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LG Hannover

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Zitieren als:
LG Hannover, Beschluss vom 18.12.2024 - 2 T 112/24 - asyl.net: M32981
https://www.asyl.net/rsdb/m32981
Leitsatz:

Bestellung einer anwaltlichen Vertretung im Haftverlängerungsverfahren: 

Bei dem Verfahren um die Verlängerung der Abschiebungshaft handelt es sich um ein eigenständiges Verfahren, in dem Betroffenen nach § 62d AufenthG eine anwaltliche Vertretung beizuordnen ist.  Die Bestellung einer anwaltlichen Vertretung aus dem Verfahren über die erstmalige Haftanordnung wirkt nicht fort. Wird eine anwaltliche Vertretung entgegen § 62d AufenthG nicht bestellt, liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens vor, der die Rechtswidrigkeit der Haft zur Folge hat. 

(Leitsatz der Redaktion) 

Schlagwörter: Abschiebungshaft, Pflichtanwalt, Verlängerung der Haft, Verlängerung, Rechtsanwalt,
Normen: AufenthG § 62d, FamFG § 62 Abs. 2
Auszüge:

[...]

2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 08.08.2024 hat den Antragsteller in seinen Rechten verletzt.

Entgegen der Vorschrift des § 62 d AufenthG, wonach zur richterlichen Entscheidung über die Anordnung von Abschiebungshaft nach § 62 AufenthG das Gericht dem Betroffenen, der noch keinen anwaltlichen Vertreter hat, von Amts wegen für die Dauer des Verfahrens einen anwaltlichen Vertreter als Bevollmächtigten zu bestellen hat, wurde dem Betroffenen im Verfahren vor dem Amtsgericht Hannover über die Verlängerung der Abschiebungungshaft gemäß Antrag der Antragstellerin vom 08.08.2024 kein Verfahrensbevollmächtigter bestellt.

Die Anhörung des Betroffenen und die Entscheidung in der Hauptsache erfolgten, ohne dass der Betroffene anwaltlich vertreten war. Insbesondere wirkte die Bestellung von Rechtsanwalt ... im Verfahren über die erstmalige Anordnung der Abschiebungshaft durch das Amtsgericht Offenburg nicht auch für das Verfahren über die Verlängerung der Abschiebungshaft fort. Zwar gilt, wie der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 11.06.2024 (XIII ZA 2/24) entschieden hat, die Bestellung eines anwaltlichen Vertreters auch für die Dauer etwaiger, sich daran anschließender Rechtsmittelverfahren.

Beim Verfahren um die Verlängerung der Haft hingegen handelt es sich um ein eigenständiges und anderes Verfahren als das - ggf. von einem anderen Gericht - entschiedene Verfahren über die erstmalige Haftanordnung [...]. Eine in dem früheren Verfahren erfolgte Bestellung eines Verfahrensbevollmächtigten bezieht sich nicht zugleich auf das spätere Verlängerungsverfahren [...].

Wenn entgegen § 62d kein Anwalt vom Gericht bestellt wird, liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahren vor; Rechtsfolge ist dann die Rechtswidrigkeit der Haft, unabhängig davon, ob die Anordnung der Haft auf diesem Fehler beruht. [...]