Verlustfeststellung der Freizügigkeitsberechtigung ist zwingend vor Ausreisepflicht:
1. EU-Staatsangehörige sind erst dann ausreisepflichtig, wenn festgestellt wurde, dass ein Recht auf Einreise und Aufenthalt nicht besteht (§ 7 Abs1 FreizügG/EU). Dies gilt auch für Unionsbürger, die zu keinem Zeitpunkt freizügigkeitsberechtigt waren und damit kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht innehaben. Solange keine Feststellung des Nichtbestehens oder Verlusts getroffen wurde, ist ein Unionsbürger aufenthaltsrechtlich als Freizügigkeitsberechtigter zu behandeln, sog. "Freizügigkeitsvermutung". Die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltskarte ist nicht ausreichend.
2. Die Ausreiseaufforderung aufgrund einer Ausreisepflicht nach § 50 Abs. 1 AufenthG ist kein Verwaltungsakt, weil sie keine eigenständige Regelung enthält. Die Ausreiseaufforderung stellt nur einen Hinweis auf die gesetzlich bestehende Ausreisepflicht nach § 50 Abs. 1 AufenthG dar und ist als solche nicht anfechtbar.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
Der Antrag ist auch begründet. [...]
Die Abschiebungsandrohung ist offensichtlich rechtswidrig. [...]
Die Rechtswidrigkeit der auf § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG beruhenden Abschiebungsandrohung ergibt sich daraus, dass die Antragsteller als bulgarische Staatsangehörige Unionsbürger sind, die nach § 7 Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU erst dann ausreisepflichtig sind, wenn die Ausländerbehörde festgestellt hat, dass das Recht auf Einreise und Aufenthalt nicht besteht. Dies gilt auch für Unionsbürger, die zu keinem Zeitpunkt freizügigkeitsberechtigt waren und damit kein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht innehaben, denn die Vorschrift macht die Entstehung der Ausreisepflicht ohne Differenzierung vom Erlass der Verlust- bzw. Nichtbestehensfeststellung abhängig [...]. Solange keine Feststellung des Nichtbestehens oder Verlusts getroffen worden ist, ist ein Unionsbürger aufenthaltsrechtlich als Freizügigkeitsberechtigter zu behandeln, sog. "Freizügigkeitsvermutung" [...]. Das Aufenthaltsgesetz findet so lange keine Anwendung [...].
Ein Bescheid über die Feststellung des Nichtbestehens oder Verlusts des Freizügigkeitsrechts ist bisher nicht ergangen. Die Entscheidung der Verlustfeststellung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (Art. 30 Abs. 1 Richtlinie 2004/38/EG i.V.m. Art. 15 Abs. 1 Richtlinie 2004/38/EG). Die Verlustfeststellung muss ausdrücklich erfolgen, die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltskarte ist nicht ausreichend [...]. Es ist daher unbeachtlich, dass der Antragsgegner die Anträge der Antragsteller auf Erteilung einer Aufenthaltskarte bzw. einer Bescheinigung des Daueraufenthaltsrechts abgelehnt hat und die Antragsteller bereits mit Schreiben vom 23. März 2018 zum Erlass einer Verlustfeststellung angehört hat, zumal es sich bei der Entscheidung nach § 5 Abs. 4 FreizügG/EU um eine Ermessensentscheidung handelt und dieses Ermessen bisher erkennbar noch nicht ausgeübt wurde. [...]
II. Der gegen die Ausreiseaufforderung und die Fristsetzung für die freiwillige Ausreise (Ziffer 3 des Bescheides) gerichtete Antrag ist nicht zulässig, soweit er gegen die Ausreiseaufforderung gerichtet ist.
Die Ausreiseaufforderung aufgrund einer Ausreisepflicht nach § 50 Abs. 1 AufenthG ist kein Verwaltungsakt, weil sie keine eigenständige Regelung enthält. Die Ausreiseaufforderung stellt vielmehr nur einen Hinweis auf die gesetzlich bestehende Ausreisepflicht nach § 50 Abs. 1 AufenthG dar [...] und ist als solche nicht anfechtbar. [...]