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VG Münster

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Zitieren als:
VG Münster, Urteil vom 16.07.2024 - 6 K 2054/22.A - asyl.net: M32753
https://www.asyl.net/rsdb/m32753
Leitsatz:

Hinreichende Tatsachengrundlage für eine Einstellung des Asylverfahrens erforderlich:

Aufgrund der weitreichenden Folgen, die mit einer Entscheidung durch das BAMF wegen Nichtbetreiben des Verfahrens einhergehen, muss das BAMF von einer hinreichenden Tatsachengrundlage ausgehen. Das bedeutet, dass das BAMF über hinreichende Kenntnisse des Sachverhalts verfügen muss, um zu beurteilen, ob die betroffene Person tatsächlich für die Behörden nicht erreichbar ist. Dies gilt auch dann, wenn das BAMF keine eigenen Feststellungen getroffen hat, sondern sich auf Mitteilungen anderer Behörden stützt (hier: Eintragung im Ausländerzentralregister).

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Nichtbetreiben des Verfahrens, Asylverfahren, Einstellung, Ausländerzentralregister,
Normen: AsylG § 33 Abs. 1 Satz 1
Auszüge:

[...]

Dabei gebietet nicht zuletzt der in § 24 Abs. 1 Satz 1 VwVfG enthaltene Untersuchungsgrundsatz, dass das Bundesamt auf hinreichender Tatsachengrundlage von einer Unauffindbarkeit des Ausländers ausgeht. Dies gilt mit Blick auf die weitreichenden Folgen einer an das Nichtbetreiben anknüpfenden Entscheidung des Bundesamtes für den Schutzsuchenden auch dann, wenn das Bundesamt dazu keine eigenen Feststellungen getroffen hat und sich auf die Mitteilungen anderer Behörden stützt. Von einem Untertauchen im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AsylG kann das Bundesamt nur dann ausgehen, wenn es über hinreichende Kenntnisse des Sachverhalts verfügt, nur dann lässt sich beurteilen, ob der Ausländer tatsächlich für die Behörden nicht erreichbar ist. Legt die Mitteilung einer anderen Behörde ein Untertauchen nahe, ohne aber hinreichende Informationen über den tatsächlichen Sachverhalt, der Grundlage der Mitteilung ist, zu enthalten, ist das Bundesamt verpflichtet, sich diese zu beschaffen, wenn es nach § 33 Abs. 1 Satz 1 AsylG vorgehen will. [...]

Insbesondere wird schon nicht deutlich, worauf die Eintragung des Fortzugs nach unbekannt im Ausländerzentralregister beruht, so etwa auf erfolglosen Zustellungsversuchen von Postsendungen oder ob es der Kläger beispielsweise lediglich versäumt hat, seine Aufenthaltsgestattung rechtzeitig verlängern zu lassen, sodass die tatsächliche Grundlage dieser Eintragung nicht nachvollziehbar wird. Die Angaben des Klägers, er habe stets in der Unterkunft ... gelebt, werden darüber hinaus auch dadurch bestätigt, dass er auch nach Auskunft der ... seit dem 14. März 2022 in der dortigen Zentralen Unterbringungseinrichtung … gewohnt habe. Dies stimmt ebenfalls mit den Angaben aus dem bereits im Eilverfahren beigezogenen Stammdatenblatt vom 22. Juli 2022 überein. Überdies hat ihn auch der streitgegenständliche Bescheid, der allein an diese Anschrift adressiert war, offenkundig dort erreicht, sodass er infolgedessen dazu in der Lage war, fristgerecht Klage zu erheben. [...]