Abschiebungsandrohung rechtswidrig wegen familiärer Bindungen:
Dem Erlass einer Abschiebungsandrohung steht es entgegen, wenn der Sohn die rechtliche Betreuung und Pflege des Vaters übernommen hat, auch wenn sich der Vater selbst im laufenden Asylverfahren befindet.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
Die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung (Ziffer 3 und 4) des angegriffenen Bescheides sind rechtswidrig; sie entsprechen nicht den Anforderungen der § 34 Abs. 1 Satz 1, § 38 Abs. 1 AsylG und § 59 AufenthG. Ihrem Erlass steht § 34 Abs. 1 Nr. 4 AsylG entgegen. Danach erlässt das Bundesamt nach den §§ 59 und 60 Absatz 10 des Aufenthaltsgesetzes eine schriftliche Abschiebungsandrohung, wenn der Abschiebung unter anderem familiäre Bindungen nicht entgegenstehen. [...]
Der Vater des Klägers ist zwingend auf die Lebenshilfe des Klägers angewiesen. Er leidet u.a. an einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung mit schwerer Angst- und depressiver Störung sowie einer Halluzinose (vgl. psychiatrische Fachgutachten des Psychiaters ... vom ...). Er hat aufgrund seiner psychischen Erkrankung und einem organischen Nervenleiden (okuläre Myasthenia gravis) einen Grad der Behinderung von 80 (Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales vom ... 2024) sowie Pflegegrad 3 (Pflegebescheid des Landesamtes für Flüchtlingsangelegenheiten vom ... 2024), d.h. er ist gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Elftes Buch in seiner Selbstständigkeit oder seinen Fähigkeiten schwer beeinträchtigt. Er steht u.a. aufgrund der schweren posttraumatischen Belastungsstörung seit ... 2022 unter rechtlicher Betreuung für die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung, Behördenangelegenheiten, Gesundheitssorge, Vermögensangelegenheiten, Wohnangelegenheiten. Der Kläger ist sein rechtlicher Betreuer [...].
Die Hilfe durch den Kläger kann auch nur in Deutschland erbracht werden. Der Vater des Klägers befindet sich in einem laufenden Asylverfahren, sodass sein Aufenthalt zumindest aktuell nach §§ 55 Abs. 1, 67 Abs. 1 Nr. 6 AsylG gestattet ist. Für die Entscheidung über die Abschiebungsandrohung ist auch nicht erheblich, ob der Aufenthalt eines Familienmitgliedes dauerhaft rechtmäßig ist oder seine Rechtmäßigkeit vom Ausgang des Asylverfahrens abhängig ist. Das Bundesamt kann im Übrigen durch entsprechende Maßnahmen im Rahmen seiner Verfahrensherrschaft dem Umstand Rechnung tragen, dass ein Familienmitglied nur über eine Aufenthaltsgestattung für die Dauer des Asylverfahrens verfügt und eine gemeinsame Ausreise mit rechtskräftigem Abschluss beider Asylverfahren möglich sein wird. [...]