Anspruch auf Aufenthaltserlaubnis mit Flüchtlingsanerkennung aus Italien:
Wenn eine Flüchtlingsanerkennung aus einem anderen Mitgliedstaat vorliegt und die Verantwortung auf Deutschland übergegangen ist, besteht ein Anspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre. Art. 2 des von Deutschland ratifizierten Europäischen Abkommens über den Übergang der Verantwortung für Flüchtlinge vom 16. Oktober 1980 gewährt nämlich den Genuss der mit der Flüchtlingsanerkennung verbundenen Rechte. Dies gilt auch für Personen mit dem Status einer Duldung und auch dann, wenn kein weiteres Asylverfahren in Deutschland durchgeführt wurde.
(Leitsätze der Redaktion)
[...]
17 2. Die Klägerin hat jedoch einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 AufenthG bei unionsrechtskonformer Auslegung der Norm [...].
19 Zwar besteht grundsätzlich kein Anspruch auf eine neuerliche Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 2 AufenthG) oder eine hieran anknüpfende Erteilung eines Aufenthaltstitels in Deutschland [...]. Ein in einem anderen Mitgliedstaat anerkannter Flüchtling kann aber auch ohne Durchführung eines weiteren Asylverfahrens in Deutschland in den vollen Genuss der mit der Flüchtlingsanerkennung verbundenen Rechte kommen und verbleibt nicht dauerhaft in dem Status eines nur geduldeten Ausländers unter Ausschluss der einem anerkannten Flüchtling zustehenden Aufenthalts- und Teilhaberechte. Da auf einen in einem anderen Mitgliedstaat anerkannten Flüchtling Art. 2 des – von Deutschland ratifizierten [...] – Europäischen Übereinkommens über den Übergang der Verantwortung für Flüchtlinge vom 16. Oktober 1980 Anwendung findet, ist dies spätestens dann der Fall, wenn die Verantwortung für einen Flüchtling nach Ablauf von zwei Jahren des tatsächlichen und dauernden Aufenthalts im Bundesgebiet auf Deutschland übergeht [...]. Mit dem Übergang der Verantwortung für die Ausstellung des Reiseausweises geht nämlich auch die Verantwortung für den Flüchtling selbst von dem Staat, der diesem die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, auf den Staat, in dem sich der Flüchtling rechtmäßig niedergelassen hat, dergestalt über, dass die statusrechtliche Zuerkennungsentscheidung jenes Staates auch in diesem Staat Geltung beansprucht [...].
20 Unter "in den vollen Genuss der mit der Flüchtlingsanerkennung verbundenen Rechte" [...] kann nach Auffassung des Senats nur der automatische Zugang zu allen einem anerkannten Flüchtling in Art. 20 ff. RL 2011/95/EU gewährten Rechten, folglich auch die Ausstellung eines Aufenthaltstitels i.S.d. Art. 24 Abs. 1 UAbs. 1 RL 2011/95/EU, der mindestens drei Jahre gültig und verlängerbar sein muss, verstanden werden. [...]