichert, im Einklang steht, und insbesondere mit dem Recht auf Achtung des Familienlebens, das in Art. 7 der Charta niedergelegt ist. Dieser Artikel ist gegebenenfalls in Zusammenschau mit der Verpflichtung auszulegen, das in Art. 24 Abs. 2 der Charta anerkannte Kindeswohl zu berücksichtigen [...].
52 Zweitens geht aus den Vorabentscheidungsersuchen hervor, dass § 25 Abs. 2 StAG verlangt, dass die betroffene Person die Staatsangehörigkeit eines Drittstaats nicht erworben hat, bevor sie die Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit beantragt und gegebenenfalls erhalten hat. [...]
55 Es ist zu betonen, dass im Fall eines deutschen Staatsangehörigen, der nicht die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats besitzt und freiwillig die Staatsangehörigkeit eines Drittstaats erworben hat, es aber zuvor versäumt hat, das Verfahren nach § 25 Abs. 2 StAG einzuhalten, um die Genehmigung für die Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit zu beantragen und zu erhalten, die Annahme legitim ist, dass er zum Zeitpunkt dieses Erwerbs seinen Willen, nicht mehr Unionsbürger zu sein, gezeigt hat.
56 Der Gerichtshof hat allerdings entschieden, dass in Anbetracht der schwerwiegenden Folgen, die sich aus dem Verlust der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats, mit dem der Verlust des Unionsbürgerstatus verbunden ist, für die wirksame Ausübung der dem Unionsbürger nach Art. 20 AEUV zustehenden Rechte ergeben, nicht davon ausgegangen werden kann, dass nationale Vorschriften oder Praktiken, die bewirken können, dass die dem Verlust der Staatsangehörigkeit ausgesetzte Person daran gehindert wird, zu beantragen, dass die Verhältnismäßigkeit der Folgen dieses Verlusts aus unionsrechtlicher Sicht geprüft wird, und zwar deshalb, weil die Frist für die Beantragung dieser Prüfung abgelaufen ist, mit dem Grundsatz der Effektivität im Einklang stehen, wenn diese Person nicht ordnungsgemäß über das Recht, eine solche Prüfung zu beantragen, und die für die Stellung des Antrags geltende Frist unterrichtet wurde [...].
57 Es ist daher Sache des vorlegenden Gerichts, festzustellen, ob die Kläger der Ausgangsverfahren ordnungsgemäß über das seit dem 1. Januar 2000 geltende Verfahren nach § 25 StAG, das nach Ansicht dieses Gerichts auf sie anwendbar ist, unterrichtet wurden. Dabei wird das vorlegende Gericht zum einen zu berücksichtigen haben, dass diese Personen vor diesem Zeitpunkt auf ihre türkische Staatsangehörigkeit verzichten mussten, um die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben, was vermuten lässt, dass sie nicht nur über die vor diesem Zeitpunkt auf sie anwendbare deutsche Regelung informiert waren, sondern zumindest auch darüber, dass diese Regelung die Mehrstaatigkeit verhindern soll und insbesondere grundsätzlich keine Kumulierung der deutschen Staatsangehörigkeit mit der eines Drittstaats erlaubt.
58 Zum anderen wird es den Kontext zu berücksichtigen haben, in dem diese Personen die türkische Staatsangehörigkeit beantragt und wiedererlangt haben. Aus den Vorlageentscheidungen geht nämlich hervor, dass die Kläger der Ausgangsverfahren versucht haben, sowohl die türkische als auch die deutsche Staatsangehörigkeit gemäß der bis zum 31. Dezember 1999 für deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz in Deutschland geltenden Fassung von § 25 StAG beizubehalten. Zwar haben sie vor diesem Zeitpunkt auf ihre türkische Staatsangehörigkeit verzichtet, um die deutsche Staatsangehörigkeit zu erhalten, und dann die Wiedererlangung ihrer türkischen Staatsangehörigkeit beantragt, aber das vorlegende Gericht führt aus, dass ihnen die türkische Staatsangehörigkeit nach diesem Zeitpunkt wieder verliehen wurde. [...]
60 In einer solchen Situation hätten die Kläger der Ausgangsverfahren, wie der Generalanwalt in Nr. 71 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, in Anbetracht der schwerwiegenden Folgen, die der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit mit sich bringt, der den Verlust des Unionsbürgerstatus für die tatsächliche Ausübung der Rechte des Unionsbürgers aus Art. 20 AEUV nach sich zieht, in die Lage versetzt werden müssen, gegebenenfalls im Rahmen einer Übergangsregelung das in § 25 Abs. 2 StAG vorgesehene Verfahren der Vorabgenehmigung in effektiver Weise einzuleiten, um die deutsche Staatsangehörigkeit zu behalten.
61 Um festzustellen, ob die Kläger der Ausgangsverfahren in der Lage waren, dieses Verfahren und eine Einzelfallprüfung der Folgen des Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit im Hinblick auf das Unionsrecht in effektiver Weise in Anspruch zu nehmen, ist es wichtig, dass das vorlegende Gericht auch die Zeitpunkte berücksichtigt, zu denen sie die türkische Staatsangehörigkeit wieder erworben haben. Es ist nämlich nicht ausgeschlossen, dass es diesen Klägern in den Fällen, in denen der Zeitpunkt der Wiedererlangung dieser Staatsangehörigkeit nahe am 1. Januar 2000 liegt, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Reform des in § 25 StAG vorgesehenen Verfahrens, praktisch unmöglich war, dieses Verfahren durchzuführen, da dieses es erfordert, vor dem Erwerb der Staatsangehörigkeit eines Drittstaats die Genehmigung zur Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit zu beantragen und zu erhalten. In einem solchen Fall konnten die Kläger im Gegensatz zu Personen, die die Verleihung der Staatsangehörigkeit eines Drittstaats nach diesem Zeitpunkt beantragt haben, nicht die Aufrechterhaltung der deutschen Staatsangehörigkeit beantragen und deren Antwort abwarten, bevor die Behörden des betreffenden Drittstaats ihrem Antrag stattgeben. [...]
64 Insoweit ist klarzustellen, dass der für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Folgen des Verlusts der deutschen Staatsangehörigkeit im Hinblick auf das Unionsrecht zu berücksichtigende Zeitpunkt jener Zeitpunkt ist, zu dem die betreffende Person die Staatsangehörigkeit eines Drittstaats erworben oder wiedererlangt hat, da nach § 25 Abs. 1 StAG der Zeitpunkt, zu dem diese Staatsangehörigkeit erworben oder wiedererlangt wird, zu den von der Bundesrepublik Deutschland festgelegten legitimen Kriterien gehört, von denen der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit abhängt [...].
65 Nach alledem ist Art. 20 AEUV dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegensteht, die vorsieht, dass im Fall des freiwilligen Erwerbs der Staatsangehörigkeit eines Drittstaats die Staatsangehörigkeit dieses Mitgliedstaats kraft Gesetzes verloren geht, was für Personen, die nicht die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats besitzen, zum Verlust der Unionsbürgerschaft führt, es sei denn, diese Personen erhalten von den zuständigen Behörden nach einer Einzelfallprüfung ihrer Situation, bei der die betroffenen öffentlichen und privaten Belange abgewogen werden, vor dem Erwerb der Staatsangehörigkeit des Drittstaats die Genehmigung, ihre Staatsangehörigkeit beizubehalten. Die Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht setzt jedoch zum einen voraus, dass diese Personen innerhalb einer angemessenen Frist effektiven Zugang zu dem in dieser Regelung vorgesehenen Verfahren für die Beibehaltung der Staatsangehörigkeit hatten und ordnungsgemäß über dieses Verfahren unterrichtet wurden, und zum anderen, dass dieses Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Folgen des Verlusts dieser Staatsangehörigkeit im Hinblick auf das Unionsrecht durch die zuständigen Behörden umfasst. Andernfalls müssen diese Behörden sowie die gegebenenfalls angerufenen Gerichte in der Lage sein, eine solche Prüfung inzident im Rahmen eines Antrags der betroffenen Personen auf Ausstellung eines Reisedokuments oder jeglichen anderen Dokuments zur Bescheinigung ihrer Staatsangehörigkeit oder gegebenenfalls im Rahmen eines Verfahrens zur Feststellung des Verlusts der Staatsangehörigkeit durchzuführen, wobei die genannten Behörden und Gerichte gegebenenfalls in der Lage sein müssen, diese Staatsangehörigkeit rückwirkend wiederherzustellen. [...]