Keine Aufenthaltserlaubnis für gewaltbetroffene Ehefrau bei nur kurzem Aufenthalt im Bundesgebiet:
Die Istanbul-Konvention sieht vor, dass die Vertragsparteien sicherstellen, dass nach Auflösung einer Ehe die von Gewalt betroffene Person ein eigenständiges Aufenthaltsrecht unabhängig von der Dauer der Ehe erhalten kann. Diese Verpflichtung hat Deutschland mit § 31 Abs. 2 AufenthG (eigenständiges Aufenthaltsrecht der Ehegatten) ausreichend umgesetzt. Der nur kurze Aufenthalt im Bundesgebiet mit einem nationalen Visum zur Familienzusammenführung hatte sich in diesem Einzelfall nicht derart verfestigt, dass die Nichterteilung der bereits beantragten Aufenthaltserlaubnis sie mit besonderer Härte treffen würde.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
12 Ein solcher Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG. Danach ist die Aufenthaltserlaubnis dem ausländischen Ehegatten eines Deutschen, zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG das Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft voraussetzt und die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Trennung der Eheleute nicht mehr in Betracht kommt [...]. Dies berücksichtigt, scheidet ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aufgrund der vorgenannten Norm bereits deshalb aus, weil sich die Antragstellerin nach ihren eigenen Angaben mittlerweile von ihrem deutschen Ehemann getrennt hat.
13 Außerdem ergibt sich ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch nicht aus § 31 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 AufenthG. [...]
14 Diese Voraussetzungen liegen im Falle der Antragstellerin nicht vor. Denn die Antragstellerin verfügt nicht über eine Aufenthaltserlaubnis, die verlängert werden könnte. [...]
15 Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Wertungen aus Art. 59 Abs. 1 Satz 1 des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention [...]). Hiernach trifft die Bundesrepublik Deutschland als Vertragspartei die erforderlichen gesetzgeberischen oder sonstigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass das Opfer, dessen Aufenthaltsstatus von dem Aufenthaltsstatus seiner Ehefrau oder Partnerin im Sinne des internen Rechts bzw. seines Ehemanns oder Partners im Sinne des internen Rechts abhängt, im Falle der Auflösung der Ehe oder Beziehung bei besonders schwierigen Umständen auf Antrag einen eigenständigen Aufenthaltstitel unabhängig von der Dauer der Ehe oder Beziehung erhält. Insgesamt geht die Kammer davon aus, dass die Verpflichtungen aus Art. 59 Abs. 1 Satz 1 IK vom Gesetzgeber in § 31 Abs. 2 AufenthG ausreichend umgesetzt worden sind. Insbesondere liegen im Falle der Antragstellerin gerade keine besonders schwierigen Umstände im Sinne des Art. 59 Abs. 1 Satz 1 IK vor. Zwar ist ihr insoweit zuzustimmen, als dass sie auf die Länge des Erteilungsverfahrens einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG keinen Einfluss nehmen konnte und es mithin vom Zufall abhing, dass ihr während der nur für kurze Zeit bestehenden ehelichen Lebensgemeinschaft keine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden ist. Gleichwohl ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass sich der nur kurze Aufenthalt der Antragstellerin im Bundesgebiet bisher nicht derart verfestigt hat, dass sie die Nichterteilung einer von ihrem Ehemann unabhängigen Aufenthaltserlaubnis mit unbilliger Härte treffen würde. Insbesondere konnte sie, da sie nicht über eine von ihrem Ehemann abgeleitete Aufenthaltserlaubnis verfügte, kein schützenswertes Vertrauensinteresse auf Gewährung eines längerfristigen Aufenthalts in Deutschland entwickeln [...]. Zudem entstehen vorliegend auch keine Schutzlücken, soweit sich die Antragstellerin auf eine etwaige durch die Trennung ausgelöste Verfolgung in ihrem Herkunftsland beruft. Denn es steht der Antragstellerin frei, ein Asylverfahren zu betreiben. [...]