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Auswärtiges Amt

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Zitieren als:
Auswärtiges Amt, Erlass/Behördliche Mitteilung vom 04.03.2024 - 508-543.53/2 - asyl.net: M33008
https://www.asyl.net/rsdb/m33008
Leitsatz:

Humanitäre Gründe bei Familiennachzug zu Inhaber*innen von § 25 Abs. 3 AufenthG:

Wenn die Herstellung der Familieneinheit im Ausland unmöglich ist und der Aufenthaltstitel der Referenzperson prognostisch bestehen bleibt, liegt stets ein humanitärer Grund vor.

(Leitsätze der Redaktion)

Schlagwörter: Familienzusammenführung, Abschiebungsverbot, humanitäre Gründe,
Normen: AufenthG § 25. AufenthG § 29, AufenthG § 27, AufenthV § 31, GG Art. 6
Auszüge:

[...]

Im Anwendungsbereich des § 29 Absatz 3 Satz 1 bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles, ob Familienangehörigen zum Schutz von Ehe und Familie eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann. Im Hinblick auf Artikel 6 GG sind allerdings bei der Entscheidung über die Aufenthaltserlaubnis für den Ehegatten und die minderjährigen ledigen Kinder an das Vorliegen eines humanitären Grundes geringere Anforderungen zu stellen; insbesondere, wenn die familiäre Lebensgemeinschaft bereits in Deutschland geführt wird. Sowohl im Interesse des Schutzes von Ehe und Familie als auch des Wohles des Kindes sollen Anträge des Kindes oder seiner Eltern auf Herstellung der familiären Lebensgemeinschaft vorrangig und beschleunigt bearbeitet werden.

Ist in absehbarer Zeit mit dem Wegfall des Schutzzwecks zu rechnen, der zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis an den im Bundesgebiet lebenden Ausländer geführt hat, kommt ein Nachzug nicht in Betracht. Sofern die Herstellung der Familieneinheit im Ausland aus zwingenden persönlichen Gründen unmöglich ist, ist stets ein dringender humanitärer Grund i.S.d. Vorschrift anzunehmen. Bei Ausländern, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 1 bis 3 besitzen, ist - außer in den Fällen des § 60 Absatz 4 - anzunehmen, dass die Herstellung der familiären Einheit im Herkunftsstaat unmöglich ist. Ob die Herstellung in einem anderen als dem Herkunftsstaat möglich ist, bedarf nur der Prüfung, sofern ein Ehegatte oder ein Kind in einem Drittland ein Daueraufenthaltsrecht besitzt.

Bezogen darauf sowie auf die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Berlin und die bisherige Praxis in Einzelfall- und Klageverfahren ist vom Vorliegen humanitärer Gründe daher immer dann auszugehen, wenn

- der Aufenthaltstitel des Ausländers in Deutschland auch prognostisch weiter bestehen bleibt [...] und

- die familiäre/ eheliche Lebensgemeinschaft in zumutbarer Weise nicht in Afghanistan bzw. in einem Drittland gelebt werden kann.

Sofern nicht im Einzelfall eine besondere Drittstaatsbindung an ein Land außer Afghanistan oder Iran besteht, wird in diesem Zusammenhang zu prüfen sein, ob die Lebensgemeinschaft in Afghanistan oder Iran gelebt werden kann. Ein Zusammenleben in Afghanistan scheidet bereits dann aus, wenn die Referenzperson über einen Abschiebeschutz verfügt. Ein Zusammenleben in Iran bzw. in einem Drittland wiederum ist nur möglich, wenn der Nachziehende in Iran (bzw. Drittland) selbst über einen nachzugsfähigen Aufenthaltstitel verfügt. [...] Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass das Leben im Drittland nicht nur möglich, sondern auch zumutbar sein muss, wenn die Familie darauf verwiesen werden soll. Die familiäre Lebensgemeinschaft muss daher auch eine realistische Möglichkeit haben, dort ihren Lebensunterhalt zu sichern. Einschränkungen bei der Ausübung der Erwerbstätigkeit oder Eigentumsbesitz sind dabei zu berücksichtigen.

Die Frage ggfls. zumutbarer Trennungszeiten kann beim Nachzug gem. § 29 Abs. 3 AufenthG u.U. eine Rolle spielen, wenn es um die Regelerteilungsvoraussetzung d. § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG geht [...]