Zurücklassen des Reisepasses im Herkunftsland rechtfertigt keine qualifizierte Ablehnung:
1. Die Ablehnung eines Asylantrages als offensichtlich unbegründet kann nicht gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 AsylG erfolgen, wenn der Reisepass im Herkunftsland zurückgelassen wurde. Dies gilt erst recht, wenn die Feststellung der Identität durch Vorlage einer Personenstandsurkunde und einen alten, bereits hinterlegten Pass nachgewiesen ist.
2. Die Ablehnung eines Asylfolgeantrages als offensichtlich unbegründet gem. § 30 Abs. 1 Nr. 8 AsylG setzt voraus, dass eine eindeutige Aussichtslosigkeit gegeben ist.
(Leitsätze der Redaktion; unter Bezug auf VG München, Beschluss v. 17.09.2024 – M 25 S 24.32692 und VG Hamburg, Beschluss vom 11.04.2024 – 10 AE 1473/24)
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Die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 AsylG hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Der Antragsteller hat – selbst bei unterstelltem bewussten Zurücklassen seines Reisepasses in Iran – kein Reisedokument beseitigt, welches die Feststellung seiner Identität oder Staatsangehörigkeit "ermöglicht hätte".
Das Verwaltungsgericht München führt dazu aus (Beschluss vom 17.09.2024 – M 25 S 24.32692 –, juris Rn. 20):
"Die Formulierung 'ermöglicht hätte' impliziert, dass nicht jede Vernichtung oder Beseitigung eines Identitäts- oder Reisedokuments zu einer Qualifizierung der Ablehnung eines unbegründeten Asylantrags als offensichtlich unbegründet führen soll, sondern allein eine solche, die im Ergebnis die Feststellung von Identität oder Staatsangehörigkeit des Asylsuchenden ver- oder jedenfalls behindert hat. Denn nur dann ist die Annahme gerechtfertigt, dass gerade das vernichtete oder beseitigte Personaldokument die Feststellung von Identität oder Staatsangehörigkeit 'ermöglicht hätte". Bestehen aber aus anderen Gründen keine Zweifel an Identität und Staatsangehörigkeit des Asylsuchenden, hat sich die Vernichtung oder Beseitigung des Personaldokuments nicht auf die Feststellung von Identität oder Staatsangehörigkeit ausgewirkt [...]. Für dieses Verständnis der Norm spricht auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift, die aufgrund des Gesetzes zur Verbesserung der Rückführung (Rückführungsverbesserungsgesetz vom 26.2.2024 [...]) neu gefasst worden ist [...]. Die Kombination dieser Formulierung mit dem Wort 'mutwillig' legt zudem nahe, dass von § 30 Abs. 1 Nr. 4 AsylG tatbestandlich die Absicht vorausgesetzt wird, durch die entsprechende Handlung die Feststellung der Identität oder Staatsangehörigkeit zu verhindern oder jedenfalls zu erschweren. Der Offensichtlichkeitsausspruch gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 AsylG dürfte daher nur dann gerechtfertigt sein, wenn der Schutzsuchende durch die Vernichtung oder Beseitigung eines Identitäts- oder Reisedokuments über seine Identität oder Staatsangehörigkeit täuschen will [...]."